Amoklauf in Graz
Pädagogin: "Lebenskerze für Kinder erloschen"
"Wenn ein Kind Geburtstag hat, zünden wir immer die Lebenskerze an", erzählt eine Kindergartenpädagogin. Sie ist mit ihrer Kollegin zum BORG Dreierschützengasse gekommen, um Kerzen anzuzünden und zu trauern.
Über das Geschehene sprechen sie auch mit den Kindern - die Eltern ihrer kleinen Schützlinge waren nach der Attacke "im Einsatz". Die Pädagoginnen betreuen Kinder im Spitals-Kindergarten wenige Straßen weiter.
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"Manche haben mehr gewusst, andere weniger", sagt eine von ihnen über die Gespräche am Tag nach dem Amoklauf. In der Jausenpause versuchten sie, alle Fragen kindgerecht zu beantworten. Mit dem Bild der Kerze und damit, dass "die Lebenskerze gestern hier für Kinder erloschen ist."
Eltern des Täters "nicht verurteilen"
Man sei in Gedanken auch bei den Eltern des Täters. Daran, "wie schlimm es sein muss, wenn die Polizei kommt und sagt, dein Kind hat Menschen erschossen". Man dürfe die Eltern des 21-jährigen Amokläufers "nicht verurteilen".
Zwei andere Frauen gehen mit einem Kinderwagen spazieren. Als die Schüsse fielen, waren sie gerade im Schwimmbad, erzählt die Mutter. "Zum Glück". Sie wohnen ganz in der Nähe, ihr Partner schrieb ihr sofort, ob sie daheim sei.
Am laufenden Band trudelten Nachrichten von besorgten Freunden ein. Nun haben auch sie eine Kerze für die Verstorbenen angezündet.
An drei Stellen in der Dreischützengasse leuchtet es dicht an dicht. Direkt beim Eingang steht ein kleines Lichtermeer hinter einem schneeweißen Sichtschutz.
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Links daneben brennen die Kerzen rund um ein gerahmtes Bild. In dunklem Rosa ist ein Mädchen auf das Papier gemalt. Ein Gesicht hat sie nicht, doch die Umrisse sind zu erkennen.
Am Zaun dahinter ist ein schwarzes Banner befestigt. "Graz steht zusammen", ist darauf zu lesen.
Und auch etwas abseits, noch bevor man Richtung BORG Dreierschützengasse abbiegt, liegen Blumen. Wer an der Kreuzung vorbeikommt, hält hier inne.
Sie alle eint der Versuch, die unfassbare Tragödie vom Dienstag fassbar zu machen. 10 Menschen wurden getötet.
"Wird dauern, bis man das verkraftet hat"
Eine Mutter erzählt von ihrem Sohn, der eigentlich in Voitsberg zur Schule geht, hin und wieder aber auch Unterricht an der HTL nahe dem BORG Dreierschützengasse hat.
Er schrieb ihr gleich, als er vom Amoklauf hörte. "Zuerst hat es geklungen, als ob das in seiner Schule passiert ist", erinnert sich die Frau. Der Schreck ist ihr auch beim Erzählen noch anzumerken.
Einer anderen Anrainerin, die gerade ihre Einkäufe nach Hause trägt, kommen, angesprochen auf die Tragödie, sofort die Tränen: "Das wird eine Weile dauern, bis man das verkraftet hat".
Vier Schülerinnen gehen am Gehsteig entlang. Gerade haben auch sie Kerzen angezündet. "Sie hat so geweint, sie hat die Lehrerin voll gemocht", hört man sie im Vorbeigehen erzählen.
Video: Wie kann man Kindern nach der Tragödie helfen?
Zusammenfassung
- Am Dienstag wurden im BORG Dreierschützengasse in Graz zehn Menschen getötet, woraufhin der Ort vor der Schule zu einem Platz für gemeinsames Trauern und Gedenken wurde.
- Noch immer bringen Menschen Kerzen und Blumen, ein Banner mit der Aufschrift "Graz steht zusammen" hängt am Zaun..
- Für viele Trauernde sind die Plätze vor dem BORG zu einem Ort geworden, an dem sie die Tragödie fassbar machen wollen.
- Zwei Kindergartenpädagoginnen erzählen, wie sie mit ihren Schützlingen über die Tat sprechen.
- Die Eltern der Kinder in ihrem Spitalskindergarten kümmerten sich am Tag des Amoklaufs um Verletzte.