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"War Kultur dort"

Signa-Insider belastet Benko: "Hatte immer den Daumen drauf"

24. Juli 2025 · Lesedauer 5 min

Der ehemalige Chefcontroller der Signa erhebt schwere Vorwürfe gegen René Benko und schildert ein System permanenter Geldnot im Konzern. Dabei soll Benko persönlich alle Finanzentscheidungen getroffen haben. Seine Aussagen gelten als Schlüssel für die Ermittlungen der Soko Signa.

Für René Benko wird die Lage zunehmend brenzlig: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat eine erste Anklage gegen den Unternehmer eingebracht. 

Es dürfte jedoch nicht bei dieser einen bleiben – insgesamt laufen derzeit 13 Ermittlungsstränge rund um die Pleite des Signa-Konzerns.

Ein zentraler Belastungszeuge ist laut dem Nachrichtenmagazin "News" ausgerechnet der langjährige Chefcontroller im Signa-Imperium: Arthur A. Sein umfangreiches Insiderwissen ist demnach in zahlreiche Ermittlungsakten der Soko Signa eingeflossen.

"Wurde von den Stiftungsvorständen so hingenommen"

Arthur A. soll sich aus einer einfachen Position im Controlling bis in den engsten Kreis um Benko hochgearbeitet haben. Über Jahre hinweg war er für wesentliche Finanzflüsse im Konzern verantwortlich und arbeitete eng mit der Führungsspitze zusammen.

Laut seinen Aussagen habe Benko ihm rund um die Uhr direkte Anweisungen erteilt – auch zur Abwicklung von Zahlungen in dessen "Schattenreich".

In den von Benko gegründeten Privatstiftungen habe dieser stets "den ganz klaren Informationsvorteil" gehabt, berichtete A. "Er hat den Stiftungsvorständen während der Stiftungssitzungen auch ganz klar gesagt, was zu tun ist. Davor und danach war das auch so. Das wurde von den Stiftungsvorständen so umgesetzt und hingenommen", zitiert "News" aus den Aussagen des Ex-Chefcontrollers.

Diese Angaben gelten als wesentlicher Grund dafür, dass die Untersuchungshaft gegen Benko bisher mehrfach verlängert wurde. Das Gericht sieht weiterhin eine konkrete Tatbegehungsgefahr – insbesondere im Zusammenhang mit den Stiftungen.

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Für René Benko gilt die Unschuldsvermutung.

"Benko hatte immer den Daumen drauf"

Arthur A. beschreibt in seinen Aussagen zudem ein strukturelles Liquiditätsproblem innerhalb der Signa-Gruppe. Zahlungen seien regelmäßig erst in letzter Minute organisiert und abgewickelt worden.

"René Benko hat sich um die Finanzbeschaffung gekümmert – es war ausschließlich er, der das gemacht bzw. entschieden hat", heißt es in den Ermittlungsakten laut "News". 

Der Signa-Gründer habe "immer bis zum Schluss den Daumen drauf gehabt und hat zu 99 % kurz vor knapp dann die Entscheidung getroffen, woher das Geld kommen soll", so Arthur A. weiter.

"Es war Kultur dort"

Selbst bei fälligen Zahlungen sei das Geld oft erst kurz vor dem Stichtag auf den entsprechenden Konten eingetroffen: "Wenn wir beispielsweise an einem Dienstag etwas zu zahlen hatten, dann war es so, dass um 15:45 Uhr das Geld noch nicht am entsprechenden Konto war, sondern es musste zuerst oftmals über mehrere Gesellschaften organisiert werden."

Solche Abläufe seien keine Ausnahme, sondern gängige Praxis gewesen: "Dieser Vorgang war eigentlich schon Geschäftspraxis und nicht nur erst gegen Ende üblich", so der Ex-Chefcontroller. "Ich kannte es nicht anders - es war Kultur dort".

"Danach war man dann wieder pleite"

Arthur A. erklärte außerdem, dass sich die angespannte Finanzlage der Signa für ihn bereits im Sommer 2022 deutlich abgezeichnet habe: "Ich habe da gesehen, dass wir einen sehr hohen Liquiditätsbedarf hatten für das Thema Selfridges und Darlehensrückführungen an die Banken und Gesellschafter."

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Der Ex-Chefcontroller berichtet von einem kurzfristigen Darlehen der "Ameria Invest" – ein bedeutender Investor aus Liechtenstein im Umfeld der Signa Holding – vom 2. August 2022 in der Höhe von 200 Millionen Euro.

Die Laufzeit habe lediglich drei Wochen betragen, bei einer Gebühr von fünf Millionen Euro. "Wenn man den Jahreszins auf die Laufzeit betrachtet hätte, dann lag der bei deutlich über 70 %", so Arthur A.

Ein Teil des Kapitals sei in eine Kapitalerhöhung der Signa Prime Selection AG geflossen, mit der der Immobilienanteil der der britischen Warenhauskette Selfridges finanziert wurde. Der verbleibende Betrag sei von der Signa Holding GmbH für den Erwerb des Einzelhandelsgeschäfts von Selfridges in Großbritannien verwendet worden.

 "Danach war man dann wieder pleite", berichtete Arthur A.

Benko ignorierte Warnung

Im August 2022 habe A. daher das Gespräch mit René Benko gesucht: "Ich habe ihm meine Bedenken geäußert, dass es sich dabei um kein wirtschaftliches Handeln handelt."

Der Signa-Gründer habe jedoch entgegnet, man werde das Geld im Retail-Bereich "um ein Vielfaches" zurückverdienen.

Benkos Prognose erfüllte sich jedoch nicht - die Zweifel des Chefcontrollers wuchsen weiter. "Ein weiteres Zeichen für eine angespannte Erwartungslage und Liquidität der Signa Holding war auch, dass die bereits beschlossenen Dividendenzahlungen an die Gesellschafter für das Geschäftsjahr 2021 iHv € 250 Mio. nicht ausgezahlt werden konnten."

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Zusammenfassung
  • Der ehemalige Chefcontroller der Signa erhebt schwere Vorwürfe gegen René Benko und beschreibt ein System permanenter Geldnot im Konzern.
  • Dabei soll Benko persönlich alle Finanzentscheidungen getroffen haben.
  • Seine Aussagen gelten als Schlüssel für die Ermittlungen der Soko Signa.