Johnny Ertls EM-Tagebuch: "Too much quality" für uns Österreicher

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PULS 24 Experte Johnny Ertl analysiert täglich während der EURO 2020 exklusiv aktuelle Themen rund um die Europameisterschaft. Diesmal geht es um das Spiel gegen die Niederlande und das traditionellste Länderspiel aller Zeiten: England gegen Schottland.

Das österreichische Nationalteam hat sich mit Franco für das gestrige Spiel gegen Holland viel vorgenommen. Der Schwung vom Auftaktsieg sollte mitgenommen werden, das Umschaltspiel präzise sein und die Räume hinter der Verteidigung der Holländer ausgenützt werden. Keiner dieser Punkte wurde wirklich umgesetzt, ein Klassenunterschied wurde nach 90 Minuten augenscheinlich. Die Mannschaft gab sich dieser Tatsache hin. So tat man sich mit und gegen den Ball schwer, sich gegen die hohe technische Qualität der Holländer durchzusetzen.

Frank de Boers Mannschaft verstand es perfekt, die Balance und den Spielrhythmus über die vollen 90 Minuten zu kontrollieren: Die Holländer konnten nach Belieben das Tempo erhöhen, um Druck aufzubauen und verstanden es perfekt, in Situationen abzuwarten und mit giftigem Gegenpressing im Mittelfeld durch vertikales Spiel nach vorne die Geschwindigkeit von Dumfries und Co. auszunützen. Die Defensive rund um Matthijs de Ligt stand bombenfest, das Mittelfeld wurde dirigiert von Frenkie de Jong, abgeräumt wurde alles von Georginio Wijnaldum und vorne hatte man mit Weghorst und Depay zwei Stürmer in Top-Form.

Summa summarum "too much quality" für uns Österreicher. Aber ehrlich gesagt haben wir uns eh auf einen Showdown gegen die Ukraine eingestellt. Was muss besser werden gegen Andriy Shevchenkos "Schowto-blakytni", oder besser gesagt "Blau-Gelben"? Mehr Genauigkeit im Spiel nach vorne, eine höhere Präsenz unserer Offensivakteure mit Durchschlagskraft im letzten Drittel, das Bespielen der Räume hinter die Verteidigungskette der Ukrainer und hohe Achtsamkeit in der Restverteidigung, wenn wir den Ball in der Offensivbewegung verlieren.

Zu viel Taktik und Fußballanalytik? Kurze Verschnaufpause, bevor wir Schottland gegen England auseinandernehmen. Lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf Manchester-United-Innenverteidiger Victor Lindelof im Dienste der Schweden, der es im ersten Spiel des heutigen Tages mit den Slowaken zu tun hat. Er wurde zum Nationalhelden, als er bei einem Heimaturlaub sah, wie eine 90-jährige Dame von einem Radfahrer bestohlen wurde und diesen mit einem Vollsprint stellen und bändigen konnte bis die Polizei kam. Die ältere Dame war sehr angetan von der Athletik des jungen Mannes, trainierte er doch tagtäglich auf höchstem internationalen Niveau.

Zurück zu Gruppe D, wo heute das Spiel der Spiele auf der britischen Insel ab 21 Uhr über die Bühne geht: "The battle of Britain" lässt jedes Fußball-Herz höherschlagen. Mehr Tradition geht nicht, trafen doch beide Fußballteams im Jahr 1872 im allerersten offiziellen Länderspiel der Geschichte aufeinander. Die Vorzeichen sind klar: Gareth Southgates Team geht als klarer Favorit ins Rennen, nachdem es Vizeweltmeister Kroatien im ersten Gruppenspielspiel mit 1:0 besiegt hat. Die Schotten hingegen spielen schon ein wenig mit dem Rücken zur Wand. Sie konnten den Heimvorteil gegen die Tschechen in ihrer Auftaktpartie nicht nützen und verloren 0:2, obwohl man eine Unzahl an Chancen herausgespielt hat. Für Schottland wäre ein Sieg gegen den "Auld Enemy" der erste seit 1999 und man würde so ein riesiges Stück Geschichte schreiben.

Das Spiel kann ich mir nicht entgehen lassen, ich habe selbst 8 Jahre auf der Insel gespielt. Ich hoffe nur, dass die Schotten das Spiel mit 11 Mann beenden… Heiß wird’s!

Johnny

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