Regierung einigte sich auf neue Höchstrichter
Die Neubesetzung des VwGH-Präsidenten wird durch den Pensionsantritt von Amtsinhaber Rudolf Thienel nötig. Laut Koalitionsvertrag kam hier Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) das Nominierungsrecht zu. Mit Posch entschied er sich für den derzeitigen Leiter des Verfassungsdienstes. Anders als seine Vorgänger hat der Steirer keine Erfahrung als Richter - sowohl der langjährige VwGH-Präsident Clemens Jabloner (der auch aus dem Verfassungsdienst an den VwGH wechselte) als auch Thienel fungierten vor ihrer Bestellung zum Präsidenten zunächst als Vizepräsident. Posch war den Großteil seiner Karriere im Verfassungsdienst tätig, dazwischen war er unter anderem Kabinettschef von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
Seine künftige Stellvertreterin Maurer-Kober ist bereits Hofrätin am VwGH - sie folgt Anna Sporrer, die als SPÖ-Justizministerin in die Regierung wechselte. Praktischerweise kam das Vorschlagsrecht für ihre Nachfolge laut Koalitionsvertrag auch Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) zu.
Die beiden Stellen am VfGH waren durch vorzeitige Rücktritte von Helmut Hörtenhuber (mit Ende des Vorjahres) und Claudia Kahr (mit Ende April) vakant. Julcher wurde auf Vorschlag Bablers nominiert, Perner auf Vorschlag von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS).
Julcher ist Hofrätin am VwGH und war davor ebenfalls im Verfassungsdienst tätig. Seit 2015 ist sie bereits Ersatzmitglied des VfGH, darüber hinaus fungiert sie als Honorarprofessorin für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Salzburg. Perner wiederum kommt aus der Wissenschaft: Er ist Vorstand des Departments für Zivil- und Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität (WU).
Die Nominierung Julchers öffnet eine weitere kleine Personal-Baustelle am VfGH. Dieser braucht nun wieder ein neues Ersatzmitglied - das Nominierungsrecht fällt allerdings nicht der Regierung zu, sondern dem Nationalrat. Der Koalitionsvertrag, der konkret nur die Bestellung der von der Regierung zu nominierenden Mitglieder regelt, dürfte hier keine Anwendung finden.
Regierung betont "transparente Bestellungen"
Nach dem Ministerrat am Mittwoch darauf angesprochen, lobten einige Regierungsmitglieder die Neubesetzung, sowie sich selbst für die Art der Bestellungen: "Wir haben uns als Bundesregierung im Koalitionsübereinkommen ausgemacht, dass es das erste Mal transparent verankert ist, wie solche Bestellungen stattfinden sollen. In der Verfassung ist festgelegt, dass die Bundesregierung hier auch bei manchen Positionen ein Vorschlagsrecht hat. Das ist gut und legitim", sagte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS). Aus seiner Sicht sind alle Ausgewählten "hoch qualifizierte Persönlichkeiten". SPÖ-Sozialministerin Korinna Schumann ergänzte: "Ich freue mich sehr, dass es zwei Frauen gibt, die jetzt in die Position kommen."
Grüne wollen neuen Modus
"Die politische Nominierung des Verwaltungsgerichtshofs-Präsidiums durch die Bundesregierung widerspricht europäischen Standards", konstatierte dagegen die Justiz- und Verfassungssprecherin der Grünen, Alma Zadić, in einer Aussendung. In vielen anderen Staaten werden richterliche Personalsenate in die Entscheidung zumindest eingebunden. Beim Obersten Gerichtshof (OGH) sei das in ihrer Zeit als Justizministerin bereits geändert worden, so Zadić.
Zusammenfassung
- Die Regierung hat am Mittwoch vier Spitzenposten an Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof neu besetzt, darunter Albert Posch als Präsident des VwGH und Bettina Maurer-Kober als seine Stellvertreterin.
- Angela Julcher und Stefan Perner werden als neue Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs vorgeschlagen, wobei Julcher seit 2015 bereits Ersatzmitglied am VfGH ist und Perner als Professor an der WU tätig ist.
- Die Regierung betont die transparente Bestellung, während die Grünen Kritik an der politischen Nominierung üben und eine stärkere Einbindung richterlicher Senate fordern.