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Blackout in Spanien

"Kritische Stunden": Notruf nur, "wenn unbedingt nötig"

28. Apr. 2025 · Lesedauer 7 min

In Spanien ist es Montagmittag zu einem Stromausfall in weiten Teilen des Landes gekommen. Auch Portugal und Frankreich waren betroffen. Erst am späten Nachmittag hatten erste Teile Spaniens wieder Strom. Flüge, Züge und die U-Bahnen in den Großstädten sind lahmgelegt. Für einen Cyberangriff gibt es keine Anzeichen.

Ampeln und Telefonnetze, Unternehmen, Bahnhöfe und Flughäfen: Montagmittag stand in Spanien plötzlich alles still. Ein weitflächiger Stromausfall legte große Teile des öffentlichen Lebens lahm, was für Chaos sorgte. In Spitälern mussten Notstromaggregate eingeschaltet und Notfallpläne eingerichtet werden.

Der spanische Stromnetzbetreiber Red Electrica erklärte auf "X" zunächst, es seien "Pläne zur Wiederherstellung der Stromversorgung nach dem Nuller-Ereignis im Netz der Halbinsel aktiviert." Ein Nuller-Ereignis ist ein kompletter Stromausfall.

Ein Krisenkabinett der spanischen Regierung tagte am Hauptsitz des Netzbetreibers. Das spanische Innenministerium rief den Notstand aus für alle Regionen, die einen Antrag auf Hilfe der Regierung in Madrid stellten. Das waren zunächst Andalusien und Extremadura. Zudem ordnete das Ministerium den Einsatz von 30.000 Polizisten an.

Regierung rät vom Telefonieren ab

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez rief die Bürger des Landes danach dazu auf, angesichts des landesweiten Stromausfalls Ruhe zu bewahren. "Bis die Stromversorgung wiederhergestellt ist, werden wir einige kritische Stunden erleben", sagte er bei einer Ansprache an die Menschen, die im spanischen Fernsehen übertragen wurde.

Sánchez rief dazu auf, nur kurze und zwingend notwendige Gespräche mit dem Handy zu führen und die Notrufnummer 112 nur zu nutzen, wenn es unbedingt nötig sei, um die Netze nicht zusätzlich zu belasten.

Teile Spaniens haben wieder Strom

Bis die Versorgung wieder komplett hergestellt ist, kann das noch dauern. Am späten Nachmittag hatten aber zumindest Teile Spaniens wieder Strom.  In Katalonien, Aragonien, dem Baskenland, Galicien, Asturien, Navarra, Kastilien und Leon, Extremadura und Andalusien sei die Versorgung wiederhergestellt, meldete Red Eléctrica auf "X". Am späten Abend meldeten auch Teile Madrids, wieder Strom zu haben.

https://x.com/RedElectricaREE/status/1916879721071100341

"Wenn alles gut geht, kann man von einem Zeitraum zwischen sechs und zehn Stunden sprechen", sagte der Chef der Wartungsabteilung des Netzbetreibers Red Eléctrica, Eduardo Prieto, dem Radiosender Cadena Ser noch gegen Mittag.

Wie die spanische Zeitung "El Mundo" berichtete, sind die U-Bahnen in den spanischen Großstädten Madrid, Barcelona, Valencia und Sevilla außer Betrieb. In Barcelona und Madrid mussten tausende Fahrgäste evakuiert werden, hieß es.

Auch in Fernzügen im ganzen Land steckten hunderte Passagiere fest. Eine Wiederaufnahme des Mittel- und Fernverkehrs war vorerst nicht absehbar, teilte der spanische Verkehrsminister Óscar Puente mit. Auch Spaniens Flughafenbetreiber Aena meldete "Zwischenfälle" wegen des Blackouts. Notfallgeneratoren seien aktiv. Passagiere sollten sich mit Fragen an ihre jeweilige Fluggesellschaft wenden, da es möglicherweise Probleme bei der Weiterreise am Boden gebe.

Die meisten Geschäfte und Gaststätten in Premià de Mar bei Barcelona und anderen Orten Spaniens hatten geschlossen. Vor allem Geschäfte mit verderblichen Waren und Eissalons warteten sehnsüchtig auf die Wiederherstellung der Stromversorgung. 

Bisher keine Hinweise auf Cyberangriff

Erklärungen des Netzbetreibers Red Electrica und der Regierung zufolge ist die Ursache für den Stromausfall auf der iberischen Halbinsel noch unklar. Auch die Möglichkeit eines Cyberangriffs werde untersucht. Daten zeigen jedoch: Gegen 12.30 Uhr halbierte sich die Stromnachfrage plötzlich. Bei so abrupten Schwankungen im Stromnetz kann es gänzlich kollabieren. 

Laut der Nachrichtenagentur Lusa hat Portugals Nationales Zentrum für Cybersicherheit bisher keine Beweise gefunden, die auf einen Cyberangriff für den Ausfall des Stromnetzes hindeuten. Dies deckt sich mit der ersten Untersuchung der EU-Agentur für Cybersicherheit. António Costa, Präsident des Europäischen Rates, sagte, es gäbe keine Hinweise auf eine Cyberattacke.

