Christopherus und BergrettungAPA/BERGRETTUNG SEMMERING

Bergretter: Lieber "Mut zum Umdrehen" statt "Instagramability"

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Selten war die Bergrettung so gefordert wie in diesem Sommer. Auch viele unverletzte Personen mussten aus Notsituationen geborgen werden. Diese oftmals jungen Menschen verirren sich immer häufiger auf Berge, die ihnen zu viel abverlangen. Welche Rolle spielen Instagram und Co. dabei?

In den Bergen das schöne Wetter genießen oder der Hitze entkommen – im Sommer eigentlich eine gute Idee, die heuer aber teils fatale Folgen hatte: Eine 74-jährige Bergsteigerin verunglückte in Tirol tödlich. Gleich drei Bergsteiger:innen kollabierten in der Steiermark aufgrund der Hitze. In Vorarlberg und Salzburg überschätzten sich mehrere Wanderer:innen und konnten nicht mehr weiter. Eine erst 19-jährige Kärntnerin verunglückte bei einer Bergtour im Glocknergebiet.

In allen Fällen musste die Bergrettung ausrücken und kam dabei "an die Ressourcengrenze", sagt Matthias Knaus, Geschäftsführer des Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit, gegenüber PULS 24.

Teils tägliche Einsätze

Der Juli sei "die einsatzstärkste Zeit" seit Bestehen der österreichischen Bergrettung gewesen. In einigen "Hotspots", wie etwa rund um die Rax oder den Traunstein, gab es mehrmals täglich Einsätze, berichtet auch der Geschäftsführer des Österreichischen Bergrettungsdienstes, Martin Gurdet, im PULS 24 Gespräch.

Für die rund 13.000 freiwilligen Bergretter:innen sei das "eine wirkliche Herausforderung".

Immer mehr Einsätze wegen Unverletzten

Besonders die Zunahme der eigentlich Unverletzten, die geborgen werden müssen, belastet die alpine Rettung. Dazu zählen Menschen, die sich verirrt oder verstiegen haben und deswegen geborgen werden müssen. Verletzt sind sie aber nicht.

Die meisten Einsätze dieser Art verbucht die Bergrettung bei Personen im Alter von 21 und 30 Jahren. "Die Jungen verletzen sich weniger, aber scheinbar hapert's da an der Tourenvorbereitung", stellt Gurdet fest.

Instagram-Posts als Vorbild?

Gurdet vermutet, dass die fehlende Tourenvorbereitung auch durch die sozialen Netzwerke befeuert wird: "Es wird gepostet, man zeigt, wo man ist, wo man war und das regt Leute an, das nachzumachen."

Ähnlich sieht das auch Knaus: "Der Plan, auf einen 3.000er zu gehen, der wird nicht lange geschmiedet", stattdessen gehe es wohl eher um die "Instagramability". Ob die ausgewählte Wanderung dann den eigenen Fähigkeiten entspreche, sei dann nur mehr nebensächlich. Das zeige sich auch, weil im Vergleich zu früher heutzutage deutlich mehr unerfahrene Menschen in den Bergen unterwegs seien, so Knaus.

Mut zum Umdrehen

Um kostenpflichtige Bergrettungen – wer keine Bergkostenversicherung hat, zahlt für einen Einsatz mindestens 300 Euro pro Stunde - zu vermeiden, sei daher eine ausgiebige Vorbereitung wichtig. Auch ein Plan B sei zu empfehlen, denn am Berg habe man oft "keinen doppelten Boden", betont Knaus. "Wenn da was schiefgeht, das wirkt sich dann oft sehr, sehr schnell negativ aus."

Am wichtigsten sei jedoch der Mut zum Umdrehen. "Das sehen ganz viele als ganz schlimme Niederlage oder eigentlich negativ. Dabei ist das etwas vom Tollsten in unseren Augen, was man noch selbst entscheiden kann", appelliert Knaus an Bergsteiger:innen.

Bevor man also mit nicht vorhandener Kraft den Gipfelsturm doch noch wagt, solle man lieber zurück ins Gasthaus, empfiehlt Knaus. Sonst würden sich oftmals gefährliche Situationen ergeben, aus denen man dann nicht mehr zurück könne - selbst, wenn man wollte.

ribbon Zusammenfassung
  • Kaum war die Bergrettung so gefordert wie in diesem Sommer.
  • Besonders unverletzte Personen mussten aus Notsituationen geborgen werden.
  • Diese oftmals jungen Menschen verirren sich immer häufiger auf Berge, die ihnen zu viel abverlangen.
  • Die meisten Einsätze dieser Art verbucht die Bergrettung bei Personen im Alter von 21 und 30 Jahren.
  • Schuld daran dürfte eine mangelnde Tourenvorbereitung sein.