APA/ERWIN SCHERIAU

"Spitze des Eisbergs"

Nach Amoklauf: Steiermark leitet erste Maßnahmen ein

Heute, 12:58 · Lesedauer 5 min

Nach der Sitzung des steirischen Landessicherheitsbeirates am Mittwoch präsentierte die Politik erste Vorgangsweisen nach der Amoktat an einer Grazer Schule. Dabei gehe es u. a. darum, im Umgang mit Social Media zu sensibilisieren und Eltern und Schülern Unterstützung anzubieten.

Es gebe bereits viele kluge Konzepte, so Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ). Am Montag solle laut Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner ein Betreuungsprogramm für die Schüler beginnen.

Kunasek meinte nach der Sitzung, man komme nun in die Aufarbeitungsphase nach der Amoktat. Was man aber bemerke angesichts der vielschichtigen Problemstellungen: "Es ist die Spitze des Eisbergs", auch im Bereich Social Media.

Soziale Medien sind großer Themenschwerpunkt

Er selbst habe gedacht, in letzterem Bereich gut informiert zu sein. Nach den Ausführungen der Experten wisse er nun, man wisse gar nichts.

Was Social Media betreffe, so gehe es darum, die Eltern bestmöglich zu begleiten, vorzubilden, ja, auch auszubilden, um ein Auge auf die Problematik zu haben. 

"Und: Es gibt schon sehr viele kluge Papiere und Konzepte, man muss aber besser koordinieren und die Erkenntnisse und Konzepte an die Bedarfsträger - Eltern, Schüler, Lehrer, Jugendliche - weitergeben. Das ist die Aufgabe in den nächsten Monaten und Jahren", sagte Kunasek.

"Wir werden es nie schaffen, so unfassbare Handlungen zu 100 Prozent zu verhindern. Aber wir werden alles tun, um es bestmöglich zu verhindern."

"Es gibt kein Generalrezept"

Wie es nun in der betroffenen Schule, dem BORG Dreierschützengasse weitergehe? Am vergangenen Mittwoch sei es noch undenkbar gewesen, wieder in die Schule zu gehen. 

Vor ein paar Tagen hätten sich dann rund 200 Schüler gemeinschaftlich von der Anlaufstelle List-Halle zur nahen Schule bewegt. "Es gibt da kein Generalrezept, jedem Kind muss der Weg individuell ermöglicht werden", sagte Hermann.

Die steirische Bildungsdirektorin Meixner sagte, es müsse unbedingt Schulveranstaltungen geben. Man habe ja unterschiedliche Betroffene: Eltern, die ihre Kinder verloren hätten, Jugendliche aus allen Klassen und solche, die gerade auf Schulsportwoche gewesen seien.

Der Plan der Bildungsdirektion sei es, alle Kinder vor Schulschluss zu erreichen, auch um zu sehen, wie es ihnen gehe. Rund 25 Prozent der Schüler seien bisher auch nicht in der Anlaufstelle List-Halle gewesen, so Meixner auf Nachfrage. 

Aber es habe hier viel Kommunikation zwischen Schülern und Klassenvorständen gegeben. Ein Ausweichen in andere Schulen etwa in Reininghaus wäre möglich gewesen, aber man habe die Schüler nicht so in die Ferien entlassen wollen.

Video: Amoklauf in Graz: Das soll sich jetzt ändern

Programm für betroffene Schüler an verschiedenen Orten

Sie, Meixner, bedanke sich noch einmal für die Unterstützung der Familie List, die die Halle gleich ums Eck bei der Schule zur Verfügung stelle. 

Am Montag könne man daher mit der Betreuung starten, einen Unterricht werde es nicht geben. Lehrer hätten ein Programm im musisch-kreativen Bereich zusammengestellt, auch ein Sportprogramm, dazu Lesungen. 

