Regierungsprogramm
Das haben SPÖ und NEOS in Wien vor
SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig und NEOS-Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling präsentierten am Dienstag gemeinsam die Inhalte, auf die man sich in den seit Anfang Mai dauernden Verhandlungen geeinigt hat.
Die genaue Zusammensetzung der Stadtregierung wurde dabei allerdings noch nicht öffentlich bekanntgegeben. Zunächst müssen nämlich die Gremien der Koalitionsparteien dem Pakt zustimmen.
Die Sozialdemokraten machen das am Mittwoch. Im Anschluss an die Gremien-Sitzungen wird Ludwig dann das SPÖ-Regierungsteam vorstellen. Am Samstag folgen die NEOS, die bei einer Landesmitgliederversammlung über die neue Wiener Stadtregierung abstimmen.
Stadtsenat erweitert
Ludwig bestätigte aber, dass der Stadtsenat auf 13 Mitglieder anwachsen wird, weil das Regierungsteam gleich groß bleiben soll. Die SPÖ stellt - wie bisher - sechs Regierungsmitglieder, die NEOS eines.
Die restlichen sechs - "nicht amtsführenden" - Stadträte teilen sich auf die Oppositionsparteien FPÖ (3), Grüne (2) und ÖVP (1) auf.
"Fortschrittskoalition"
Bei der Präsentation sprach man vor allem über Inhaltliches: In einem 191-seitigen Programmpapier schreibt sich die rot-pinke Koalition nach fünf Jahren der selbst ernannten "Fortschrittskoalition" nun den Titel "Aufschwungskoalition" auf die Fahnen.
"Aufschwung" wolle man als Wirtschaftsstandort aber auch in Bildung, bei Klimaschutz und im sozialen Bereich erreichen, so Ludwig und Emmerling.
- Mehr lesen: SPÖ und NEOS haben sich geeinigt
Angesichts der schwierigen Budgetsituation ist in den kommenden fünf Jahren auch in Wien wie im Bund sparen angesagt. Angehen will man dies laut Regierungsprogramm mit strukturellen Reformen, der Evaluierung der Förderungen und einer Gegenfinanzierungspflicht neuer Maßnahmen. Städtische Beteiligungen sollen zudem deutlich höhere Dividenden ausschütten.
Parallel soll trotz Sparzwang auch investiert werden in die Infrastruktur. "Wir wollen Wien zum führenden Standort für Digitalisierung und Spitzentechnologie machen", erklären SPÖ und NEOS in ihrem Programm. Wichtig ist für Ludwig "die Stärkung des Wirtschaftsstandortes in Kombination mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik".
Konkret genannt wurde die Evaluierung eines Ausbaus des AI Life Science Center, die Förderung von Digitalisierung mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz und Machine Learning in der Forschung, den Aufbau eines Kompetenzzentrums zu Cyber-Sicherheit und Cyber Defense sowie die Bewerbung für die Ansiedelung einer "AI Gigafactory". Ludwig brachte die Seestadt Aspern als Standort dafür ins Spiel.
Reform der Mindestsicherung geplant
Evaluieren will die rot-pinke Regierung die Treffsicherheit der Wiener Mindestsicherung. Gemeinsam mit der Kinder- und Jugendhilfe soll die Lebenssituation von Mehrkindfamilien, die Mindestsicherung beziehen, evaluiert werden. Ziel ist eine Reform der Mindestsicherung, insbesondere für Familien mit Kindern und Personen, die in Wohngemeinschaften leben.
Man spreche sich für eine bundesweite Regelung aus, doch könnte in Wien auch vorgehen, um den Bund zu Reformen zu "motivieren", wie Ludwig sagte. Ziel sei die Auszahlung über das AMS. Vom Bund erwartet man sich eine Residenzpflicht für Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte.
- Mehr lesen: Rot-pinke Neuauflage in Wien fix
Wie angekündigt, soll außerdem ein "Wiener Integrationskodex" ausgearbeitet werden.
Die Kindergarten-Besuchspflicht für Kinder mit Sprachförderbedarf soll von 20 auf 30 Stunden ausgeweitet werden. Vorantreiben will man in Zusammenarbeit mit dem Bund die "Gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen". Auch bekennt man sich dazu, die Schulsozialarbeit und die "School Nurses" auszubauen. Die Zahl der außerordentlichen Schüler:innen soll gesenkt werden.
