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Brief an die Kommission

"Österreich-Aufschlag": Hattmannsdorfer will EU-Verbot

Heute, 06:45 · Lesedauer 3 min

Der "Österreich-Aufschlag": Gleiches Produkt wie in Deutschland, aber in Österreich mit deutlich höherem Preis. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wendet sich mit einem Brief an die EU-Kommission – dabei blockte Österreich erst vor Wochen in der EU das Thema selbst ab.

In sozialen Medien finden sich immer wieder Beispiele, von vielen Menschen in Grenznähe ist zu hören, dass sie ihre großen Einkäufe immer häufiger in Deutschland machen. Das kann sich durchaus rechnen. Bei beliebten Markenprodukten, von Lebensmitteln hin zu Hygieneprodukten, sind die Preisunterschiede teilweise eklatant. 

In der Debatte hat sich dafür zuletzt der "Österreich-Aufschlag" etabliert. Dahinter steckt das Phänomen der territorialen Lieferbeschränkungen (Territorial Supply Constraints, TSC). Das sind von großen Herstellern auferlegte Handelsbeschränkungen. 

Diese machen es Groß- und Einzelhändlern sehr schwer oder unmöglich, Produkte in einem Mitgliedsstaat zu kaufen und in einem anderen weiterzuverkaufen. Dies führt besonders in kleineren EU-Mitgliedstaaten im Supermarktregal zu Preisaufschlägen gegenüber größeren Nachbarstaaten wie Deutschland. Laut Zahlen der EU-Kommission entgehen europäischen Verbrauchern dadurch jährlich Ersparnisse von 14 Milliarden Euro.

Video: Teure Lebensmittel - Keiner will schuld sein

Brief nach Brüssel

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) und die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf, fordern nun von der EU-Kommission, schneller dagegen vorzugehen. Noch heuer solle die Brüsseler Behörde einen Gesetzesvorschlag vorlegen, um unberechtigte Beschränkungen zu verbieten, heißt es im Schreiben.

Der Brief ist auf den 9. August datiert. Er geht an EU-Kommissarin Teresa Ribera, in deren Zuständigkeit als Vize-Präsidentin und de facto Nummer zwei der EU-Kommission die Wettbewerbsagenden fallen.

Hattmannsdorfer und Harsdorf begrüßen in ihrem Brief, dass die EU-Kommission in ihrer im Mai vorgestellten Binnenmarktstrategie Maßnahmen gegen territoriale Lieferbeschränkungen angekündigt hat. Sie bedauern aber, dass in der finalen Version der Strategie nicht mehr die Rede von einem Gesetzesvorschlag ist. 

Die EU-Behörde will nurmehr bis Ende 2026 "Instrumente zur Bekämpfung ungerechtfertigter territorialer Lieferbeschränkungen" erarbeiten, um jene Praktiken zu erfassen, "die über die vom Wettbewerbsrecht erfassten hinausgehen".

Jetzt doch? Österreich soll noch gebremst haben

Der Brief und die Forderung an die EU überraschen angesichts einer Recherche von "Standard" und ORF. Demnach soll gerade Österreich noch vor Wochen abgeblockt haben. Während die Arbeiterkammer (AK) eine Abschaffung der Handelsbarrieren schon lange fordert und sogar Österreichs Supermarktriesen in Brüssel dafür lobbyierten, wurde das Binnenmarktpaket im letzten Moment entschärft. Davon profitieren vor allem die großen Lebensmittelkonzerne. 

Ein Protokoll der entscheidenden Sitzung in der EU-Ratsgruppe zeigt: Österreich stand bei den Verschärfungen auf der Bremse, entgegen der Linie von anderen kleinen EU-Ländern wie Belgien oder Kroatien. Neue Regulierungsmaßnahmen seien "nicht zielführend", zitiert der "Standard" aus dem Dokument. Ein Hattmannsdorfer-Sprecher bestätigte der APA diese Sitzung, relativierte damit, dass man dabei eher darauf gepocht habe, bisherige Möglichkeiten tatsächlich auszuschöpfen. Der jetzige Brief nach Brüssel verdeutliche jedenfalls jenen Standpunkt, der herrsche.

Vieles deutet auf ein Gezerre hinter den Kulissen hin. Händler auf der einen Seite, Produzenten und Konzerne mit enormer Marktmacht auf der anderen. Dazwischen drin zahlen die Konsument:innen den (Auf)preis. Ob das Haargel oder die Sonnencreme in Österreich bald gleich teuer ist wie in Deutschland? Unwahrscheinlich. 

Zusammenfassung
  • Der "Österreich-Aufschlag": Gleiches Produkt wie in Deutschland, aber in Österreich mit deutlich höherem Preis.
  • Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wendet sich mit einem Brief an die EU-Kommission – dabei blockte Österreich erst vor Wochen in der EU das Thema selbst ab.