APA/GEORG HOCHMUTH

"Kein Modell im Kopf"

Lebensmittelpreise: Marterbauer will eingreifen, weiß nicht wie

Heute, 12:11 · Lesedauer 4 min

Nachdem er am Montag mit Überlegungen, die Inflation über staatliche Eingriffe bei Lebensmittelpreisen einzudämmen, aufhorchen ließ, ist SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer am Dienstag nicht wesentlich konkreter geworden. Er habe "kein Modell im Kopf", sagte er im Ö1-Mittagsjournal. Der Koalitionspartner NEOS reagierte ablehnend, die ÖVP schloss ein Eingreifen zumindest nicht aus.

Ausgeschlossen hat Marterbauer, die Lebensmittelpreise über eine Mehrwertsteuersenkung zu drücken - das gebe die aktuelle Budgetlage nicht her. Am Montag hatte er im Interview mit den "Salzburger Nachrichten" Preiseingriffe als "zentral in einer Teuerungskrise" bezeichnet. Konkret nannte er Spanien als Vorbild.

Auch im Ö1-Interview meinte Marterbauer, er wolle sich internationale Beispiele ansehen. Mit Blick auf die Koalitionspartner ÖVP und NEOS zeigte er sich zuversichtlich, dass man eine Lösung finden werde. Seine Verantwortung als Finanzminister sei, auf die Gefahr der anziehenden Inflation hinzuweisen.

ÖVP zurückhaltend, NEOS kritisch

Vom größten Koalitionspartner ÖVP kam immerhin kein direktes Nein. "Wenn es aufgrund der aktuellen weltpolitischen Bedrohungslage zu stark ansteigenden Preisen kommt, treffen wir Gegenmaßnahmen", zitiert das ORF-Radio ein Statement aus der Parteizentrale. "Hohe Inflationsraten, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen, belasten die Menschen und die Wirtschaft und werden nicht akzeptiert."

Wenig Freude haben die NEOS mit dem Vorschlag des Finanzministers. "Der wichtigste Eingriff der Politik in den Markt ist hier aus unserer Sicht, endlich für mehr Wettbewerb und Transparenz zu sorgen und den Reformmotor in den nächsten Gang zu schalten", heißt es in einem Statement gegenüber der APA. "Staatliche Brotpreise werden dieses Problem nicht lösen können."

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz freute sich darüber, dass Marterbauer eine "langjährige freiheitliche Forderung" aufgreift. Ihm sei wichtig, dass "ein Eingriff in den Markt grundsätzlich eine Ausnahme bleiben muss." Es sei allerdings zum Schutz der Bevölkerung aber ein "taugliches Mittel". 

Da aber noch kein konkreter Vorschlag des Finanzministers auf dem Tisch liegt, könne man diesen auch nicht beurteilen, so Schnedlitz: "Wenn er sinnvoll ist, werden wir uns einbringen." Wie so oft stecke aber der "Teufel im Detail".

Video: Teure Lebensmittel: Kaffee wird zum Luxusgut

Die Inflation lässt die Preise für Lebensmittel weiter nach oben gehen. Ein Preistreiber in den letzten Jahren war der Kaffee: Hat eine Packung Kaffeepulver vor zehn Jahren noch rund 6 Euro gekostet, sind es heute schon fast 11 Euro.

Handelsvertretungen dagegen

Im Lebensmittelhandel stößt die Idee, die andere EU-Länder in der Inflationskrise umsetzten, auf Ablehnung. "Wer die Teuerung bekämpfen will, muss bei den Wurzeln ansetzen - und die liegen nicht im Supermarktregal", ließ Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) per Aussendung wissen. 

Er verwies auf Preissteigerungen "in der Landwirtschaft, der Verarbeitung, der Logistik sowie auf den internationalen Rohstoffmärkten". Zudem würden staatliche Vorgaben und höhere Löhne die Kosten für die Supermärkte in die Höhe treiben, was sich wiederum in den Preisen spiegle.

Auch der Handelsverband sprach sich am Dienstag "vehement" gegen staatliche Preiseingriffe aus. Die Umweltschutzorganisation WWF forderte hingegen Maßnahmen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln, um gegen die Teuerung vorzugehen.

Unterstützung aus eigenen Reihen

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian fordert eine "schlagkräftige Anti-Teuerungskommission. (...) Das würde den Staatshaushalt nicht belasten, wäre aber ein wirksames Mittel, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen, die wir alle leider alltäglich beobachten müssen, zu verhindern", so der Gewerkschaftschef am Dienstag via Aussendung. 

SPÖ-Niederösterreich-Chef Sven Hergovich begrüßte den "Vorstoß" des Finanzministers ebenso in einer Stellungnahme. "Lebensmittel dürfen kein Luxus sein", monierte Hergovich.

Marterbauer hatte im Interview mit der Zeitung "Salzburger Nachrichten" ("SN") auf "stark gestiegene" Nahrungsmittelpreise verwiesen. "Die unteren Einkommensgruppen geben die Hälfte für Wohnen, Haushaltsenergie und Nahrungsmittel aus. Da dürfen die Preise nicht in diesem Ausmaß steigen, sonst müssen wir überlegen, wie wir eingreifen", wird der Minister von der Zeitung zitiert. 

Mit den Koalitionspartnern wolle er "gemeinsam diskutieren und schauen, wie wir zu Lösungen kommen", die alle drei vertreten könnten.

Zusammenfassung
  • Nachdem er am Montag mit Überlegungen, die Inflation über staatliche Eingriffe bei Lebensmittelpreisen einzudämmen, aufhorchen ließ, ist SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer am Dienstag nicht wesentlich konkreter geworden.
  • Er habe "kein Modell im Kopf", sagte er im Ö1-Mittagsjournal.
  • Der Koalitionspartner NEOS reagierte ablehnend, die ÖVP schloss ein Eingreifen zumindest nicht aus.
  • Überraschend positiv reagierte die FPÖ.