"Mission Klassenerhalt": Roger Bader und Thomas Raffl im WM-Interview

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Am Samstag startet Österreich mit dem Spiel gegen Schweden in die Eishockey-A-WM in Finnland. Teamchef Roger Bader und Kapitän Thomas Raffl blicken im exklusiven PULS 24-Interview noch einmal auf die Vorbereitung zurück und verraten, worauf es für das ÖEHV-Team ankommen wird.

Seit knapp einem Monat bereitet sich das österreichische Eishockey-Nationalteam auf das große Saisonhighlight vor: "Dank" des Turnier-Ausschlusses von Russland und Belarus rückte das Team in die A-Gruppe auf und darf sich erstmals seit 2019 wieder mit den 15 besten Eishockey-Nationen der Welt messen. 

Die Ergebnisse in der Vorbereitung können sich sehen lassen. Gegen die Top-Nationen Deutschland (1:3), Tschechien (1:4, 1:4, 1:5), Schweden (0:1) und Finnland (2:4) überzeugte das Team von Roger Bader spielerisch und kassierte durchwegs knappe Niederlagen. Gegen Italien (5:0, 1:2) und Polen (1:0, 4:1) gelangen drei Siege in vier Spielen. Im PULS 24-Doppelinterview blicken Bader und Kapitän Thomas Raffl optimistisch in Richtung Weltmeisterschaft. 

PULS 24: Wie zufrieden seid ihr mit der Vorbereitung und wie gerüstet geht man ins Turnier? 

Roger Bader: "Ich mache mir gar keine Gedanken, wen wir geschlagen haben und wen wir nicht geschlagen haben. Wenn es mir um meine persönliche Bilanz gehen würde, würden wir nur gegen Südkorea spielen. Das hätte aber keinen Sinn, da wir das Niveau erreichen wollen, welches bei einer A-WM gefordert ist. Darum war es für uns wichtig möglichst viele Spiele gegen gute Gegner zu spielen. Das ist uns gelungen. Wir konnten profitieren, lernen und adaptieren. Die ganzen fünf Wochen Vorbereitung waren sehr gut und sind so umgesetzt worden, wie ich mir das vorgestellt habe. Jetzt sind wir bereit."

PULS 24: Kurzfristig hat eine Lebensmittelvergiftung das Team außer Gefecht gesetzt. Wie geht es den Betroffenen bzw. wie sehr hat das in der Planung eine Rolle gespielt? 

Thomas Raffl: "Natürlich werden immer Sachen passieren, die man nicht beeinflussen kann. Diejenigen, die es hatten, haben sich gottseidank schnell erholt und es hat nur einen kleinen Teil des Teams erwischt. Es war natürlich schwierig für die Jungs und raubt Kräfte, aber jetzt sind wir alle wieder auf dem Niveau, auf dem wir sein wollen und sind zu Turnierstart bereit."

PULS 24: Apropos Nebengeräusche: Wie sehr beschäftigt euch der Ausschluss Russlands und Belarus? 

Raffl: "Wir sind hochgezogen worden und wir haben jetzt die Chance an einer A-WM teilzunehmen. Die Gründe sind natürlich bedauerlich aber für uns als Athleten macht das keinen Unterschied. Wir sind jetzt hier, um unseren Job zu machen und wir sind auch froh darüber."

Bader: "Im Team und rundherum ist das überhaupt kein Thema. Hier fokussieren sich alle voll auf den Sport. Es ist schlichtweg kein Thema." 

PULS 24: Roger, wie schätzt du die Situation ein, dass zwölf von 25 Spielern im Kader ihr Debüt bei einer A-WM geben? 

Bader: "Das ist natürlich auch dem Fakt geschuldet, dass wir zwei Jahre keine Weltmeisterschaft gespielt haben. Das muss man mitberücksichtigen. Es hat einen Generationswechsel gegeben. Ich finde, wir haben eine extrem spannende Mannschaft mit herausragenden routinierten Spielern, wie zum Beispiel Thomas Raffl. Gemischt mit einer jungen Truppe mit hungrigen Spielern, die sich auf die Weltmeisterschaft wie auf den Weihnachtsmann freuen. Das zeigt, dass wir im österreichischen Eishockey in der Breite gewachsen sind."