Dafür habe man mehrere Orte vorbereitet, einerseits mobile Klassen in Zusammenarbeit mit der Bundesimmobiliengesellschaft, weiters ein Gebäude hinter der List-Halle. 

Dazu habe man einen Stock in der Schule freigemacht - "für die Schüler, die wieder in ihr Gebäude möchten, um einen Ort aufzusuchen, um zu verarbeiten".

Was mit den vom Angriff betroffenen Räumen geschehe, wurde Meixner gefragt. Man habe sich hier bei den Betroffenen von Erfurt erkundigt, wo es im April 2002 einen Amoklauf im Gutenberg-Gymnasium gegeben habe. 

Zudem habe man einen Architekten unter den Lehrern am BORG. Man wolle, dass sich auch die Schüler an einem Konzept beteiligen, wie man dies verarbeiten könne.

Khom: Social Media ist ein Teil des Problems

ÖVP-Landeshauptmannstellvertreterin Manuela Khom betonte, dass man sich sowohl mit Experten als auch allen Landtagsparteien ausgetauscht habe. Wie Kunasek sah sie in Social Media einen Teil des Problems: "Unsere Kinder versinken in den sozialen Medien. Ich bin froh, dass die Bundesregierung da schon Maßnahmen beschlossen hat."

Eltern seien oft überfordert, man müsse sie unterstützen und sehen, was man tatsächlich anbieten könne, so Khom.

Bildungslandesrat Stefan Hermann (FPÖ) lobte die Arbeit der Helfer nach dem Amoklauf. Viele hätten weit über ihren Arbeitsbereich hinaus Großes geleistet und die Zusammenarbeit sei weit über Bundesländergrenzen hinweg gegangen. 

Hermann berichtete von Zahlen der Koordinationsstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention. Im Zeitraum von März 2024 bis März 2025 habe es bei dieser 210 Kontakte gegeben, woraus 167 Einsätze des Kriseninterventionsteams gefolgt seien.

Zahl suspendierter Schüller:innen steigt

Leider sei die Zahl suspendierter Schüler im Steigen, wobei die Steiermark da eine Begleitung eingeführt habe. "Das ist ein Role Model für ganz Österreich." In der Schulsozialarbeit gebe es eine Investition von rund 5 Millionen Euro, mit plus 0,9 Mio. Euro heuer.

"Wir werden uns jeden Vorschlag genau anschauen, der zur Verbesserung der Situation dienen kann. Das geht von einem Alarmknopf, Zugangskontrollen bis zu Kameras. Ich halte nichts davon, eine Schule zu einem Hochsicherheitsbereich zu machen, aber Schüler und Eltern vertrauen auf die Schule als einen Ort der Sicherheit. Das ist an jenem Dienstag auf bestialische Weise zerschlagen worden. Daher müssen wir unsere Angebote auf einer Art Landkarte noch besser sichtbar machen", sagte Hermann.

Zusammenfassung
  • Nach dem Amoklauf am 10. Juni an einer Grazer Schule hat der steirische Landessicherheitsbeirat erste Maßnahmen zur Unterstützung von Eltern und Schülern sowie zur Sensibilisierung im Umgang mit Social Media vorgestellt.
  • Landeshauptmann Mario Kunasek betont, dass es bereits viele kluge Konzepte gibt, diese aber besser koordiniert und an Eltern, Schüler, Lehrer und Jugendliche weitergegeben werden müssen.
  • Im Zeitraum von März 2024 bis März 2025 gab es 210 Kontakte zur Koordinationsstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention, woraus 167 Einsätze des Kriseninterventionsteams folgten.
  • Die Investitionen in die Schulsozialarbeit betragen rund 5 Millionen Euro, mit einer Erhöhung um 0,9 Millionen Euro im aktuellen Jahr.
  • Ab Montag beginnt ein Betreuungsprogramm für die betroffenen Schüler, das musisch-kreative und sportliche Angebote umfasst und an mehreren Orten stattfindet.