Nationalrat
Vorgelegtes Budget für FPÖ "Sünde", für Grüne: "Sorry, unsozial"
Der Haushaltsentwurf von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sieht vor, dass das Defizit heuer von 4,7 auf 4,5 Prozent des BIP sinken soll. Im nächsten Jahr soll es 4,2 Prozent betragen, wie Marterbauer am Dienstag im Nationalrat präsentierte.
Gelingen soll dies einerseits über steuerliche Maßnahmen, aber auch über eine deutliche Reduktion von Förderungen, vor allem im Umweltbereich, und Gebühren-Erhöhungen, etwa für Dokumente wie den Reisepass und die E-Card. Auch Sozial- und Familienleistungen werden nicht mehr valorisiert.
FPÖ-Chef Herbert Kickl ließ naturgemäß kein gutes Haar am Haushaltsentwurf. Er eröffnete die Debatte im Nationalrat mit ordentlich Kritik und ausschweifenden Floskeln. Er sprach von einem "Machwerk mit schwülstigem Titel", bei dem man auf die "Optimismus-Tube" drückte.
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"Koalition der Neuwahl-Flüchtlinge" sei "Problemverursacher"
Die Bundesregierung wolle den Glauben schaffen, dass "alles gut" werde. Das funktioniere aber nicht, denn man sitze auf dem "größte Schuldenhaufen der Geschichte der zweiten Republik". Österreich werde "das dritte Jahr hindurch immer ärmer", zählte er eine der "Sünden" der Regierung auf.
Die "Koalition der Neuwahl-Flüchtlinge", wie er sie nannte, sei nicht "Problemlöser", sondern "Problemverursacher".
Kickl stoße sich vor allem an der "Pensionskürzung". Respektive: Der Einführung der Teilpension, dem Beschäftigungspaket für ältere Arbeitnehmer und einem erschwerten Zugang zur Korridorpension sowie der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen.
Durch jene Sanierungsmaßnahmen werde jenen Geld weggenommen, die "tatsächlich Verantwortung übernommen haben". Den "Völkerwanderern", also Flüchtlingen und Asylsuchenden, gegenüber sei man aber "großzügig". Man bestrafe "hart arbeitende Menschen", weil man ihnen den Zugang zur Pension erschweren würde. "Was ist aus der Sozialdemokratie geworden?", fragte er rhetorisch und in Richtung Marterbauer, der nur den Kopf schüttelte.
Mit der Kürzung der Familienleistungen schädige man zudem den "Kern der Gesellschaft". Außerdem würde Österreich nun in ein EU-Defizitverfahren schlittern. "Das bedeutet, dass Sie nicht schnell sanieren wollen", so Kickl. "Sie können nun besachwalten, weil Sie sich hinter der EU verschanzen können", wandte sich Kickl direkt an Finanzminister Marterbauer.
Der hatte solche Einwände bereits am Dienstag bei seiner Budgetrede vorweggenommen: Es handle sich bei dem anstehenden EU-Defizitverfahren keinesfalls um eine "Besachwaltung der österreichischen Politik", das seien "Falschaussagen".
Der Audi A8 "Edition Beinfreiheit für den langbeinigen Sepp"
Kickl blieb hitzig: Diese Regierung sei zudem die "größte und teuerste Regierung", betonte er mehrmals. Er nannte als Beispiel den viel diskutierten Audi A8 "Edition Beinfreiheit für den langbeinigen Sepp". Staatssekretär für Deregulierung, Sepp Schellhorn, hatte sich die größte Limousine von Audi als Dienstwagen bestellt. Dieser hätte mehr Platz und Beinfreiheit.
ÖVP-Klubobmann August Wöginger bot Kickl Paroli. "Sie fahren selbst die größte Luxuskarosse in der Republik, einen Mercedes S-Klasse. Die FPÖ hätte es außerdem selbst in der Hand gehabt, Kanzler zu werden. Das Budget verteidigte er natürlich.
"Egal, was man macht, egal wer hier steht - euch kann man es nie recht machen", wetterte NEOS-Klubobmann Yannick Shetty in seiner Replik gegen die FPÖ.
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Budget laut Kogler "Sorry, unsozial"
Die "Zuversicht" von Marterbauer goutierte indes Grünen-Chef Werner Kogler, wenngleich er sich zunächst einmal verteidigte. Seitens SPÖ und NEOS waren die Grünen auch als Verursacher der Budgetkrise dargestellt worden. Shetty nannte die Grünen gar: "Mitschüler, die bei jedem Spaß dabei sind, aber keine Verantwortung übernehmen wollen".
