APA/APA/dpa/Hendrik Schmidt

Lebensmittel: Nach dem Rabatt kommt die Preiserhöhung

0

In wenigen Stunden zusammengebastelt, was von der Politik als monatelanges, schwieriges Projekt angekündigt wurde: Preisvergleichs-Seiten für Lebensmittel. Die Betreiber erkennen "Rabatt-Schmähs" und auch die Bundeswettbewerbsbehörde interessiert sich jetzt für ihre Arbeit.

Die Lebensmittelpreise wurden im Laufe des Frühlings zum Politikum. Den Lebensmittelriesen wird "Gierflation" vorgeworfen. Sozialminister Johannes Rauch (Die Grünen) schickte sogar einen Freund in Deutschland in den Supermarkt, um zu zeigen, dass dort alles viel billiger ist. 

Auch ein Lebensmittelgipfel wurde abgehalten, brachte aber "eigentlich gar nichts", wie ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian damals kritisierte. Wirtschaftsminister Kocher kündigte in der Folge eine "Preisdatenbank" bis zum Herbst an, weil das "nicht ganz so einfach ist"

"Kein großer Aufwand"

Der Grazer Softwareentwickler Mario Zechner wollte darauf nicht warten und baute in "zwei Stunden" einen ersten Prototyp. Seit Mitte Mai ist viel passiert und heisse-preise.io bietet mittlerweile deutlich mehr Funktionen und hat mehr Händler im Angebot. 

Für einen Softwareentwickler sei ein Preisportal "kein großer Aufwand", sagte Zechner am Donnerstag bei "Ö1". Seither sind einige weitere Preisvergleichs-Portale als private Projekte entstanden, etwa teuerungsportal.at, preisrunter.at oder preismonitor.at

Eigenmarken kosten bei Spar und Rewe gleich viel

Die Projekte zeigen immer mehr Muster in der Preisgestaltung der Supermärkte auf: So kosten etwa unzählige Produkte der Diskont-Eigenmarken S-Budget und Clever auf den Cent gleich viel.

Bei Rewe und Spar wehrt man sich gegen diese Vorwürfe: Spar-Sprecherin Nicole Bergmann meinte dazu: "Bei ähnlichen Produkten sind die Preise ähnlich" und Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher meinte bei "Ö1", man orientiere sich "am Günstigsten am Markt. Hier aber ein Muster zu erkennen, halte ich für nicht realistisch". 

Nach der Aktion kommt die Preiserhöhung

Außerdem nutzen die Lebensmittelhändler offensichtlich Aktionen und Rabatte, um im Anschluss die regulären Preise anzuheben. Das zeigte etwa Bernhard Ruckenstuhl, der Betreiber von teuerungsportal.at, auf Twitter auf: 

"Das ist eine ganz komische Beobachtung, die definitiv falsch ist", sagte Spar-Sprecherin Bergmann dazu. Rewe weicht darauf aus, dass man noch immer in "Zeiten der Teuerung" sei und deshalb auch mal Preise an Kund:innen weitergeben müsse. 

Grundsätzlich kehre ein Produkt nach einer Aktion wieder auf das "Normalniveau" zurück, "das können wir so nicht nachvollziehen", meinte der Rewe-Sprecher.

"Eindeutig nachweisbar"

Ruckenstuhl zeigte sich im Gespräch mit PULS 24 von diesen Aussagen "schockiert". Da man die Schnittstellen der Online-Shops nutzt, arbeitet man mit "Echtdaten von den Shops, wir interpretieren da nichts rein".

Mit den bisher gesammelten Daten sei diese Preisgestaltung rund um Rabattaktionen "eindeutig nachweisbar", so der Betreiber von Teuerungsportal.at. Er fügt jedoch hinzu, dass diese Preispolitik vor allem von Billa betrieben werde, das sei bei Spar "bei weitem nicht so schlimm". 

Preiserhöhungen nach Rabattaktionen sind kein kurzzeitiges Phänomen, wie Zechner auf Twitter zeigte:

Bundeswettbewerbsbehörde fragt bei privaten Plattformen nach

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ist nun per E-Mail an die Preisvergleicher herangetreten und will wohl nachfragen, wie die Arbeit so läuft.

"Wir interessieren uns jetzt sehr dafür, wie kommen sie zu ihren Preisen, wie stellen sie Preisänderungen fest, wie rasch erfolgt diese Information über ihre Webseite, gibt es da Probleme, diese Preise schnell und einfach gegenüber dem Konsumenten gegenüber darzustellen", sagte Natalie Harsdorf-Borsch, die interimistische Generaldirektorin der BWB, gegenüber "Ö1". 

Das hat "wirklich nach Interesse geklungen"

Davon zeigte sich Ruckenstuhl "positiv überrascht". Für ihn habe das "das erste Mal wirklich nach Interesse geklungen". So habe man sich auch dafür interessiert, wie die Händler ihre Daten besser zur Verfügung stellen könnten und ob den Vergleichsseiten von den Handelsriesen Steine in den Weg gelegt wurden. 

Auch bei preismonitor.at zeigt man sich erfreut: "Wir freuen uns über das Interesse von der BWB zum Thema Preistransparenz sowie zur generellen Lage in der Lebensmittelbranche und unterstützen gerne wie auch immer wir können", heißt es gegenüber PULS 24. 

Vielleicht schafft es die öffentliche Hand so, dank einiger Softwareentwickler mit ambitionierten Projekten, die teilweise als Hobby umgesetzt wurden, für mehr Preistransparenz im Handel zu sorgen. Auch wenn Wirtschaftsminister Kocher der Ansicht ist, dass "das nicht so einfach ist". 

ribbon Zusammenfassung
  • In wenigen Stunden zusammengebastelt, was von der Politik als monatelanges, schwieriges Projekt angekündigt wurde: Preisvergleichs-Seiten für Lebensmittel.
  • Die Betreiber erkennen "Rabatt-Schmähs" und auch die Bundeswettbewerbsbehörde interessiert sich jetzt für ihre Arbeit.
  • In der Preisgestaltung zeigen sich nun aber immer mehr Muster. So kosten etwa unzählige Produkte der Diskont-Eigenmarken S-Budget und Clever auf den Cent gleich viel.
  • Außerdem nutzen die Lebensmittelhändler offensichtlich Aktionen und Rabatte, um im Anschluss die regulären Preise anzuheben.
  • Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ist nun per E-Mail an die Preisvergleicher herangetreten und will wohl nachfragen, wie die Arbeit so läuft.
  • Davon zeigt sich Ruckenstuhl "positiv überrascht". Für ihn habe das "das erste Mal wirklich nach Interesse geklungen".