Todes-Drama am K2: Statt Träger zu helfen, stürmten alle nur zum Gipfel

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Ende Juli machten sich Hunderte von Bergsteigern auf den Weg, um den K2, den höchsten Berg im Karakorum-Gebirge, zu besteigen. Während sie den Gipfel anstürmten, kämpfte ein pakistanischer Hochträger um sein Leben. Er verstarb, weil niemand ihm nach einem Absturz geholfen hat, so Berichte.

Am 27. Juli waren rund 200 Bergsteiger:innen auf dem Weg zum Gipfel des 8.611 Meter hohen K2. Mindestens zwei Lawinen sollen während des Aufstiegs zur Schlüsselstelle "Flaschenhals" abgegangen sein.

Um 2.30 Uhr nachts stürzte der pakistanische Hochträger Mohammad Hassan dort mehrere Meter senkrecht in die Tiefe. Der 27-Jährige blieb kopfüber mit nackten Beinen in einem Fixseil hängen, das er zuvor noch mit seinen Kollegen installiert hatte, berichtete der Kameramann Philip Flämig dem "Standard". Er filmte für ServusTV die Besteigung mit einer Drohne.

45 Minuten im Seil

Nach Hassans Absturz sei lediglich ein neues Seil befestigt worden, damit die Leute weitergehen konnten. Darunter hing Hassan weiterhin fest. Laut Flämig habe es noch etwa 45 Minuten gedauert, bis Hassan überhaupt hochgezogen wurde. Währenddessen stiegen "etwa 50 Leute" an ihm vorbei, so Flämig. Auf den Drohnenaufnahmen sei auch zu sehen, wie eine Person Hassan kurz nach Sonnenaufgang massiert, offenbar um ihn bei Bewusstsein zu halten. 

Vor Ort habe niemand eine Diagnose stellen können, dass Hassan nicht mehr geholfen werden könne, kritisiert Flämig. Sherpas oder Bergführer hätten keine organisierte Rettungsaktion unternommen. "Zum Teil gehen die Aussagen so weit, dass die Leute, die vom Gipfel zurückkamen, immer noch eine lebende Person angetroffen haben."

Rekordjagd statt Rettung

Der Tiroler Hotelier und Bergsteiger Wilhelm Steindl war am Unglückstag ebenfalls vor Ort. Er drehte wegen widriger Bedingungen jedoch bereits vor dem Gipfel um. "Es hätte nur drei, vier Leute gebraucht, ihn runterzubringen", sagte er dem "Standard". Stattdessen sei Hassan "elendig verreckt".

Steindl kritisierte, dass der Gipfelsturm für die meisten scheinbar Vorrang hatte. Auch die Norwegerin Kristin Harila vollendete an diesem Tag ihre Rekordjagd auf alle 14 Achttausender.

"Was da passiert ist, ist eine Schande. Da wird ein lebender Mensch liegengelassen, damit Rekorde erzielt werden können", so Steindl.

Hilfe für Hinterbliebenen

Die unterlassene Hilfeleistung führt Flämig auch auf den Konflikt zwischen pakistanischen Hochträgern und nepalesischen Sherpas zurück. Die Sherpas würden sich von pakistanischen Hochträgern nicht ihre Kund:innen wegschnappen lassen. 

Laut Flämig sei Hassan "erstmals als Basislagerträger zum Hochträger auserkoren" worden. Dafür sei der 27-Jährige aber weder qualifiziert noch richtig ausgestattet gewesen. Seine Arbeitgeber sollen sich geweigert haben, Hassans Familie sein Gehalt auszuzahlen, da seine Arbeit nicht vollendet gewesen sei, berichteten Steindl und Flämig. Sie suchten nach Hassans Absturz seine Familie auf und übergaben seiner an Diabetes erkrankten Frau und ihren drei Kindern 2.500 Dollar. 

Im Basislager fand hingegen eine Feier statt, weil die Norwegerin Harila den Weltrekord geknackt hatte, erzählte Steindl. "Ich bin nicht hingegangen, es hat mich angewidert."

ribbon Zusammenfassung
  • Ende Juli machten sich Hunderte von Bergsteigern auf den Weg, um den K2, den höchsten Berg im Karakorum, zu besteigen.
  • Während sie den Gipfel anstürmten, kämpfte ein pakistanischer Hochträger um sein Leben.
  • Er verstarb, weil niemand ihm nach einem Absturz geholfen habe, so Berichte.

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