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Tassilo Wallentin: Nah an der FPÖ, aber noch näher am Boulevard

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Rechtsanwalt, "Krone"-Kolumnist und jetzt Bundespräsidentschaftskandidat. Tassilo Wallentin will in die Hofburg einziehen. Sein Programm erinnert stark an die FPÖ, bei der er bereits mehrmals anstreifte. Wofür steht Tassilo Wallentin?

Viele kennen Tassilo Wallentin vermutlich nicht vorrangig für seine Tätigkeiten als Rechtsanwalt, obwohl er etwa mit Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner durchaus schon prominente Mandanten vertreten hat. Seinen Bekanntheitsgrad verdankt er wohl hauptsächlich seiner Kolumne für die Sonntags-"Krone". Der gebürtige Wiener spricht sich seit 2013 dort häufig gegen die EU, Flüchtlinge, aber auch das Gendern aus. Themen, die stark an die Linie der FPÖ erinnern.

Diese Überschneidungen blieben nicht ohne Folgen. Wallentin hat nicht nur einmal mit der Rechtsaußen-Partei beinahe angebandelt.

"Kronen Zeitung" statt Verfassungsrichterkandidat

2017 hatten sich die blauen Koalitionspartner der ÖVP in einem Zusatzpapier zum Koalitionsabkommen, in einem sogenannten Sideletter, zur Postenvergabe abgestimmt. Wallentins Name tauchte in dieser inoffiziellen Abmachung ebenfalls auf. Er hatte sich zuvor für den Posten eines Richters am Verfassungsgerichtshof beworben und wurde dabei als möglicher Kandidat der FPÖ gehandelt. Wallentin selbst sagte damals dazu, er sei "kein Kandidat der FPÖ. Das sind andere". Im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn betonte er kürzlich abermals, er sei eigentlich der Wunschkandidat von Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz gewesen.

So weit kam es letztlich nicht. Er selbst gab laut eigener Aussage den potenziellen Posten auf, um weiterhin als Kolumnist bei der "Kronen Zeitung" tätigt sein zu können. Die beiden Jobs hätten sich nicht "vereinbaren lassen". Außerdem habe ihn das Boulevardblatt stürmisch gebeten zu bleiben und "das neue Projekt ab März zu starten". Gemeint war damit der Übergang seiner Kolumne in die digitale Phase - bis heute findet sich allerdings bloß eine seiner Kolumnen online. Dafür gab er seine Kolumnen gesammelt in mehreren Büchern heraus.

Wallentin: "Trete an, um zu gewinnen"

Auch bei der Bundespräsidentenwahl wäre Wallentin fast für die FPÖ angetreten. Er bestätigte, dass es Gespräche mit der Partei gab, doch laut ihm hätten inhaltliche Unstimmigkeiten eine Zusammenarbeit verhindert. Er habe sich dann "spontan" entshieden, als unabhängiger Kandidat anzutreten.

"Ich bin weder rechts noch links, ich sehe mich vorne", so beschreibt der Rechtsanwalt und Ex-"Krone"-Kolumnist seine politische Position in diesem Präsidentschaftswahlkampf. Der Sager sei eine Anlehnung an BZÖ-Gründer und Ex-FPÖ-Politiker Jörg Haider, sagte Wallentin bei seinem Wahlkampfauftakt, dieser sei aber trotzdem kein Vorbild für ihn, wie er sogleich betonte.

Neben FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz, Ex-BZÖ-Politiker Gerald Grosz und MFG-Gründer Michael Brunner ist Wallentin der vierte Kandidat aus dem rechten politischen Spektrum. Mit Gerald Grosz hat er außerdem einen Konkurrenten, der ebenfalls ein Boulevardmedium im Rücken hat.

Das hilfreiche "Krone"-Inserat

Dass er tatsächlich auch antreten darf, hat er wohl auch seinem langjährigen Wegpartner - der "Kronen Zeitung" - zu verdanken. Am 21. August waren in der Sonntagsausgabe auf einem doppelseitigen Inserat die Formulare zur Unterstützung für den Ex-"Krone"-Kolumnisten zu finden.

Finanziert wurde die Werbeeinschaltung vom Milliardär und ehemaligem Parteigründer und Abgeordneten Frank Stronach. Wallentin selbst sagt, er hätte auch ohne das Medienhaus im Rücken die nötigen Unterstützungserklärung zusammenzubekommen. 18.000 unterzeichnete Formulare hat er nach eigenen Angaben insgesamt erhalten.

Wallentins Verbindung zum Medienhaus begann allerdings schon lange vor dem Start seiner Meinungsbeiträge.