Er lasse nicht gelten, dass man den Grünen vorwerfe, außertourliche Maßnahmen gesetzt zu haben. "Sie waren immer im Budgetrahmen", wehrte er sich. Überdies müsse man zur Kenntnis nehmen, dass wir "die wildesten Krisen hatten". Wären die Grünen jetzt in Regierungsverantwortung, müssten "wir auch sparen", meinte er. Auch wenn, das Budget unter den Grünen etwas anders aussehen würde.
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Er verstehe das Aussetzen der Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen. Aber: "Wenn ich schon hineingreife, dann nicht dort, wo jene mit wenig Einkommen, die höchsten Kürzungen haben", meinte er. "Des geht ned. Sorry, unsozial", hielt er fest. Je mehr Kinder man habe und je abgelegener man wohne, desto größer die Kürzungen, gab er sich schockiert.
Zudem würden durch die Maßnahmen Frauen und Mindestpensionist:innen am stärksten getroffen. Man haue auch "umweltschädliche Subventionen" darauf und die Pendlerpauschale werde nicht sozial organisiert. "Das ist unsozial, unökologisch und oben drein wirtschaftsschädlich", bekrittelte der Grünen-Chef.
Die Ex-Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) glaube, Marterbauer, als erster sozialdemokratischer Finanzminister seit langer Zeit, wisse es eigentlich besser. Er habe aber das blau-schwarze Sparpaket übernehmen müssen. Zur Erinnerung: Während der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ wurde ein Sparpaket nach Brüssel geschickt.
Durch jenes Budget müssen "Kinder und Jugendliche die Zeche zahlen", meinte Gewessler. Man nehme Familien das Geld weg, damit "ihre Parteifreunde in Wien weiter durch ein Naturschutzgebiet betonieren können", erwähnt sie den heiß diskutierten Lobau-Tunnel in Wien. Junge Menschen würden kein Gartis-Klimaticket mehr bekommen, damit "die italienischen Frächter durchfahren können". "Das ist das Budget", bekräftige sie.
Bei Familienleistungen sparen, sei "schmerzhaft"
Finanzminister Marterbauer entgegnete, dass man das Budget sehr wohl schnell sanieren wolle. Der Entwurf sei frontloaded, die größten Sanierungsmaßnahmen habe man an den Anfang gestellt, sagte er. "Wenn wir schnell und umfassend sanieren wollen, geht es nur so, dass alle beitragen müssen", so der Finanzminister.
Das Aussetzen der Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen sei eine "schmerzhafte Maßnahme", räumte Marterbauer ein. Dennoch habe man versucht, etwa mit dem verpflichtenden, zweiten Kindergartenjahr, trotzdem Verbesserungen für Familien umzusetzen.
Dass man gerade beim Umweltschutz sparen will, argumentierte der Finanzminister mit "nicht zielgerichteten Förderungen". "Wir haben das Geld nicht mehr", erklärte er. Man wolle daher die Maßnahmen für den Klimaschutz "gescheiter" umsetzen, sagte er in Richtung der Grünen.
Die Bundesregierung sei bemüht, Opposition, Gebietskörperschaften und Sozialpartner in die Entscheidungen einzubeziehen. Er sei zu "jedem Diskurs bereit".
Schellhorn hatte in seiner Rede betont, dass die Bundesregierung mit dem vorgelegten Budget, das "richtige tun würde". "Österreich kann, wenn es will", meint er. Richtung FPÖ sagte er: "Wer jetzt blockiert, ist kein Freund unserer Heimat".
Die Sitzung endete nach eine sechsstündigen Debatte am Nachmittag. Nun wandert der Haushaltsentwurf weiter in den Budgetausschuss. Nach einem Experten-Hearing am 3. Juni werden dann in fünf weiteren Sitzungen die einzelnen Kapitel durchgenommen. Ab 16. Juni diskutieren die Abgeordneten das Budget über drei Tage erneut im Plenum, ehe am 18. Juni der Beschluss erfolgt. Die nächste reguläre Plenarsitzung findet bereits kommende Woche - am 22. Mai - statt.
Zusammenfassung
- Das von Finanzminister Marterbauer präsentierte Doppelbudget 2025/2026 führte im Nationalrat am Mittwoch zu einer hitzigen Debatte.
- FPÖ-Chef Herbert Kickl nannte die Bundesregierung "Problemverursacher". Der "Kern der Gesellschaft" werde geschädigt.
- Grünen-Chef Werner Kogler hatte zu den Sanierungsmaßnahmen ebenso eine klare Meinung: "Sorry, unsozial".