PULS 24: Simeon Schwinger und Gerd Kragl wurden kurzfristig aus dem 25-Mann-Kader gestrichen. Wie schwierig war die Entscheidung und wie wurde diese von den Spielern aufgenommen? 

Bader: "Die Entscheidung ist immer schwierig. Das ist nicht der angenehmste Teil meines Jobs aber es gehört dazu. Es bringt in diesem Moment nichts groß zu argumentieren, da es ja keine klaren Fakten gibt. Es war keine Entscheidung gegen die Spieler, sondern für jemand anderen. Selbstverständlich sind die Beiden enttäuscht. Ich müsste mir eher Sorgen machen, wenn ein Spieler nicht enttäuscht wäre. Schwinger und Kragl sind noch jung, haben viel gelernt und werden es als Motivation nehmen, um noch härter zu arbeiten. Ich bin überzeugt, dass beide die Qualitäten haben, es einmal zu schaffen bei einer Weltmeisterschaft für Österreich dabei zu sein."

APA/APA/dpa/Philipp von Ditfurth

Roger Bader beim abschließenden Länderspiel seines Teams gegen Deutschland in Schwenningen. 

PULS 24: Thomas, es stehen, mit dir, neun Spieler von Meister Red Bull Salzburg im WM-Kader. Wie sehr kann das Nationalteam von dieser "Red Bull Connection" profitieren? 

Raffl: "Das spiegelt einfach das Bild wider, dass wir heuer eine sehr gute Mannschaft mit sehr guten österreichischen Spielern gehabt haben. Natürlich hilft das auch dem Nationalteam. Wir sind eingespielt, kennen uns sehr gut und das vereinfacht die Kommunikation und das Spiel am Eis. 

PULS 24: Durch den Meistertitel sind die Salzburger später als andere Spieler zum Team gestoßen. Wie viel Kraft ist nach einer langen Liga-Saison noch im Tank und wie schwierig war es in der Planung anfangs auf die Spieler aus Salzburg verzichten zu müssen? 

Raffl: "Im Endeffekt haben wir es im Finale schnell erledigen können. Die Vorbereitung war von der Länge her sehr gut für uns. Energiemäßig sind wir noch immer voll da und sind bereit unsere Leistung voll abzurufen."

Bader: "Es ist eigentlich anders, als in den Jahren zuvor. Die Finalisten sind früher zum Team gestoßen, als in den Vorjahren. Die Tatsachen, dass die Liga früher gestartet ist und Salzburg in den Playoffs dreimal mit 4:0 gewonnen hat, haben geholfen. Das war ein Vorteil, dass die Spieler heuer bereits in Innsbruck (Anm.: Testspiele gegen Italien) einsteigen konnten. 

Nach dem Meistertitel mit Salzburg ging es für Raffl und Co. sofort ins Team-Camp. 

PULS 24: Das Torhüter-Gespann besteht aus zwei Vienna Capitals-Goalies, Bernhard Starkbaum und David Kickert. Dazu noch David Madlener. Kann man schon verraten, wer als Nummer eins in das Turnier gehen wird? 

Bader: "Nein. Wir wissen es selbst noch nicht. Ich denke auch nicht, dass wir eine Nummer eins haben werden. Wir haben drei gute Torhüter und wir werden am Abend vor dem ersten Spiel benennen, wer das erste Spiel machen wird und dann schauen wir von Partie zu Partie."

Bernhard Starkbau, David Madlener und David Kickert bilden Österreichs Torhüter-Gespann in Finnland. 

PULS 24: Wie schätzt ihr den Spielplan ein? Ist es ein Vor- oder Nachteil, dass das vermeintliche Entscheidungsspiel um den Klassenerhalt gegen Großbritannien erst am Ende steigt? 

Raffl: "Nachteil, Vorteil. Es ist eine Weltmeisterschaft. Es ist sicherlich ein Vorteil, dass wir vor dem Großbritannien-Spiel einen Tag spielfrei haben. Wir wollen einfach kleine Schritte nach vorne machen. Wir müssen in jedes Spiel mit einer positiven Einstellung gehen."

Bader: "Sich über den Spielplan Gedanken zu machen, bringt überhaupt gar nichts. Als Coach muss man sich über Dinge Gedanken machen, die man beeinflussen kann. Wir müssen es nehmen, wie es ist und das machen wir auch."