Um dem Personalmangel in Kindergärten zu begegnen, soll der Quereinstieg erleichtert werden. Joboffensiven soll es auch bei der Pflege oder bei Green-Jobs geben.
Auch dem Kampf gegen Kinder- und Jugendkriminalität will sich die künftige Stadtregierung annehmen. Dafür sollen "Orientierungshelfer" für diese Jugendlichen eingesetzt werden. Als "Ultima Ratio" sieht man eine "geschlossene sozialpädagogische Einrichtung außerhalb Wiens für strafunmündige Intensivtäter" als erforderlich an. Die dafür rechtlichen Rahmenbedingungen müssen freilich auf Bundesebene geschaffen werden.
Ringstraße soll umgestaltet werden
Im Umweltbereich bekräftigt man das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden. Der Ausbau der Fernwärme wird dazu etwa weiter vorangetrieben, genauso wie Aktivitäten im Bereich Tiefengeothermie. Die Nutzung von Photovoltaik wird forciert. Dazu gehört auch ein neuer "Wiener-Erneuerbaren-Plan".
In Sachen Öffis sind unter anderem Teststrecken für autonomes Fahren geplant. Die U-Bahn soll bis 2034 nach Rothneusiedl fahren. Die Koalition hofft, sich mit dem Bund auch für diese Ausbauphase auf eine "ausgewogene Finanzierung" zu einigen.
Geprüft werden soll weiters etwa die Ermöglichung der Fahrradmitnahme in Straßenbahnen und Bussen. 20.000 Bäume will man in den kommenden Jahren pflanzen und die Ringstraße umgestalten. Versprochen wird eine Entflechtung von Fuß- und Radverkehr, wobei die "Potenziale der Nebenfahrbahnen" herangezogen werden sollen. Das soll im Rahmen der verkehrsberuhigten Innenstadt mit Einfahrbeschränkungen passieren.
Keine Erwähnung findet im Regierungsprogramm hingegen der Lobau-Tunnel bzw. die Nordostumfahrung. Dafür wird sogar möglichen Seilbahnprojekten ein Abschnitt gewidmet - allerdings soll es auf den Kahlenberg keine Gondeln geben - wo sonst, das bleibt unbeantwortet.
Bewerbung für Songcontest
Ludwig betonte auch die Bedeutung der Kultur und des Tourismus für Wien. Man wolle sich auch aus diesen Gründen für den Song Contest bewerben - dabei aber auch Werbung für den Rest Österreichs machen, so der Bürgermeister.
- Mehr lesen: ESC 2026: Startschuss für Bewerbungsprozess
Im Bereich Gesundheit sollen ambulante Angebote und regionale Gesundheitszentren ausgebaut sowie Erstversorgungsambulanzen evaluiert und entwickelt werden. Zudem soll die digitale Transformation im Gesundheitswesen fortgesetzt und die Telemedizin weiterentwickelt werden, mit der "Gesundheitsberatung 1450" als zentraler Anlaufstelle und "Wien gesund" als digitalem Einstiegsort in das Gesundheitssystem.
Zusammenfassung
- SPÖ und NEOS haben am Dienstag ihren 191-seitigen Koalitionspakt für die künftige Wiener Stadtregierung präsentiert, wobei die genaue Zusammensetzung erst nach Zustimmung der Parteigremien veröffentlicht wird.
- Der Stadtsenat wächst auf 13 Mitglieder, davon stellt die SPÖ 6, die NEOS 1 und die Opposition (FPÖ 3, Grüne 2, ÖVP 1) die restlichen 6 nicht amtsführenden Stadträte.
- Trotz Sparzwang und schwieriger Budgetsituation sind Investitionen in Digitalisierung, KI, Infrastruktur und die Bewerbung für eine "AI Gigafactory" geplant.
- Im Bildungsbereich wird die Kindergarten-Besuchspflicht für Kinder mit Sprachförderbedarf von 20 auf 30 Stunden erhöht und die Schulsozialarbeit ausgebaut.
- Bis 2040 will Wien klimaneutral werden, 20.000 Bäume pflanzen und die Ringstraße im Zuge einer verkehrsberuhigten Innenstadt umgestalten.