Olaf Scholz (SPD) und Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)

Was kann die Sozialdemokratie in Deutschland, was die SPÖ nicht kann?

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Die Sozialdemokratie ist in Europa auf dem Vormarsch, in Österreich stagniert sie. Warum kann die SPÖ bei den Wählern nicht punkten?

Nach Schweden, Dänemark, Finnland, Spanien und Portugal könnten nun bald auch Norwegen und Deutschland sozialdemokratisch regiert werden. Für die deutsche SPD lief der Wahlsonntag hervorragend. Bei der Bundestagswahl fuhr die Partei wie prognostiziert einen Sieg ein, die Parteimitglieder hörte man am Sonntag vor dem Willi-Brandt-Haus in Berlin bis auf die Straße jubeln.

Zwar stehen jetzt schwierige Koalitionsverhandlungen bevor, doch die erste Hürde, die Union als stimmenstärkste Partei abzulösen, ist genommen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern gewannen die Sozialdemokraten klar, Berlin bekommt nach dem erneuten Wahlerfolg der SPD erstmals eine Bürgermeisterin. 

Sozialdemokratie legt in Europa zu - in Österreich nicht 

Glückwünsche zum Wahlerfolg kamen auch aus Österreich. "Das Ergebnis zeigt, dass langer Atem und lösungsorientierte Sachpolitik belohnt werden", freute sich die österreichische SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Sonntagabend. "In ganz Europa gewinnen sozialdemokratische Parteien zunehmend Wahlen, was zeigt, dass es gerade jetzt mehr denn je eine starke Sozialdemokratie braucht. ... Wir sind davon überzeugt, dass es auch den Weg für Österreich vorzeigt", zeigte sich auch SPÖ Wien-Landesparteisekretärin Barbara Novak optimistisch.

Noch schaut es aber nicht danach aus, in Österreich schwächelt die SPÖ. In Graz rangiert sie mit unter 10 Prozent auf Platz fünf, in Oberösterreich änderte sich nach der Wahl nichts, die SPÖ blieb auf Platz drei und unter der 20-Prozent-Marke. Auch bundesweit ist die Zustimmung für Partei-Chefin Rendi-Wagner klar hinter der von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Noch Mitte September wünschten sich bei der Sonntagsfrage 40 Prozent Kurz als Kanzler, die SPÖ-Chefin würden nur 23 Prozent direkt wählen, wenn das möglich wäre. 

Woran liegt die Schwäche der heimischen SPÖ? 

Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig sieht den Erfolg der Sozialdemokratie in Deutschland am Sonntag dem "Wahlkampf zu sozialdemokratischen Kernthemen" geschuldet, wie er per Aussendung bekanntgab. Mindestlohn, sichere Pensionen und leistbares Wohnen seien die ausschlaggebenden Argumente für die Wähler gewesen. Gerade mit dem Wohn-Thema punktete auch die KPÖ in Graz und fischte im sozialdemokratischen Wähler-Pool. 

Auch Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) verlangte zum 1. Mai, dem höchsten "Feiertag" der SPÖ, auf PULS 24, dass sich die Sozialdemokratie auf ihre traditionellen Werte besinnt und eine "glaubwürdige und fundamentale Alternative zum bestehenden System" darstellt. Man würde nicht gewählt werden, nur weil andere schlechter performen, warnte er schon damals. Der Beweis wurde nun in Oberösterreich (+0,2 Prozent) und Graz (-0,39 Prozent) angetreten. Von der Unzufriedenheit mit dem bestehenden Verhältnissen profitierten andere. 

Babler: SPÖ hat Aufholbedraf bei ideologischen Grundlagen in der Sozialdemokratie

Andreas Babler, SPÖ-Bürgermeister in Traiskirchen, verlangt, dass die Sozialdemokratie sich auf ihre Werte besinnt und Alternativen zum radikalökonomischen Umbau der Regierung und vor allem der ÖVP bietet. Man würde nicht gewählt werden, nur weil andere schlechter performen.

Auf Bundesebene tut sich die SPÖ schwer, traditionelle Kernthemen der Sozialdemokratie zum Thema zu machen. In Erinnerung blieben in den vergangenen Monaten vor allem der Zwist zwischen der Parteichefin und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Der fiel zuletzt wieder mit Aussagen zur Migration auf. "Flüchtlinge, die nach Deutschland wollen, müssen jetzt in Österreich bleiben", alarmierte der SPÖ-Grande auf PULS 24 mit einem Thema, das traditionell stark von ÖVP und FPÖ besetzt sind. Migrationsforscher Gerald Knaus wirft dem Landeshauptmann "reine Panikmache" vor. Von den von Ludwig beschriebenen Kernthemen ist man mit dieser Diskussion weit entfernt. 

Und auch die Abgrenzung zur ÖVP, für alle, die sich eine Alternative zur Kanzler-Partei wünschen, klappt nicht reibungslos. Während Rendi-Wagner eine Koalition mit der "System Kurz" ausschließt, wird ihr in der eigenen Partei widersprochen. Erst Anfang August ließ Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer aufhorchen als er eine Koalition mit der ÖVP unter Bundeskanzler Sebastian Kurz "definitiv nicht ausschließen" wollte. 

Die Wähler tun sich mit den österreichischen Sozialdemokraten offensichtlich schwer, wie die Wahlen vom Sonntag in Österreich bewiesen. 

SPD gewinnt deutsche Bundestagswahl

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  • Die Sozialdemokratie ist in Europa auf dem Vormarsch, in Österreich stagniert sie. Warum kann die SPÖ bei den Wählern nicht punkten?