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Kronzeuge gegen Kurz? Wie es für Thomas Schmid weitergeht

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Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am vergangenen Freitag nicht rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Richter bewertete dabei die Zeugenaussagen von Thomas Schmid als glaubwürdig. Eine wichtige Entwicklung für Schmid: Laut Berichten könnte er vor Zuerkennung des Kronzeugenstatus stehen.

Kurz und sein ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli wurden am Freitag wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss - nicht rechtskräftig - verurteilt. Für Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid ist das Urteil vielversprechend, denn er will Kronzeuge werden.

Dafür darf der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium nicht lügen, sonst verliert er seinen Kronzeugenstatus. Dass der Richter im Kurz-Prozess seine Aussagen nun als glaubwürdig einschätzte, ist daher für Schmid positiv. Denn eine Entscheidung über Schmids Kronzeugenstatus soll bevorstehen.

Aber wer ist eigentlich Thomas Schmid und wie kam es dazu, dass der einst unscheinbare ÖVP-Mann der zweiten Reihe zum prominentesten Belastungszeugen der Republik wurde? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wer ist Thomas Schmid?

Der gebürtige Tiroler kann auf lange ÖVP-Karriere zurückblicken. Er war bereits 2004 Pressereferent beim damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, ab 2007 war er Büroleiter von Wolfgang Schüssel, damals ÖVP-Klubobmann im Nationalrat.

Schließlich begann er für den damaligen ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger zu arbeiten und rückte gemeinsam mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Finanzminister Gernot Blümel auf.

Schmid wurde Kabinettschef im Finanzministerium, ab 2015 war er dort auch Generalsekretär. 2019 wurde er zum Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) bestellt. Sie verwaltet die Beteiligungen der Republik Österreich an börsennotierten Unternehmen.

Wie wird man Kronzeuge?

Um Kronzeuge zu werden, muss eine noch nicht angeklagte Person, gegen die aber ermittelt wird, freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei herantreten und ein "reumütiges Geständnis" ablegen. Zudem muss die Person Wissen "über neue Tatsachen oder Beweismittel" offenbaren, also mehr preisgeben, als den Ermittlern bisher bekannt ist.

Die Justiz muss nach der getätigten Aussage schließlich prüfen, ob sie der Wahrheit entspricht. Deswegen ist es auch für Schmid relevant, dass der Richter im Kurz-Prozess seine Aussagen als glaubwürdig einstufte.

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Welche Vorteile bringt der Kronzeugenstatus?

Ein potenzieller Kronzeuge kann einen Strafnachlass durch den Verzicht eines Strafverfahrens von der Staatsanwaltschaft erhalten. Das ist jedoch keine Garantie dafür, dass nicht noch eine spätere Verfolgung eingeleitet werden könnte, etwa auch in einem zivilrechtlichen Prozess.

Trotz Strafnachlass muss ein Kronzeuge eine sogenannte Diversion ableisten. Das kann etwa die Zahlung eines Geldbetrages, gemeinnützige Leistungen, Probezeit, Probezeit unter Beigabe eines Bewährungshelfers oder Tatausgleich ein.

Was wird Schmid vorgeworfen?

Schmid ist eine zentrale Figur im sogenannten CASAG-Verfahren, in dem alle Ermittlungsstränge zusammengefasst sind, die sich aus dem Ibiza-Video ergeben haben. Chats von Schmids Handy belasteten u.a. Kurz, aber auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) schwer.

Benannt ist das Verfahren nach den Casinos Austria (CASAG), denn die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschäftigt sich u.a. mit der Vergabe des Finanzvorstandspostens der Casinos Austria (CASAG).

Teil des Verfahrens sind auch die Ermittlungen zum sogenannten "Beinschab-Tool" bzw. der ÖVP-Inseratenaffäre. Manipulierte Umfragen sollen gegen Inseratenschaltungen in Fellner-Medien wohlwollend platziert worden sein. Beides dürfte aus dem Budget des Finanzministeriums finanziert worden sein. Schmid soll Einfluss auf Umfrageergebnissen genommen haben.

Die WKStA führt in der Causa CASAG gegen rund 45 Beschuldigte (natürliche Personen und Verbände) Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue, der falschen Beweisaussage, des Missbrauchs der Amtsgewalt, der Bestechlichkeit, der Bestechung und der Verletzung des Amtsgeheimnisses in unterschiedlichen Beteiligungsformen.

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Wie kam es zum CASAG-Verfahren?

  • Mai 2019: Das Ibiza-Video wird veröffentlicht, in dem der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) unter anderem über verdeckte Spenden des Glücksspielkonzerns Novomatic an die FPÖ spricht. In weiterer Folge stellte sich heraus, dass die Novomatic, die Teilhaber an den halbstaatlichen Casinos Austria ist, dem FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo einen Vorstandsposten bei der CASAG verschafft haben soll.
  • November 2019: Nach zahlreichen Hausdurchsuchungen kam es auch bei der staatlichen ÖBAG zu einer Razzia, deren damaliger Chef ist Schmid. Die ÖBAG hält 33,24 Prozent der Anteile an der CASAG und hat daher ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Vorstandspostens. Die WKStA kassiert Schmids Handy ein.
  • Juni 2020: Schmid entschlägt sich im Ibiza-U-Ausschuss weitgehend, als es darum geht, ob er in Postenbesetzungen bei den Casinos Austria oder im Aufsichtsrat der ÖBAG involviert gewesen sei.
  • März 2021: Chats von Schmid gelangen an die Öffentlichkeit. Sie belasten u.a. Kurz schwer, er soll sehr wohl in Aufsichtsratsberufungen bei der ÖBAG involviert gewesen sein - entgegen seiner Aussage im U-Ausschuss.
  • Oktober 2021: Durch Schmids Chats kommt auch die ÖVP-Inseratenaffäre ans Licht. Es kommt zu Hausdurchsuchungen im Kanzleramt und in der ÖVP-Parteizentrale. Die Vorwürfe führen schlussendlich zu Kurz' Rücktritt als Kanzler.
  • Juni 2022: Schmid legt vor der WKStA ein umfassendes Geständnis ab und sucht um den Kronzeugenstatus an. Er wird 15 Mal "ganztägig" vernommen.

Wer entscheidet über Schmids Kronzeugenstatus?

Die WKStA entscheidet über Schmids Kronzeugenstatus, den müsste sie dem Ex-ÖBAG-Chef in einem Vorhabensbericht zuerkennen. Die Letztentscheidung liegt dann bei den Oberbehörden und Justizministerin Alma Zadić (Grüne).

Es soll die Möglichkeit einer Diversion im Raum stehen, die wird nach den Vermögensverhältnissen berechnet. Laut Schmids Anwalt, Roland Kier, sollen diese auch bereits gegenüber der WKStA offen gelegt worden. Wann genau die Entscheidung zu Schmid fällt, ist aber unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Freitag nicht rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
  • Der Richter bewertete dabei die Zeugenaussagen von Thomas Schmid als glaubwürdig.
  • Eine wichtige Entwicklung für Schmid: Laut Berichten könnte er vor Zuerkennung des Kronzeugenstatus stehen.
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Causa Schmid.