EU-Defizitverfahren
Details zur Budgetsanierung: Wo jetzt gespart wird
Österreich muss sparen, so viel ist schon länger bekannt. Nach zehn Wochen "harter Arbeit" präsentierte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) am Dienstag ein Budget, "hinter dem wir alle gemeinsam stehen", erklärte er bei seiner ersten Budgetrede.
Das Budgetdefizit soll heuer von 4,7 auf 4,5 Prozent des BIP sinken. Im nächsten Jahr soll es 4,2 Prozent betragen und 2028 will die Regierung wieder aus dem (sich anbahnenden) EU-Defizitverfahren herauskommen.
Bereits bekannt war zuvor, dass das Doppelbudget für 2025 und 2026 ganz im Zeichen der Konsolidierung stehen wird. Der Konsolidierungsbetrag soll heuer 6,4 Milliarden betragen, im kommenden Jahr 8,7 Milliarden.
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Das macht sogar höhere Einsparungen notwendig, da auch Offensivmaßnahmen etwa für ältere Arbeitslose oder das zweite Kindergartenjahr gesetzt werden. Die Einsparungen betragen somit heuer sieben Milliarden und 2026 sogar 10,3 Milliarden. "Ohne Sanierung würde die Staatsschuld 2029 an der 100-Prozent-Marke kratzen", warnte Marterbauer.
Folgende Sparmaßnahmen werden gesetzt:
- Klimabonus: Zwei Milliarden Euro holt sich die Regierung über die Abschaffung des Klimabonus.
- Klimaticket: Im kommenden Jahr soll das Klimaticket um rund 200 Euro teurer werden, im September komme schon die erste Preiserhöhung. Die Gratistickets für 18-Jährige werden ganz abgeschafft.
- Sozialleistungen: In den kommenden beiden Jahren werden die Sozial- und Familienleistungen nicht valorisiert, also etwa Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, diverse Absetzbeträge sowie Reha-, Kranken-, Wiedereingliederungs- und Umschulungsgeld.
- Amtsgebühren: Die E-Card Gebühr wird erhöht, Reisepass und Führerschein werden ebenfalls teurer.
- Bundesheer: Das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsabgaben für 2032 sei mit dem beschlossenen Finanzrahmen noch nicht absehbar.
- Kürzung bei Förderungen: Im Umweltbereich 557 Millionen Euro heuer, knapp 820 Millionen Euro im Jahr 2026. Auch in der Kultur, im Sport und der Entwicklungshilfe wird gespart. Die Parteienförderung wird im Jahr 2026 nicht an die Inflation angepasst.
- Pensionsanpassungen: Mit der Einführung der Teilpension, dem Beschäftigungspaket für ältere Arbeitnehmer und einem erschwerten Zugang zur Korridorpension will man im kommenden Jahr 633 Millionen Euro einsparen. Etwas mehr werden die Maßnahmen in den Jahren darauf bringen: Bis 2029 steigt der Betrag auf immerhin 1,9 Milliarden Euro.
- Kalte Progression: Ab kommendem Jahr wird ein Drittel der "kalten Progression" einbehalten.
- Steuer- und Abgabenerhöhungen: Die Bankenabgaben werden temporär erhöht. Genauso werden die Tabaksteuer, die Glücksspielabgabe und Gewinne aus Umwidmungen erhöht. Stiftungen zahlen künftig ebenfalls höhere Steuern.
Klimabonus-Abschaffung bringt 2 Milliarden
Was die Art der Einsparungen angeht, ist laut Marterbauer rund ein Drittel einnahmenseitig, der Rest ausgabenseitig.
Die größten Brocken bei der Konsolidierung waren schon im Vorfeld bekannt, viele sind auch schon beschlossen. Zur Abschaffung des Klimabonus erklärte Marterbauer: Zuletzt seien "etwa doppelt so viele Mittel ausgezahlt wie eingenommen" worden. Als Ausgleich für den Klimabonus verdreifacht die Bundesregierung den Pendlereuro.
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Der Klimaschutz sei "für unseren Wohlstand unverzichtbar", er "kostet und braucht Finanzierung", sagte Marterbauer zwar. Aber es dürfe keine "überschießenden" Förderungen mehr geben.
Strukturreformen
Man wolle aber nicht nur kurzfristig auf der Einnahmen- und Ausgabenseite sparen, sondern auch Maßnahmen zu einer Strukturreform setzen.
