Screenshot Instagram Jean PormanoveFoto: Screenshot / Instagram: jeanpormanove

Frankreich

Streamer stirbt live: Die grausame Welt des "Trash-Streaming"

21. Aug. 2025 · Lesedauer 4 min

Nach dem Tod des französischen Streamers Jean Pormanove wurde eine Untersuchung eingeleitet. Sein Tod rückt ein beunruhigendes Internetphänomen erneut in den Fokus.

Raphaël Graven, online bekannt als Jean Pormanove, wurde laut Angaben der Staatsanwaltschaft in einer Wohnung in Contes, einem Dorf nördlich von Nizza, tot aufgefunden.

Wie das Enthüllungsmedium "Mediapart" berichtete, wurde der Mann wenige Stunden vor seinem Tod wiederholt Opfer von Gewalt. Ein als Batman verkleideter Streamer und weitere Anwesende hätten während der Live-Übertragung auf der Plattform Kick auf Pormanove eingeschlagen

Zuschauer, die den Stream später weiter verfolgt hätten, hätten beobachtet, wie Pormanove im Schlaf einen Erstickungsanfall erlitten und sich nicht mehr gerührt habe. Wie die Staatsanwaltschaft Nizza am Donnerstag mitteilte, starb der Streamer allerdings nicht durch Gewalteinwirkungen Dritter, sondern aus einem medizinischen oder toxikologischen Grund. 

Noch untersucht werde der Ablauf der letzten Übertragung, während der der 46-Jährige in der Nacht auf Montag vor den Augen der Zuschauer starb. Der Streamer mit Hunderttausenden von Followern nutzte verschiedene soziale Plattformen für Gaming-Übertragungen, unterzog sich dort aber auch freiwillig immer wieder extremen Challenges.

Der Sender Europe1 verbreitete ein Video, auf dem andere Streamer Jean Pormanove unvermittelt an Armen und Beinen festhalten und ihm über zwei Minuten die Atemröhre zudrücken, vorgeblich um einen neuen Rekord aufzustellen. Auch von Zuschauern wurde er demnach im Stream gedemütigt.

Am Ende ging dem Streamer die Gewalt aber wohl selbst zu weit. "Ich habe es satt, ich will weg", schrieb er laut dem Sender BFMTV in einer Nachricht an seine Mutter. Aber er werde von den anderen festgehalten. 

Schockierendes "Trash-Streaming"

Der Fall des 46-jährigen Franzosen erinnert an das sogenannte "Trash-Streaming"-Phänomen, das Anfang der 2010er Jahre in Russland entstand.

Es handelt sich um eine besonders fragwürdige Form der Live-Übertragungen im Internet, bei denen der Moderator, als "Trash-Streamer", erniedrigende, gewalttätige und manchmal tödliche Handlungen gegen sich selbst oder andere ausführt.

Ein Beispiel: 2021 wurde Stanislav Reshetnyak, ein russischer Streamer, zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, weil während eines Livestreams im Dezember 2020 seine 28-jährige schwangere Freundin ums Leben gekommen war.

Schwangere Freundin zu Tode misshandelt

Reshetnyak, der unter dem Spitznamen Reeflay missbräuchliche Stunts gegen Geldspenden der Zuschauer aufführte, hatte seine Freundin geschlagen und sie in einem Livestream gezwungen, bei eisiger Kälte nur mit Unterwäsche bekleidet draußen zu sitzen.

Sanitäter erklärten die 28-jährige Grigoryeva für tot, während die Kameras weiterhin Tausende von Zuschauern übertrugen. 

Die Strafverfolgungsbehörden gaben laut "The Moscow Times" später bekannt, dass sie an Kopfverletzungen gestorben sei. Eine medizinische Untersuchung ergab eine traumatische Hirnverletzung, eine Hirnblutung und mehrere Prellungen am Körper. 

Bei "Trash-Streaming" spielt das Publikum eine wichtige Rolle. "Die Zuschauer sind oft neugierig, zu welchen Extremen Trash-Streamer fähig sind", werden die Forscherinnen Barbara Cyrek und Malwina Popiołek in einem Artikel aus dem Jahr 2022 von "EuroNews" zitiert.

Französische Ministerin spricht von "absoluten Horror"

In der französischen Politik sorgt der Fall von Pormanove für Empörung. Die französische Ministerin Clara Chappaz bestätigte, dass eine gerichtliche Untersuchung zur Todesursache eingeleitet wurde. Zudem bezeichnete sie den Tod des 46-Jährigen und die Gewalt, der er ausgesetzt war, als "absoluten Horror". 

Ähnlich sieht es auch Sarah El Haïry, Staatssekretärin für Jugend. "Plattformen tragen eine immense Verantwortung für die Regulierung von Online-Inhalten, damit unsere Kinder nicht mit gewalttätigen Inhalten konfrontiert werden. Ich fordere Eltern auf, äußerst wachsam zu sein", schrieb sie auf X.

Streamer mit großer Reichweite

Jean Pormanove hatte mehr als eine Million Follower auf seinen verschiedenen Social-Media-Plattformen und hatte auf Kick eine starke Community aufgebaut. 

Der Streamer nutzte verschiedene soziale Plattformen für Gaming-Übertragungen, unterzog sich dort aber auch freiwillig immer wieder extremen Challenges, wie der Sender BFMTV berichtete. 

Video: Hass im Netz: Anfeindungen und ihre Folgen

Zusammenfassung
  • Nach dem Tod des französischen Streamers Jean Pormanove wurde eine offizielle Untersuchung eingeleitet.
  • Sein Fall lenkt die Aufmerksamkeit auf ein beunruhigendes Internetphänomen, das bislang wenig beleuchtet wurde.
  • Frankreichs Ministerin Clara Chappaz bezeichnete den Tod als "absoluten Horror" und unterstrich die gesellschaftliche Brisanz des Themas.