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Graz

Rottweiler-Attacke: Bedingte Haft und Geldstrafe für Halterin

Heute, 11:43 · Lesedauer 4 min

Nach der Attacke eines Rottweilers auf eine 35-Jährige im Februar dieses Jahres in Gratwein-Straßengel (Bezirk Graz-Umgebung) ist am Mittwoch die 45-jährige Hundehalterin am Grazer Straflandesgericht zu einer bedingten Haftstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Hundehalterin hatte die 35-Jährige vor ein paar Monaten ersucht, auf ihren Rottweiler "Rocky" und ihren zweiten Hund, den Collie "Luna", aufzupassen, während sie selbst auf Reha war. Die 35-Jährige ist die Freundin des Neffen der Hundehalterin.

Als sie Ende Februar eines Abends mit den beiden Hunden spazieren ging, kam es zu dem verhängnisvollen Vorfall: Noch war die Frau mit den Tieren nicht weit gekommen, da lief ihr eine 49-jährige Spaziergängerin mit einem Mischlingshund über den Weg. Es kam zur Rangelei zwischen den Hunden, wobei "Rocky" und "Luna" so fest an ihren Leinen zogen, dass die 35-Jährige "zwei, drei Meter mitgeschleift" wurde, wie sie am Mittwoch vor Gericht aussagte.

Auch die Spaziergängerin kam zu Fall und wurde von "Rocky" gepackt. "Er hat mich mit seinen Pfoten umklammert, so fest, dass ich blaue Flecken bekommen habe", so die als Zeugin geladene Frau, beruflich ist sie Tierärztin.

"Rocky" biss mehrmals zu

Als es der Aufpasserin dann gelang, "Rocky" wegzuziehen, ging das Tier auf sie selbst los. "Von einem Moment auf den anderen hat er mich umgeschmissen", schilderte sie im Zuge des Prozesses. Zu diesem Zeitpunkt riss der Maulkorb des Hundes und er biss mehrmals zu.

"Ich habe versucht, ihn abzuwehren. Ich habe versucht, ihm meinen Schal in den Mund zu stopfen, ihn mit dem Turnschuh geschlagen, keine Chance."

Die Spaziergängerin rief die Polizei. Die Beamten versuchten, den Hund mit dem Folgetonhorn und mit Pfefferspray zu verschrecken, schließlich gaben sie insgesamt acht Schüsse ab, der Hund verendete an Ort und Stelle.

 

Die 35-Jährige erlitt laut Gutachten "multiple Hundebissverletzungen" an den Füßen und Beinen. Fünf Wochen war sie im Spital, am rechten Fuß mussten Hauttransplantationen durchgeführt und Sehnen geflickt werden. Bis heute sitzt die Frau im Rollstuhl, bis nächstes Jahr ist die Verkäuferin im Krankenstand.

Hund hatte schon mehrmals zugebissen

Der Hundebesitzerin wurde von der Staatsanwaltschaft fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen, sie hätte ihre Bekannte nicht über die Gefährlichkeit des Rottweilers aufgeklärt. Der Hund war nämlich schon "amtsbekannt".

Im Jahr 2019 hatte er mehrere Passanten angefallen, 2022 ein fünfjähriges Kind ins Gesäß gebissen. Die Hundebesitzerin wurde strafrechtlich verurteilt.

Im aktuellen Fall bekannte sie sich vor Gericht nicht schuldig. Sie zeigte sich wortkarg. "Ich habe sie über die anderen Fälle informiert", beharrte die Hundebesitzerin, die als Kinderbetreuerin arbeitet. Ihrem Verteidiger zufolge hätte es sich um einen "schicksalhaften Unfall" gehandelt.

Die Aufpasserin erzählte etwas anderes: "Sie hat mir nicht gesagt, dass 'Rocky' früher schon mal gebissen hat. Sonst wäre ich nie im Leben mit ihm gegangen."

60-Kilo-Hund galt als "sehr gefährlich"

Laut Staatsanwaltschaft galt "Rocky" als "sehr gefährlich", Schätzungen der Polizei zufolge wog der Rottweiler 60 Kilo. Die Hundebesitzerin betonte dennoch, dass sie ihn und auch Hündin "Luna" im Griff gehabt hätte.

Ihrer Bekannten habe sie alles erklärt, was man über die Tiere wissen müsse. Zwei bis drei Mal seien sie vor dem Reha-Aufenthalt zur Probe spazieren gewesen. Auch das Aufsetzen des Maulkorbs hätten die beiden Frauen im Vorhinein geübt. Warum der Maulkorb an jenem Abend Ende Februar gerissen sei, konnte sich vor Gericht keiner erklären.

"Fahrlässigkeit wie im Bilderbuch"

Richter Andreas Lenz rief der Angeklagten vor Gericht die vorherigen Fälle ins Gedächtnis: "Sie wurden aufgrund des Falls mit dem Kind schon einmal verurteilt. Spätestens seitdem kennen Sie die Gefährlichkeit des Hundes." Lenz hielt fest: Es liege "grobe Fahrlässigkeit, wie es im Bilderbuch steht" vor.

Das Urteil - eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe von insgesamt 3.600 Euro - habe er so gewählt, dass die Angeklagte "beim nächsten Mal sitzen gehen muss".

Der Richter könne nicht verstehen, warum sie die Hunde nach den vorherigen Fällen überhaupt noch behalten haben dürfen. Lenz riet der Frau: "Wachen Sie auf. Und überlegen Sie sich was für die 'Luna'. Es gibt genug Möglichkeiten, den Hund woanders unterzubringen."

Teil des Urteils sind auch 7.000 Euro Schmerzengeld für die Aufpasserin und 300 Euro für die Spaziergängerin. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Video: Frau von Rottweiler getötet: Hundehalterin vor Gericht

Zusammenfassung
  • Nach einer Rottweiler-Attacke im Februar in Gratwein-Straßengel wurde die 45-jährige Hundehalterin am Grazer Straflandesgericht zu sechs Monaten bedingter Haft und 3.600 Euro Geldstrafe verurteilt.
  • Die 35-jährige Aufpasserin erlitt durch den Angriff multiple Hundebissverletzungen, musste fünf Wochen im Krankenhaus behandelt werden und sitzt bis heute im Rollstuhl.
  • Der Rottweiler 'Rocky' war bereits mehrfach auffällig geworden, hatte unter anderem 2019 Passanten und 2022 ein Kind gebissen und galt laut Polizei als sehr gefährlich.
  • Während des Vorfalls riss der Maulkorb des Hundes, woraufhin die Polizei mit Pfefferspray und acht Schüssen eingreifen musste; der Hund verendete an Ort und Stelle.
  • Das Urteil umfasst zusätzlich 7.000 Euro Schmerzengeld für die schwer verletzte Aufpasserin und 300 Euro für die ebenfalls attackierte Spaziergängerin; das Urteil ist nicht rechtskräftig.