- Korridorpension: Statt in Frühpension sollen Menschen vermehrt in Teilpension gehen, um so länger zu arbeiten.
- Gesundheitssystem: Es solle "ausgabeneffizienter" werden, u.a. durch Digitalisierung und rechtzeitige, niederschwellige Behandlung und Vorsorge. Damit solle die kostenintensive stationäre Behandlung entlastet werden.
- Bildungssystem: Die Deutschförder-Programme sollen ebenfalls effizienter gestaltet werden, in sie wird aber investiert.
- Arbeitsmarkt: Um den Wirtschaftsstandort zu stärken, stattet man das AMS mit zusätzlichen Mitteln aus, um die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern.
Marterbauer fordert Transparenz
Damit die Staatsfinanzen saniert werden können, brauche es vor allem "Transparenz", sie werde "die neue Lieblingsfarbe der Budgetpolitik", so Marterbauer.
Zudem brauche es eine "gerechte Verteilung". Man müsse die Bevölkerung von der Notwendigkeit der Sanierung überzeugen, indem die Einsparungen "gerecht verteilt" werden. "Es muss klar sein, dass jene, die mehr haben, auch mehr beitragen", betonte Marterbauer.
"Wir schnüren ein großes Sanierungspaket, doch wir betreiben keine Austeritätspolitik, darauf lege ich Wert", sagte der Finanzminister. Investieren wolle man in Bildung, Standort, Klimaschutz, Gesundheit und Armutsbekämpfung.
Konsum-Nachfrage anheizen
Die Teuerung führe dazu, dass die Konsum-Nachfrage bei den Österreicher:innen nachlasse. Durch die Mietpreisbremse etwa wolle man "Hoffnung" in der Bevölkerung schüren, um "Unsicherheit" zu verringern und "Vertrauen zu schaffen". Gelinge das, folge auch die "Konsum-Nachfrage auf dem Fuß", war sich Marterbauer sicher.
Er forderte eine Rückkehr zu einer Wirtschaftspolitik, die nicht auf dem "Recht des Stärkeren" fuße, sondern auf "Regeln und Vereinbarungen" zwischen den Staaten sowie Organisatoren. Dabei müsse auch auf die Wirtschaftspolitik "aller Staaten, auch die des globalen Südens" Rücksicht genommen werden.
"Keine Angst" vor EU-Defizitverfahren
"80 Prozent, der in der EU erzeugten Produkte", würden wieder in den EU-Binnenmarkt fließen, hob Marterbauer hervor. Europa müsse sich seiner Stärken wieder bewusst werden: "Der wichtigste Handelspartner Europas ist Europa. Der wichtigste Handelspartner Österreichs ist die EU. Das muss man nutzen."
Zu dem anstehenden EU-Defizitverfahren bekräftigte Marterbauer: "Ich habe vor diesem Verfahren überhaupt keine Angst." Es handle sich nicht um eine "Besachwaltung der österreichischen Politik", wie teils behauptet. Das seien "Falschaussagen".
Man strebe ein Defizit von 3,5 Prozent des BIP im Jahr 2027 an. 2028 wolle man bereits auf unter 3 Prozent des BIP sinken und somit die Voraussetzungen für ein Ende des EU-Defizitverfahrens erfüllen.
"Es werden ohne Zweifel ein paar harte Jahre", räumte Marterbauer zum Schluss ein. Man wolle "einen strikten Budgetvollzug sicherstellen", dazu brauche es aber die gemeinsame Kraft aller Regierungsmitglieder. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Budgetsanierung aber funktionieren würde, da man eben transparent und faktenbasiert vorgehen wolle.
Wirtschaft kompakt: Sparpläne der Regierung
Zusammenfassung
- Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) präsentiert am Dienstag das erste Doppelbudget der neuen Dreierkoalition für die Jahre 2025 und 2026.
- Um das Defizit zu reduzieren, plant die Regierung Einsparungen von 6,4 Milliarden Euro in diesem Jahr und 8,7 Milliarden Euro im kommenden Jahr, was deutlich über der von der EU erlaubten Defizitgrenze von 3 Prozent liegt.
- Eine Vielzahl von Sparmaßnahmen kommen auf die Bevölkerung zu, Marterbauer betonte aber, es handle sich nicht um eine "Austeritätspolitik".