Europäer mit dabei
Selenskyj trifft sich mit Trump: Droht erneut ein Fiasko?
Einige Monate ist es nun schon her, seit US-Präsident Donald Trump, dessen Vize J.D. Vance und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor laufender Kamera aneinandergeraten sind. Selenskyj verließ Washington daraufhin vorzeitig.
Befürchtet wird, dass das Gespräch zwischen dem ukrainischen Präsidenten und Trump am Montag erneut in einem Fiasko endet. Dass dürfte aber maßgeblich davon abhängen, wie Selenskyjs Besuch in Washington verläuft - und mit welchen Forderungen er dort konfrontiert wird.
Alaska-Gipfel war Sieg für Putin
Nach dem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin am Freitag betonte Trump, dass der Ball nun bei Selenskyj liege. Trump war während des Treffens von seiner Position abgekehrt, dass es einer sofortigen Waffenruhe vor einem Friedensabkommen bedarf. Das hat er zuvor auch mit den Europäer besprochen.
Trump wird möglicherweise versuchen, Selenskyj zu sagen, was er zu tun habe, sagte etwa auch Russland-Experte Gerhard Mangott am Samstag zu PULS 24.
Was Putin fordert
Putin verlangt nach dem Gipfel in Alaska US-Medien zufolge, den kompletten Donbass mit den beiden Verwaltungsbezirken Donezk und Luhansk im Osten an Russland abzutreten.
Trump soll dieser Forderung auch an Selenskyj weitergegeben haben. Gegenwärtig kontrolliert Moskau nur Teile des Donbass.
Selenskyj hatte Gebietsabtretungen bisher kategorisch abgelehnt.
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Was wollen die Europäer?
In Washington ist Selenskyj dann nicht allein - ein großer Unterschied zum Gespräch im Februar. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, NATO-Generalsekretär Mark Rutte, Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Großbritanniens Premierminister Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein finnischer Amtskollege Alexander Stubb werden Selenskyj bei den Beratungen in Washington assistieren.
Sie werden versuchen, einseitigen Beschlüssen zulasten der Ukraine entgegenzuwirken. Für Selenskyj müssen die Verhandlungen über einen Frieden ausgehend von der Frontlinie beginnen, sagte er am Sonntag.
Zwar wurde das aus Sicht der Europäer schlimmste Szenario, ein Deal über den Kopf der Ukrainer hinweg, vorerst nicht zur Realität. Doch die Ernüchterung nach den intensiven Absprachen im Vorfeld - auch mit Trump - war deutlich spürbar.
Putin durfte am Rednerpult neben seinem Gastgeber einmal mehr deutlich machen, dass für einen stabilen Frieden zuallererst die Grundursachen des Konflikts beseitigt werden müssten, so wie er sie definiert. Trump ließ das unwidersprochen - und betonte später in einem TV-Interview, er rate Selenskyj dazu, einem "Deal" mit dem militärisch überlegenen Angreifer zuzustimmen.
Vor allem wollen Selenskyj und die Europäer den Sanktionsdruck auf Russland erhalten und Sicherheitsgarantien für die Ukraine - unter Beteiligung der USA, um das vor künftigen Angriffen zu schützen. Dabei soll es aber nicht um einen NATO-Beitritt der Ukraine gehen.
Was Selenskyj fordert
Selenskyj fordert auch Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild der NATO. Die Garantie müsse funktionieren wie der Artikel 5 der NATO, sagte Selenskyj am Sonntag in Brüssel bei einem Treffen mit von der Leyen.
Gemeint ist die militärische Beistandsklausel, wonach andere Staaten für ein angegriffenes Land eintreten. Auch eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine sei eine Garantie für die Sicherheit des Landes, sagte Selenskyj.
Russland ist nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff einverstanden damit, dass die USA und europäische Verbündete der Ukraine NATO-ähnliche Sicherheitsgarantien geben.
Bisher ist nicht klar, wie sie aussehen sollen. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni brachte eine Variante einer kollektiven Sicherheitsklausel für die Ukraine nach dem Vorbild von Artikel 5 NATO-Vertrag ins Spiel - ohne dass aber die Ukraine Mitglied der NATO wird. Eine andere Möglichkeit wären bilaterale Sicherheitszusagen einzelner Staaten.
Wichtig ist den Europäern, dass bei den Sicherheitsgarantien die USA mit dabei sind.
Trumps Ziele
Trump will sich als Friedensstifter profilieren. Der Republikaner hatte im Wahlkampf immer wieder gesagt, er sei in der Lage, den Krieg zu beenden.
Und dann ist da noch Trump, der Geschäftsmann. Der Republikaner macht immer wieder deutlich, dass er außenpolitische Beziehungen vor allem dann als erfolgreich betrachtet, wenn sie wirtschaftliche Vorteile für die USA mit sich bringen. Wenn Russland seinen Krieg beendet, könnten womöglich Sanktionen fallen und die USA wieder mehr Geschäfte mit der Rohstoffgroßmacht machen.
Der US-Präsident dürfte begrenzte Geduld haben mit einem ukrainischen Gesprächspartner, der auf Maximalforderungen beharrt und Russland mit westlicher Hilfe besiegen will.
Selenskyj steht damit ein schwieriger Spagat bevor: Er muss für die Interessen der Ukraine einstehen und Trump gleichzeitig das Gefühl geben, dass dessen Vermittlungsbemühungen ernst genommen werden. Verzichtet Selenskyj öffentlich auf Gebiete, riskiert er im Land nach dem langen verlustreichen Krieg seinen Posten.
Spätestens der Alaska-Gipfel ließ erkennen, dass der US-Präsident in Putin, den Chef einer Atommacht, einen Ebenbürtigen sieht. Dem Ukrainer hingegen fällt die Position des Bittstellers zu, der auf Rückendeckung der Amerikaner angewiesen ist.
Video: "Trump wird Selenskyj sagen, was er zu tun hat"
Zusammenfassung
- Nach dem Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin, wo vor allem Putin als Sieger hervorging, reisen die Europäer und Selenskyj am Montag nach Washington.
- Was die Ukraine, die EU, Trump und Putin jeweils wollen.