PULS 24: Was man beeinflussen kann, ist das Programm abseits des Eis. Sieben Spiele in zehn Tagen. Was ist an Regenerationsprogramm geplant, um die Mannschaft bei Laune und in Schuss zu halten? 

Bader: "Das gehört zum Job eines Head Coaches und seines Staffs dazu. Wir haben unsere Vorstellung, die wir der Mannschaft kommuniziert haben. Auf der anderen Seite ist bei einer Weltmeisterschaft die rollende Planung sehr wichtig. Das machen wir professionell."

PULS 24: In Tampere spielt man in der 2021 eröffneten Nokia Arena, die ein Fassungsvermögen von 13.455 Zuschauern hat. Noch dazu geht es unter anderem gegen Gastgeber Finnland. Kann man solche Highlight-Spiele auch ein wenig genießen? 

Raffl: "Natürlich kann man das genießen. Wie oft bekommt man die Chance an einer A-WM teilzunehmen? Als Eishockeyspieler hat man ständig das Bedürfnis besser zu werden und jetzt hat man die Gelegenheit sich mit den Besten zu messen. Speziell für unsere Mannschaft mit vielen jungen, hungrigen Spielern ist das interessant. Das wird uns weiterhelfen. Wir müssen kompakt als Team auftreten und über das Turnier weiterwachsen."

Bader: "Es ist natürlich immer schön vor vielen Zuschauern zu spielen. Die Erfahrung haben wir schon in der Vorbereitung gemacht. Das hat die Mannschaft euphorisiert und motiviert für die kommenden Spiele."

PULS 24: Mit Marco Kasper stand diese Saison ein Österreicher sehr im Fokus, der auch beim NHL Draft hoch gehandelt wird. Wie geht er mit dem Hype um seine Person um? 

Bader: "Er macht das sehr cool, weil wir intern keinen Hype um ihn machen. Er ist integriert in die Mannschaft, wie jeder andere auch. Wir haben eine sehr gute Truppe, wo um niemanden einen Hype gemacht wird. Das lassen wir gar nicht zu. Marco ist extrem auf dem Boden geblieben und will sich auf seine Leistung fokussieren. Hoffentlich gibt es nach der Weltmeisterschaft einen Hype, weil die Mannschaft gut performt hat - mit einem guten Marco Kasper. 

PULS 24: Was muss passieren, damit die Mission Klassenerhalt am Ende erfolgreich ist? 

Bader: Die Spiele, die wir gewinnen in denen sollten wir ein Tor mehr schießen als der Gegner (lacht). Kurzer Schmäh. Wir fokussieren uns im Moment nicht auf das Großbritannien-Spiel. Wir wollen in jedem Spiel den Weg zum Sieg finden. Wir haben die Mannschaft und die Mittel dazu, dass wir den Klassenerhalt schaffen können. Das ist unsere Mission und wir wollen zeigen, dass wir zurecht in der A-Gruppe sind. Wir wollen uns etablieren und ich bin guter Dinge, dass uns das gelingen wird. 

PULS 24: Wer wird Weltmeister? 

Raffl: "Finnland."

Bader: "Kanada."

PULS 24: Auf welchem Gruppenplatz landet Österreich? 

Bader: "Zwischen Platz vier und sechs."

Raffl: "Das würde ich auch sagen."

PULS 24: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die WM. 

ribbon Zusammenfassung
  • Seit knapp einem Monat bereitet sich das österreichische Eishockey-Nationalteam auf das große Saisonhighlight vor.
  • "Dank" des Turnier-Ausschlusses von Russland und Belarus rückte das Team in die A-Gruppe auf und darf sich erstmals seit 2019 wieder mit den 15 besten Eishockey-Nationen der Welt messen.
  • Die Ergebnisse in der Vorbereitung können sich durchaus sehen lassen.
  • Gegen die Top-Nationen Deutschland (1:3), Tschechien (1:4, 1:4, 1:5), Schweden (0:1) und Finnland (2:4) überzeugte das Team von Roger Bader spielerisch und kassierte durchwegs knappe Niederlagen.
  • Gegen Italien (5:0, 1:2) und Polen (1:0, 4:1) gelangen drei Siege in vier Spielen.
  • Im PULS 24-Doppelinterview blicken Bader und Kapitän Thomas Raffl optimistisch in Richtung Weltmeisterschaft. 

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