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Pariser Verhandlungsrunde über UNO-Plastikabkommen beendet

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Am Freitagabend ist in Paris die zweite von fünf zwischenstaatlichen Verhandlungsrunden für ein UNO-Plastikabkommen zu Ende gegangen. Inhaltlich wurde für den globalen Vertrag, der 2025 in Kraft treten soll, der Ball an die im November in Nairobi stattfindende nächste Runde weitergespielt. Bis dahin soll ein erster Vertragsentwurf erstellt werden, der sämtliche Optionen offen lässt - für die Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber "ein Minimalkompromiss".

"Eigentlich wurden alle wichtigen Entscheidungen verschoben. Wir haben Ambitionen gesehen, aber die Blockierer haben am Ende zu einem enttäuschenden Ergebnis geführt", so Panhuber am Abend gegenüber der APA. - "Wir sind weiter auf Kurs. Aber der Zeitplan ist nach wie vor ambitioniert", hatte zuvor am Nachmittag eine andere österreichische Teilnehmerin resümiert. Von rund 1.500 Teilnehmern aus aller Welt wurden Wege zur Müllbeseitigung und -vermeidung, einer Reduzierung der Neuproduktion von Plastik sowie einer Umstellung in Richtung Kreislaufwirtschaft mit Wiederverwertung und Recycling gesucht.

"Wir haben in Österreich schon erste wichtige Schritte gesetzt, um wieder zurückzukehren zu Mehrwegprodukten und Wiederverwendung, etwa mit der Mehrwegquote. Auch das Plastikpfand wird ab 2025 sicherstellen, dass Plastikflaschen nicht mehr in der Natur herumliegen. Aber es gibt natürlich noch viel zu tun", schilderte die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den österreichischen Weg, der verbindliche Regelungen fordert. "Eine wirksame Maßnahme, die wir unterstützen, ist die Eindämmung schon bei der Produktion von Kunststoffpolymeren, die etwa durch Steuern oder Zölle zu erreichen ist."

Österreich war bei den Pariser Verhandlungen mit zwei Beamtinnen vertreten und als Mitglied der EU Teil jener ambitionierten Fraktion, die für einen raschen Abschluss und ein strenges, verbindliches Abkommen eintritt. In der EU werden derzeit mit der Verpackungsverordnung und der Abfallverbringungsverordnung zwei Gesetzestexte verhandelt, die noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden und der EU damit auch beim Plastikabkommen eine Vorreiterrolle sichern sollen.

Es gibt aber auch starke Gegenkräfte. Unter den vertretenen 175 Ländern gibt es auch welche wie Saudi-Arabien, Russland oder Indien, die wenig Interesse an einem harten Abkommen und auch in Paris dafür gesorgt haben, dass die ersten beiden Tage nur über Verfahrensfragen diskutiert wurde und auch weiter unklar ist, ob über das weitere Prozedere einstimmig oder mit bloßer Mehrheit entschieden wird. "Auch die petrochemische Industrie ist hier massiv vertreten und setzt alles daran, die Dinge zu verzögern und zu verwässern", sagte Panhuber.

"Ich finde es sehr schade, dass es keinen stärkeren Zug zum Tor gibt", pflichtete ihr Axel Kühner bei. Er ist CEO des österreichischen Kunst- und Schaumstoffverarbeitungsunternehmens Greiner AG und Teil jener aus über 100 Mitgliedern bestehenden "Business Coalition for a Global Plastic Treaty", die bei den Verhandlungen ebenfalls sehr präsent ist und aufseiten der Industrie für ein weitreichendes Ankommen eintritt. Kühner war zwar nicht in Paris, ließ sich aber laufend berichten - schließlich wird dort auch über die künftigen Rahmenbedingungen seines Unternehmens verhandelt. "Ich glaube, mittlerweile haben alle gelernt, wohin der Weg geht. Nur denken viele Unternehmen, sie wollen diesen Weg alleine gehen, ohne Regulierung. Das wird nicht funktionieren. Es ist wichtig, dass die Politik das begleitet", sagte Kühner.

Kühner sieht sein Unternehmen als Vorreiter. Bereits 2015 habe man sich entschlossen, "nicht nur Teil des Problems, sondern auch Teil der Lösung" sein zu wollen. Die selbst gesteckten Ziele, dass alle von Greiner hergestellten Verpackungen ab 2025 recycelbar, mehrwegfähig oder kompostierbar sein sollen und man bis 2030 "ein vollständig zirkuläres Unternehmen" sein will, dürften das UNO-Plastikabkommen jedenfalls übererfüllen, egal wie es aussehen wird.

Sowohl Kühner als auch Panhuber sehen das Plastikabkommen in engem Zusammenhang mit den Pariser Klimazielen. Während der Kunststoffverarbeiter jedoch den Einsatz von modernen Kunststoffen durch deutlich geringere CO2-Emissionen als klimafreundlich sieht, hält die Greenpeace-Expertin eine solche Argumentation für Greenwashing: Um die Klimaziele zu erreichen, müsse die Plastikneuproduktion radikal reduziert werden.

In Paris sei die Präsenz der Industrie und ihrer Lobbys jedenfalls deutlich größer gewesen als jene der NGOs und der Zivilgesellschaft, die sich jedoch durch Kunst- und Protestaktionen im öffentlichen Raum lautstark bemerkbar gemacht habe, erzählte Panhuber. Ob alle Themenkomplexe - von der Neuproduktion bis zu Verwertungs- und Recyclingkreisläufen - Teil des UNO-Plastikabkommens bleiben werden, ob es Verpflichtungen und Sanktionsmöglichkeiten geben wird und ob und wie ein Unterstützungsfonds für Länder des Globalen Südens im Umgang mit Plastikmüll aufgebaut und finanziert werden soll, dürften jene Knackpunkte sein, über die in den kommenden Runden weiter verhandelt wird. Die dritte Runde ist für November in Nairobi angesetzt, die vierte in Kanada. Im Herbst 2024 will man in Südkorea zu einem Ergebnis kommen. Schon am 5. Juni hingegen wird der Weltumwelttag begangen. Er ist heuer dem Kampf gegen die Plastikverschmutzung gewidmet.

(S E R V I C E - https://www.unep.org)

ribbon Zusammenfassung
  • Am Freitagabend ist in Paris die zweite von fünf zwischenstaatlichen Verhandlungsrunden für ein UNO-Plastikabkommen zu Ende gegangen.
  • Inhaltlich wurde für den globalen Vertrag, der 2025 in Kraft treten soll, der Ball an die im November in Nairobi stattfindende nächste Runde weitergespielt.
  • Kühner sieht sein Unternehmen als Vorreiter.
  • Sowohl Kühner als auch Panhuber sehen das Plastikabkommen in engem Zusammenhang mit den Pariser Klimazielen.

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