Kika/Leiner: 23 von 40 Filialen vor Aus, 1.900 Kündigungen

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Der neue Eigentümer der Möbelhauskette Kika/Leiner will offenbar mehr als die Hälfte der Filialen schließen. 1.900 von 3.900 Mitarbeitern werden gekündigt.

Nachdem Investor René Benko sowohl Immobilien als auch das operative Geschäft der Möbelhauskette Kika/Leiner verkauft hat, wird der neue Eigentümer 23 von 40 noch bestehenden Filialen schließen. 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden gekündigt. Das gab Betreiber und Geschäftsführer Hermann Wieser am Dienstag bekannt.

Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen "erheblich" verkleinert werden. "Um das Unternehmen wirtschaftlich überlebensfähig und vor allem langfristig wettbewerbsfähig zu machen, sind tiefgreifende Einschnitte und ein schneller, konsequenter Cut notwendig", erklärte Wieser.

Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro übernommen worden und um die laufenden Kosten zu decken, betrage der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich circa 8 bis 10 Millionen Euro.

Geschlossen werden laut Unternehmensangaben per Ende Juli 2023 die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die Kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring. An diesen Standorten beginnt ab sofort der Abverkauf mit Preisreduktionen.

Mitarbeiter als "Hauptleidtragende"

"Bedauerlicherweise sind die Hauptleidtragenden die Mitarbeiter, die am wenigsten dafür können", so der neue Kika/Leiner-Chef. Aus diesem Grund habe man gemeinsam mit den Betriebsräten für die durch Kündigung betroffenen Mitarbeiter ein Maßnahmenpaket beschlossen.

Die Gewerkschaft GPA rät den betroffenen Beschäftigten, nichts zu unterschreiben, sondern sich beraten zu lassen. Gemeinsam mit der Arbeiterkammer werde die GPA die Beschäftigten informieren, hieß es in einer Aussendung. Kritik übten die Arbeitnehmervertreter am ehemaligen Kika/Leiner-Eigentümer. "Dass Benkos Signa-Holding von einem 'sehr guten Investment' spricht, während die Hälfte der Belegschaft um ihre Jobs zittert, ist zynisch und entspricht brutalem Turbokapitalismus", so GPA-Chefin Barbara Teiber.

FPÖ kritisiert: "Zeche" für eine "lupenreine ÖVP-Klientelpolitik"

Kritik gab es auch von den Freiheitlichen (FPÖ), die auf die Verbindungen zwischen Benko und Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz anspielten. Die betroffenen Mitarbeiter würden nun die "Zeche" für eine "lupenreine ÖVP-Klientelpolitik" zahlen.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sicherte den Beschäftigten in einer der APA schriftlich übermittelten Stellungnahme Unterstützung durch das AMS zu. "Wir werden in enger Abstimmung mit dem AMS alles tun, damit die Beschäftigten in der jetzigen Arbeitsmarktsituation mit vielen offenen Stellen rasch wieder einen neuen Job finden können", sagte Kocher.

Spar bietet allen entlassenen Mitarbeitern einen Job

Von den freigewordenen Fachkräften profitieren will unterdessen die Supermarktkette Spar. Sie unterbreitete allen entlassenen Kika/Leiner-Mitarbeitern am Dienstag per Aussendung ein Jobangebot. Interessierte könnten sich jederzeit bewerben, so Spar.

Vergangene Woche wechselte Kika/Leiner den Besitzer. Nach knapp fünf Jahren als Eigentümer verkaufte die Signa Retail Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko die Immobilien der Möbelkette für einen nicht genannten Preis an die Supernova Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert.

Das operative Geschäft ging an Wieser, der seit Jahrzehnten im Möbelgeschäft arbeitet und unter anderem Verkaufschef von XXXLutz und Kurzzeit-Chef von Kika/Leiner im Jahr 2014 war.

"Viele" Gründe für Probleme von Kika/Leiner

Gründe für die Schieflage des Unternehmens gibt es laut dem neuen Eigentümer "viele". Es habe "Management-Fehler, explodierende und nicht an die Rahmenbedingungen angepasste Kosten, komplizierte, personalintensive Abläufe, falsche Markenstrategien, zu geringe Flächenproduktivität und viel zu hohe Overheadkosten" gegeben.

In Folge habe die "aktuelle Marktsituation mit sinkenden Umsätzen aufgrund von Corona, Ukrainekrieg, hohen Energiekosten, hohen Zinsen und verschärften Vergaberichtlinien für Kredite die Gesamtsituation verschärft", so Wieser.

Um Kika/Leiner zu sanieren, will der neue Kika/Leiner-Eigentümer "einen hohen zweistelligen Euro-Millionenbetrag" in die Möbelkette stecken. Über Finanzierungspartner machte Wieser als Alleineigentümer der Leiner & kika Möbelhandels GmbH bisher keine Angaben.

Kein Gewinn für Signa

Einen Gewinn hatte das Möbelgeschäft für Signa in den vergangenen fünf Jahren nicht abgeworfen. Im Geschäftsjahr 2020/21 beliefen sich die Verluste der Kika Möbel-Handelsgesellschaft und der Rudolf Leiner Gesellschaft auf 12,9 Mio. Euro bzw. 9,9 Mio. Euro, geht aus dem Firmenbuch (Wirtschafts-Compass) hervor.

Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Über die Jahre kumulierte sich bis Ende September 2021 ein Bilanzverlust bei Kika und Leiner von 106 Mio. Euro bzw. 83,7 Mio. Euro.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach dem Verkauf der Möbelhauskette Kika/Leiner wird der neue Eigentümer 23 von 40 Filialen schließen.
  • 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden gekündigt.
  • Das gab Betreiber und Geschäftsführer Hermann Wieser am Dienstag bekannt.
  • Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro übernommen worden, begründete Wieser den drastischen Schritt.