Traditionsjurist

Die Juristerei war Wallentin in die Wiege gelegt. Bereits sein Vater und Großvater arbeiteten in diesem Bereich. Wallentin begann nach einem freiwilligen Jahr beim Bundesheer im Herbst 1994 sein Rechtsstudium an der Universität Salzburg und schloss dieses 1997 ab. Im Frühjahr des darauffolgenden Jahres beendete er mit ausgezeichnetem Erfolg auch sein Doktoratsstudium.

Dank eines Stipendiums erlangte er seinen Master-Of-Law-Titel in den USA und arbeitete dort an der Westküste in einer Anwaltskanzlei. 2004 zog es ihn zurück in die Bundeshauptstadt. Er eröffnete eine eigene Kanzlei und zog prompt "Krone"-Gründer Hans Dichand als Klient an Land.

Ab 2004 vertrat Wallentin Dichand in einem Medien-Schiedsverfahren gegen die deutsche WAZ-Mediengruppe. Es folgte eine langjährige Zusammenarbeit zwischen den beiden Männern. Zudem sorgte Wallentin für Aufsehen, als er die Markenrechte an der Gratiszeitung "Heute" sichern ließ. Eine versteckte Gründung von Hans Dichand wurde damals vermutet, immerhin handelt es sich bei der Herausgeberin um seine Schwiegertochter Eva Dichand.

Bargeld in Verfassung verankern

Wallentins Wahlprogramm erinnert stark an die Inhalte der FPÖ: So will er zum Beispiel, dass die Neutralität bewahrt werde. Durch ein "Veto gegen geldpolitischen Wahnsinn" will er die Inflation bekämpfen. Zudem will er das Bargeld in der Verfassung verankern lassen und sich für "sichere Grenzen und ein modernes Asylrecht" einsetzen. Ein großer Dorn im Auge sind Wallentin wie den meisten anderen Rechtskandidaten auch die Russland-Sanktionen. Sie würden keinen Nutzen bringen und gehörten abgeschafft, meint er.

In einem "Heute"-Bericht wurde Wallentin als "leidenschaftlicher Klimaaktivist" beschrieben. Dies dementierte er in einer TV-Diskussionsrunde der Bundespräsidentschaftskandidaten jedoch vehement. Er betonte nachdrücklich, dass er "das nicht gesagt hat" und er "falsch zitiert" worden wäre.

Holpriger Wahlkampfstart

Kurz nachdem Wallentin bekanntgab, dass er die 6.000 Unterstützungserklärung für das Antreten beisammen habe, veröffentlichte das Wochenmagazin "Falter" eine Reihe von Screenshots von sexistischen Instagram-Postings von Wallentins Account. Wallentin verteidigt sich indem er behauptete, es handle sich um eine "Satire-Seite, deren Content nicht nur ich alleine geliefert habe".

Bei einer PULS-24-Umfrage auf der Mariahilfer Straße bezeichneten vor allem junge Menschen die Postings unter anderem als "Boomer-Cringe".

Reaktionen auf Wallentins sexistische Postings

Männer-WG mit Dackel

Privat lebt der 48-Jährige mit seinem 15-jährigen Sohn und Dackelhündin Mathilde Wilhelmine Auguste am Stadtrand Wiens. Insgesamt hat er mit seiner Ex-Frau drei Söhne. Kochen gehört anscheinend nicht zu Wallentins Künsten. In einem Interview in der "Krone" meint er: "Wir kochen selbst - aber furchtbar schlecht".

Umfrage prognostiziert Blechmedaille

Laut einer Umfrage von ATV und Profil (20. August) sieht es momentan nicht so aus, als könnte Wallentin Rosenkranz ernsthaft Konkurrenz machen. Der FPÖler ist mit satten sieben Prozent vor dem Rechtsanwalt. Wallentin und Grosz sind mit sechs Prozent gleichauf.

Amtsträger Alexander Van der Bellen führt mit 66 Prozent das Rennen klar an. Bierpartei-Kandidat Dominic Wlazny alias Marco Pogo ist Wallentin demnach allerdings dicht auf den Fersen und kommt auf fünf Prozent. Brunner und Staudinger bilden das Schlusslicht mit drei und einem Prozent.

Mehr zu den restlichen Bundespräsidentschaftskandidaten:

ribbon Zusammenfassung
  • Rechtsanwalt, "Krone-"Kolumnist, Vater und jetzt Bundespräsidentschaftskandidat. Tassilo Walletin hat bereits viele Wege in seinem Leben eingeschlagen.
  • Sein neuester könnte ihn in die Hofburg führen.
  • Als unabhängiger Kandidat will der Tassilo Wallentin das Amt des Bundespräsidenten von Alexander Van der Bellen übernehmen.