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Kika/Leiner meldet Insolvenz an - Kritik an Benko wird laut

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Knapp eine Woche nach dem Verkauf des operativen Kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa Retail Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko an den Handelsmanager Hermann Wieser steht nun eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens an.

"Nach Prüfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens wird die Restrukturierung des Unternehmens über ein Sanierungsverfahren stattfinden, das kommende Woche angemeldet wird", hieß es von Kika/Leiner am Mittwoch in einer Aussendung.

Am Dienstag hatte der neue Eigentümer der Möbelkette angekündigt, 23 von 40 Standorten per Ende Juli zu schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kündigen. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen "erheblich" verkleinert werden.

Kritik der Gewerkschaft

Arbeitnehmervertreter übten indes Kritik an Benko. "Er hat immer gesagt wir sind eine Familie. Er ist irgendwie die Vaterfigur. Und wir sind alle in einem Boot", sagte ein Wiener Leiner-Betriebsrat im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radio. Es habe sich gezeigt, dass Benko" kein Familienvater" sei. "Das Boot war nicht für Kika/Leiner gedacht, sondern für was anderes. Er hat uns einfach im Stich gelassen."

In den nächsten zwei Wochen will die Gewerkschaft GPA gemeinsam mit der Arbeiterkammer in allen 40 Filialen den Beschäftigten persönlich für Beratungen zur Verfügung stehen. "Kurz vor der Insolvenz hat Benkos Signa-Gruppe das Unternehmen noch verkauft und das als 'sehr gutes Investment' bezeichnet. Übrig bleibt: Benko verdient, der Steuerzahler muss herhalten", kritisierte die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber, in einer Aussendung.

Das Maßnahmenpaket zur Rettung des Unternehmens wird laut Kika/Leiner - wie kommuniziert - "unverändert umgesetzt". Es werde wohl ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung, hieß es von einem Kika/Leiner-Sprecher auf APA-Anfrage. Am Dienstag hatte der neue Eigentümer des operativen Geschäfts der Möbelkette angekündigt, 23 von 40 Standorten per Ende Juli zu schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kündigen. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen "erheblich" verkleinert werden.

Kündigungen erfolgen Ende Juli

"Die Kündigungen werden entsprechend den rechtlichen Rahmenbedingungen (Kündigungstermine, -fristen) erfolgen. Ein wesentlicher Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird mit Ende Juli 2023 gekündigt werden", hieß es von Kika/Leiner zur APA.

"Es ist immer tragisch, wenn man seinen Job verliert", sagte AMS-Vorstand Johannes Kopf im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radio. "Es ist aber eine günstige Zeit, um einen neuen Job zu suchen." Es gebe tausende offene Stellen im Handel. Das AMS stehe aber auch bereit für Qualifizierungsmaßnahmen, etwa im Bereich Pflege, Digitalisierung und Green Jobs, so der AMS-Chef.

Kika/Leiner will in Zusammenarbeit mit Unternehmen aus Handel und Gewerbe wie OBI, Billa, Bipa, Penny, Tedi, Müller, Deichmann, Action und NKD eine Jobplattform einrichten, damit allen vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeitern ein Jobangebot gemacht wird. Von den freigewordenen Fachkräften profitieren wollen auch die Supermarktketten Spar, Rewe (u.a. Billa) und Lidl. Sie unterbreiteten bereits allen gekündigten Kika/Leiner-Mitarbeitern per Aussendung ein Jobangebot. Interessierte könnten sich jederzeit bewerben.

Land Burgenland will helfen

Das Land Burgenland sicherte in einer Aussendung den Betroffenen in Eisenstadt und Unterwart Unterstützung zu. Man werde "alles unternehmen, um die Betroffenen zu unterstützen - sei es mit Maßnahmen zur Integration am Arbeitsmarkt oder im Falle einer Insolvenz über eine Insolvenzstiftung", erklärte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und nahm gleichzeitig die Bundesregierung in die Pflicht, der Entwicklung gegenzusteuern.

Die Möbelkette versucht per E-Mail verunsicherte Kunden zu beruhigen. "Daher ist es selbstverständlich, dass wir Ihnen alle Ihre geleisteten Anzahlungen und die erworbenen Gutscheine garantieren, die weiterhin in den kika/Leiner-Filialen eingelöst werden können", heißt es in einer Aussendung an Kika-Stammkunden. "Auch Ihre Bonuspunkte bleiben erhalten und alle Ihre Aufträge werden natürlich so ausgeführt, wie wir es vereinbart haben." Kika/Leiner will auch alle bestehenden Aufträge so ausführen, wie es vereinbart wurde.

Fünf Jahre kein Gewinn

Einen Gewinn hatte das Möbelgeschäft für Signa in den vergangenen fünf Jahren nicht abgeworfen. Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Mio. Euro übernommen worden und um die laufenden Kosten zu decken, betrage der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich circa 8 bis 10 Mio. Euro, erklärte der neue Eigentümer Wieser.

Die Verbindlichkeiten von Kika/Leiner sollen sich auf rund 300 Mio. Euro belaufen, schreibt der "Standard" ohne Angabe von Quellen. Über die Jahre kumulierte sich bis Ende September 2021 ein Bilanzverlust bei Kika und Leiner von 106 Mio. Euro bzw. 83,7 Mio. Euro, geht aus dem Firmenbuch (Wirtschafts-Compass) hervor. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.

Mehrmals verkauft

In den vergangenen zehn Jahren wechselte Kika/Leiner mehrfach den Besitzer, der Marktanteil ging laut dem Marktforscher Branchenradar von 22 Prozent auf zuletzt 18 Prozent zurück. Im Jahr 2013 erwarb die südafrikanische Steinhoff Gruppe die Möbelkette und verkaufte dann das Unternehmen wieder, um eine Insolvenz der Möbelkette zu verhindern an die Signa Gruppe rund um Benko. Im Rahmen des damaligen Sanierungskurses von Kika/Leiner wurde die Filialzahl in Österreich reduziert und das Osteuropa-Geschäft sowie einige nicht strategische Immobilien in Österreich verkauft. Den Turnaround schaffte Signa bei Kika/Leiner nicht. Das Immobilien-"Filetstück" der Möbelkette in der Wiener Mariahilfer Straße kaufte Signa bereits Ende 2017 von Steinhoff um 60 Mio. Euro und errichtet dort derzeit das Luxus-Kaufhaus "Lamarr".

ribbon Zusammenfassung
  • Knapp eine Woche nach dem Verkauf des operativen Kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa Retail Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko an den Handelsmanager Hermann Wieser steht nun eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens an.
  • Am Nachmittag ist nun klar: Kika/Leiner wird kommende Woche ein Insolvenzverfahren anmelden.

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