"Der Soziale"
"Arbeiterpapst" als Vorbild? Wer war der letzte Papst Leo?
Am Donnerstagabend brach Jubel am Petersplatz aus als weißer Rauch über der Sixtinischen Kapelle aufstieg. Ein Zeichen: Die Kardinäle haben sich auf einen neuen Papst geeinigt.
Zur Überraschung vieler trat kurz darauf Kardinal Robert Francis Prevost auf den Balkon des Petersdoms. Der US-Amerikaner folgt Papst Franziskus nach – unter dem Namen Leo XIV.
Der Name eines Papstes ist nie zufällig gewählt – oft greift er damit eine historische Figur auf, die ihm als Vorbild dient. Wer also war Papst Leo XIII., auf den sich der neue Pontifex nun offenbar bezieht?
Der "Arbeiterpapst"
Leo XIII. gilt als eine der prägendsten Figuren des späten 19. Jahrhunderts in der katholischen Kirche. Wegen seiner umfassenden Bemühungen, soziale Fragen zu thematisieren, wurde er mit dem Attribut "Arbeiterpapst" und dem Beinamen "der Soziale" bekannt.
Video: Die erste Rede von Papst Leo XIV.
Geboren als Vincenzo Gioacchino Pecci am 2. März 1810, wurde der Italiener 1878 zum Papst gewählt - als Nachfolger von Pius IX. – und blieb es bis zu seinem Tod am 20. Juli 1903.
Mit 25 Jahren Pontifikat zählt er zu den am längsten regierenden Päpsten der Kirchengeschichte.
Vermittler zwischen Kirche und Moderne
Der Beginn seiner Amtszeit fiel in einer Zeit großer Umbrüche: Nach dem Verlust des Kirchenstaates durch die italienische Einigung setzte er den kirchlichen Widerstand gegen den neuen Nationalstaat fort und erkannte das Königreich Italien nicht an.
Trotz des Fehlens politischer Souveränität war Leo XIII. ein bedeutender Akteur in der europäischen Politik seiner Zeit. "Leo XIII. gelang es, den Heiligen Stuhl neu zu positionieren. Er stärkte die Rolle des Vatikans als neutralen Vermittler in internationalen Konflikten", erklärt der Kirchenhistoriker Ernesti gegenüber "katholisch.de".
Er bemühte sich um eine Öffnung der Kirche gegenüber der modernen Welt, ohne dabei ihre Lehre zu verwässern. Besonders bekannt ist er für seine Betonung der katholischen Soziallehre – mit der Enzyklika "Rerum Novarum" (1891), in der er sich erstmals systematisch mit den Rechten der Arbeiter und den sozialen Herausforderungen der Industrialisierung auseinandersetzte.
Brückenbauer zur Wissenschaft
Papst Leo XIII. förderte nicht nur die soziale und kirchliche Reform, sondern auch die wissenschaftliche Forschung. 1881 öffnete er das Vatikanische Archiv für Gelehrte aller Konfessionen und setzte damit ein Zeichen für den Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft. 1891 gründete er die Specola Vaticana, die vatikanische Sternwarte.
Video: Neuer Papst hat "sehr große Herausforderungen"
In seiner Enzyklika Providentissimus Deus (1893) ermutigte Papst Leo XIII. zum Bibelstudium und warnte gleichzeitig vor rationalistischen Interpretationen. 1897 unterstützte er zudem die Gründung der Catholic University of America in Washington, D.C.
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Gleichzeitig verurteilte er in seinem apostolischen Brief Testem Benevolentiae (1899) die Reformbewegung des Amerikanismus, da diese versuchte, den katholischen Glauben zugunsten einer Anpassung an die amerikanische Kultur zu verwässern.
Entwicklung zur Weltkirche
Während Leos Amtszeit entwickelte sich die katholische Kirche zunehmend zu einer Weltkirche. "In diesen 25 Jahren ist die katholische Christenheit stark gewachsen", so Ernesti. So gründete der Papst zahlreiche Bistümer und Apostolische Vikariate, was die weltweite Ausbreitung der Kirche förderte.
In dieser Zeit herrschte eine starke missionarische Dynamik, die sich in der Gründung zahlreicher Missionsorden widerspiegelte. "Missionar zu werden, war damals fast schon eine Modeerscheinung."
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Im Gegensatz zu seinem Nachfolger, Papst Benedikt XV. zog er jedoch noch keine klare Trennlinie zwischen Kolonisation und Mission.
Vermächtnis
Leo XIII. gilt heute als einer der Vordenker einer Kirche, die im Dialog mit der Welt steht. Seine Bemühungen um soziale Gerechtigkeit und Bildung haben ihn zu einer wegweisenden Figur gemacht – nicht nur für seine Zeit, sondern auch für die katholische Sozialethik bis heute.
Mit der Wahl des Namens Leo XIV. erinnert der neue Papst möglicherweise an diesen weltoffenen und zugleich traditionsbewussten Vorgänger.
Video: Papst Leo XIV. tritt vor die Menschen
Zusammenfassung
- Habemus Papam: Kardinal Robert Francis Prevost ist das neue Oberhaupt der katholischen Kirche.
- Er wählte den traditionsreichen Namen Leo – als vierzehnter Papst dieses Namens.
- Doch wer war sein letzter Namensvorgänger?