Leichtfried-Vorschlag
Altersgrenzen für Social Media? Das allein reicht nicht
Der Staatssekretär für Staatsschutz im Innenministerium, Jörg Leichtfried (SPÖ), will eine Debatte anstoßen. Nach dem Amoklauf im BORG Dreierschützengasse in Graz denkt er eine Altersbegrenzung für Social-Media-Plattformen als Maßnahme an.
"Braucht Schutz vor Online-Radikalisierung"
Jörg Leichtfried im PULS 24 Interview.
Leichtfried beobachte, dass "die Kinderzimmer nicht mehr sicher sind". Viele junge Menschen seien mit Dingen konfrontiert, die man sich kaum vorstellen könne.
In der Online-Radikalisierung verzeichne man einen "massiven Schub". Gleichzeitig müsse man die psychische Situation der Jugend im Auge haben und Hilfe anbieten, so der Staatssekretär.
Frankreich als Beispiel
Deshalb wolle er eine Diskussion über Altersgrenzen anregen. Er denke, dass Altersbegrenzungen gut umsetzbar wären. "In Frankreich ist man auf einem guten Weg", nennt er ein Beispiel.
Aktuell will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Zugriff auf Social Media für Jugendliche und Kinder unter 15 Jahren unterbinden, sollte die EU keine wesentliche Fortschritte in diesem Bereich machen.
In Australien ist ein Verbot von Social Media für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren schon seit einigen Monaten umgesetzt. Auch andere Länder in Europa hätten Interesse, so Leichtfried. Er wolle die kommende Ratspräsidentschaft von Dänemark für weitere Impulse auf EU-Ebene nutzen. Etwa um den "Digital Service Act" weiterzuentwickeln.
Ab welchem Alter man die Begrenzung einführen will, sei noch offen. Das setze einen "Diskussionsprozess" voraus, so Leichtfried.
NEOS für EU-Lösung
Die ÖVP zeigt sich aktuell noch nicht überzeugt. Der pinke Koalitionspartner scheint dem schon eher zugeneigt, will aber keinen "Alleingang" Österreichs. "Da sich dieses Thema kaum nationalstaatlich lösen lässt, geht es allen voran um gemeinsame europäische Vorgaben und Konsequenzen für mehr Sicherheit", heißt es auf PULS 24 Anfrage. Auf nationaler Ebene sei das kaum umsetzbar.
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"Sinnvoller erscheint uns die verstärkte Information über bestehende Möglichkeiten zur individuellen Einschränkung, etwa durch Apps für Eltern", so die NEOS.
Eine Altersgrenze oder ein Verbot gilt allerdings als umstritten. Viele Expert:innen pochen eher auf eine kritischen Umgang mit Plattformen sowie Medienkompetenz.
Altersgrenze möglich, aber nicht ultimative Lösung
So einfach lässt sich das laut Matthias Karmasin, Kommunikationswissenschaftler an der Uni Klagenfurt, nicht erläutern. Einerseits gehe es um die Rechtssetzung. Altersgrenzen zu verankern, sei eine "wichtige symbolische Aktivität". Ein Gesetz würde einen "Konsens" bringen, darüber, dass Plattformen "negative Auswirkungen haben".
Klar ist aber auch, dass sich ein "gewisser Prozentsatz der Menschen" nicht daran halten werde.
Die Durchsetzung gestaltet sich also schwieriger. Technisch sei es möglich, ob man dann vom "Kampfgewicht" gegenüber den großen Plattformen eine Chance hat, ist fraglich.
Da brauche es wahrscheinlich den europäischen Schulterschluss. Prinzipiell würde ein Gesetz aber ein "Signal setzen" und möglich wäre es grundsätzlich auch, so Karmasin.
Eine Altersgrenze als alleinige Maßnahme löse das Problem laut Karmasin aber nicht. In der komplexen Problemlagen brauche es strukturelle Maßnahmen - und eben auch Medienkompetenz.
Video. Social-Media-Altersgrenze "führt zu keinem Schutz"
Zusammenfassung
- Die Kinderzimmer seien "nicht mehr sicher", argumentiert Staatssekretär Leichtfried und macht den Vorschlag, Altersgrenzen für Social Media einzuführen.
- Viele junge Menschen seien mit Dingen konfrontiert, die man sich kaum vorstellen könne.
- Deshalb wolle er eine Diskussion über Altersbegrenzungen anregen. Er denke, dass Altersbegrenzungen gut umsetzbar wären.
- Doch sind sie umsetzbar - und vor allem bringen sie etwas?