"Keine Hypothese ausgeschlossen"

Ministerpräsident Sánchez sagte allerdings am Abend, es könne keine Hypothese ausgeschlossen werden, es dürfe aber auch nicht spekuliert werden. Er riet den Menschen, sich über "offizielle Kanäle" zu informieren. Die Regierung stehe mit dem Königshaus, den Parlamentsfraktionen, den europäischen Partnern und der NATO in Kontakt. "Priorität ist, sicherzustellen, dass die Normalität wieder hergestellt wird", versicherte der Politiker der sozialdemokratischen Partei PSOE.

Sánchez sagte weiter, die Wiederherstellung der Versorgung im Norden und Süden des Landes sei dank der Zusammenarbeit der Behörden Frankreichs und Marokkos gelungen. Er dankte den Ländern für ihre Solidarität.

https://x.com/sentdefender/status/1916836126603592044

Der spanische Netzbetreiber erklärte auf "X", dass die Versorgungsunternehmen Notfallpläne aufgestellt hätten. "Die Ursachen werden analysiert und alle Mittel werden eingesetzt, um das Problem zu lösen", sagte der Netzbetreiber. Ab 13.00 Uhr wurde das Stromnetz "schrittweise" wieder hochgefahren. 

Kurz nach 13.30 Uhr bestätigte Red, dass sich die Versorgung im Norden und Süden der Halbinsel zu erholen beginnt. Doch bis das ganze Land wieder mit Strom versorgt ist, könnten noch Stunden vergehen. 

Gegen 15.30 Uhr meldete Red, dass in einigen Umspannwerken im Norden, Süden und Westen Spaniens Stromspannung wieder hergestellt werden konnte. Ein völlig kollabiertes Stromnetz wieder hochzufahren, ist jedoch ein äußerst kompliziertes Verfahren. 

Viele Kraftwerke sind nämlich nicht "schwarzstartfähig" - das bedeutet, sie brauchen zuerst eine externe Stromversorgung, um dann selbst mit der Stromerzeugung beginnen zu können. 

Chaos bei Tennisturnier in Madrid

Auch beim Masters-1000-Tennisturnier in Madrid sorgt der Stromausfall für Chaos. "Die Fans strömen zu den Trainingsplätzen (deren Kapazität inzwischen erreicht ist), die Essensstände arbeiten mit Fackeln und Bargeld, Teile des Stadions liegen in völliger Dunkelheit", schreibt Tennis-Journalist Connor Joyce auf "X".

https://x.com/connorjoyceb/status/1916815001093865914

Alle ausstehenden Partien wurden unter anderem auch aus Sicherheitsgründen schließlich abgesagt.

Der Blackout ist auf das Festland beschränkt. Die Inselgruppen Kanaren und Balearen sollen nicht betroffen sein.

Auch in Portugal großflächiger Stromausfall

Aber im benachbarten Portugal ist es laut der Zeitung "El País" ebenfalls zu großflächigen Stromausfällen im ganzen Land gekommen. Tausende Passagiere steckten am Flughafen in Lissabon fest. Auch Handynetze sollen großflächig ausgefallen sein.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters erklärte die portugiesische Polizei, dass die Verkehrsampeln im ganzen Land beeinträchtigt sind, die U-Bahn in der Hauptstadt Lissabon und in Porto geschlossen ist und die Züge nicht fahren. Der Stromausfall in Portugal sei durch die Störung im spanischen Stromnetz verursacht worden, die auf ein "seltenes atmosphärisches Phänomen" zurückzuführen sei, berichtete unter anderem der portugiesische Sender RTP.

Die vollständige Normalisierung des Netzes könnte "aufgrund der Komplexität des Phänomens" bis zu einer Woche dauern, so der Stromnetzbetreiber REN.

Auch Frankreich war zwischenzeitlich vom Blackout betroffen. Der Stromnetzbetreiber RTE teilte mit, dass Haushalte im französischen Teil des Baskenlandes einige Minuten lang ohne Strom waren. Die Versorgung sei aber wiederhergestellt worden. Im in den Pyrenäen gelegenen Kleinstaat Andorra dauerte der Stromausfall nur wenige Sekunden.

Seltenes Ereignis

Ein landesweiter Stromausfall ist für ein europäisches Land sehr ungewöhnlich, in Spanien gab es in jüngerer Vergangenheit kein derartiges Ereignis.

Im Jahr 2003 gab es in Italien den schlimmsten Stromausfall seit mehr als einem halben Jahrhundert, als ein Ausfall von Stromleitungen aus den Nachbarländern das ganze Land mit Ausnahme der Insel Sardinien betraf. In London gab es 2018 einen größeren Ausfall.

Zusammenfassung
  • In Spanien ist es Montagmittag zu einem Stromausfall in weiten Teilen des Landes gekommen.
  • Auch Portugal und Frankreich sollen betroffen sein.
  • Öffentliche Verkehrsmittel, Ampeln und Telefondienste waren in Teilen Madrids, Barcelonas und Lissabons wegen des Ausfalls größtenteils außer Betrieb, während die Züge größtenteils stillstanden.
  • Erst am späten Nachmittag hatten erste Teile Spaniens wieder Strom.
  • Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez rief die Bürger des Landes danach dazu auf, angesichts des landesweiten Stromausfalls Ruhe zu bewahren. "Bis die Stromversorgung wiederhergestellt ist, werden wir einige kritische Stunden erleben", sagte er.
  • Sánchez rief dazu auf, nur kurze und zwingend notwendige Gespräche mit dem Handy zu führen und die Notrufnummer 112 nur zu nutzen, wenn es unbedingt nötig sei, um die Netze nicht zusätzlich zu belasten.