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Kochers Preistransparenz-Vorschlag "bringt halt auch wenig"

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Schon vor Monaten bauten einige findige Privatpersonen Plattformen, um Lebensmittelpreise zu vergleichen. Die Regierung will nun auch Preise transparent machen, aber nur bei ausgewählten Produkten. Allein Preise von Grundnahrungsmitteln "bringen halt auch wenig", befürchten Betreiber von Preisvergleichs-Plattformen.

Im Frühjahr setzte die Bundesregierung zum Kampf gegen teure Lebensmittel an. Nach einem erfolglosen Lebensmittelgipfel im Mai brachte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zumindest den Vorschlag, "bis zum Herbst" eine "kleine Datenbank der wichtigsten Lebensmittel" aufzusetzen, um eine "bessere Vergleichbarkeit" zu gewährleisten. 

Gesagt, getan - aber nicht von der Regierung, sondern von einigen Privatpersonen. Sie setzten Vergleichsportale auf, um die Preisentwicklungen bei den großen Lebensmittelhändlern transparent zu machen. Die Projekte zeigten in den Folgemonaten immer mehr Muster in der Preisgestaltung der Supermärkte auf: So kosten etwa unzählige Produkte der Diskont-Eigenmarken S-Budget und Clever auf den Cent gleich viel. Außerdem nutzen die Lebensmittelhändler offensichtlich Aktionen und Rabatte, um im Anschluss die regulären Preise anzuheben.

Bundeswettbewerbsbehörde fordert Transparenz-Maßnahmen

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) legte am Freitag Vorschläge vor, um die Transparenz bei Lebensmittelpreisen zu erhöhen. So sollen Handelsunternehmen mit Online-Shops ab einer gewissen Größe, Preise und weitere Produktinformationen über eine technische Schnittstelle (API) zugänglich zu machen. Außerdem brauche es rechtliche Rahmenbedingungen, damit die Preisvergleichsplattformen sich "nachhaltig etablieren können". 

Zudem geht man bei der BWB davon aus, dass der Lebensmittelhandel schon jetzt die Preise der Konkurrenz analysiert, das führe tendenziell zu einer Angleichung der Preise. Hier würde Transparenz den Wettbewerb stärken. 

Einige, statt abertausenden Produkten im Preisvergleich

Wirtschaftsminister Kocher kündigte an, dass in wenigen Wochen ein Gesetzesvorschlag dazu vorliegen soll. Ziel sei, "die Transparenz zu erhöhen und den Wettbewerb zu stärken und einen Konsumentennutzen zu stiften". Dazu sollen Händler verpflichtet werden, "eine gewisse Anzahl von Preisen und Produkten" zur Verfügung zu stellen. 

Welche Produktgruppen das genau sein sollen, ist noch nicht klar, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium auf PULS 24 Anfrage. Anhaltspunkte solle aber der Mini-Warenkorb der Statistik Austria liefern. Dieser umfasst 60 Waren und Dienstleistungen und soll einen durchschnittlichen Wocheneinkauf abbilden. 

Ministerium will Fokus auf Preis verhindern

Aktuell werden allerdings zehntausende Preise verglichen. Bei heisse-preise.io von Mario Zechner sind aktuell 117.000 Produkte im Preisvergleich, teuerungsportal.at habe derzeit "knapp 57.000 Produkte" im Vergleich, wie Betreiber Bernhard Ruckenstuhl im Gespräch mit PULS 24 sagte. 

Im Wirtschaftsministerium wolle man aber bewusst nicht alle Preise transparent machen. "Damit soll vermieden werden, dass Konsumentinnen und Konsumenten ihre Kaufentscheidung nur nach dem Kriterium Preis treffen und Produkte höherer Qualität dadurch benachteiligt werden", heißt es dazu. 

Diese Sorge ist aber unbegründet, wie Zechner gegenüber PULS 24 sagte. Schon jetzt könne man die Preise unterschiedlich filtern, etwa nach Bio-Produkten. Auch ein Filter nach österreichischen Produkten sei kein Problem, wenn die Daten das hergeben. 

Abstrakte Durchschnittswerte "sagen nichts aus"

Für Ruckenstuhl ist Kochers Vorstoß "trotzdem mal ein wichtiger Schritt". Wenn aber nur Preise von Grundnahrungsmitteln erfasst sind, "bringt das halt auch wenig". Abstrakte Durchschnittswerte "sagen nichts aus". So könne etwa eine Semmel ganz günstig angeboten werden, während alle anderen deutlich teurer sind. Das verzerre dann das Bild, meint der Betreiber von "teuerungsportal.at". 

Auch Zechner vermutet, dass die Regelung "Flexibilität für den Handel" lassen könnte, etwa in der Frage, "welche Produkte innerhalb dieser Kategorien" öffentlich zugänglich gemacht werden. So blieben den Konsument:innen weiterhin viele Informationen vorenthalten. 

Beide betonen aber, dass man sich noch keine klare Meinung bilden könne, solang der Gesetzesvorschlag nicht final am Tisch liege.

Außerdem sei weiterhin wichtig, dass sich die Händler gegen Falschdarstellungen wehren können, fügte Zechner hinzu. Für die Preisvergleicher brauche es aber auch Rechtssicherheit. Für sie seien es Freizeitprojekte, wenn dann "technische Fehler schon reichen, um dann verklagt zu werden", würde sich niemand darauf einlassen.

Ministerium in Kontakt mit Plattformen - oder nicht?

Im Wirtschaftsministerium hieß es auf Nachfrage: Man "war bereits im Austausch mit privaten Anbietern von Preisvergleichsplattformen, um sich vor Erarbeitung eines gesetzlichen Rahmens einen guten Überblick über aktuelle Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten zu schaffen". Zechner, der als erster eine Preisvergleichsplattform schuf, sei aber nicht kontaktiert worden, wie er gegenüber PULS 24 sagte. 

Ruckenstuhl meinte, er "würde sofort unterstützen", wenn die Ministerien auf ihn zukämen. Er habe dazu Wirtschaftsminister Kocher bereits eine Mail geschickt, bislang habe er dazu allerdings noch keine Antwort erhalten. 

ribbon Zusammenfassung
  • Schon vor Monaten bauten einige findige Privatpersonen Plattformen, um Lebensmittelpreise zu vergleichen.
  • Die Regierung will nun auch Preise transparent machen, aber nur bei ausgewählten Produkten. Allein Preise von Grundnahrungsmitteln "bringen halt auch wenig", befürchten Betreiber von Preisvergleichs-Plattformen.
  • Kocher schlug Maßnahmen zur Transparenz bei Lebensmittelpreisen vor. Dazu sollen Händler verpflichtet werden, "eine gewisse Anzahl von Preisen und Produkten" zur Verfügung zu stellen. 
  • Welche Produktgruppen das genau sein sollen, ist noch nicht klar, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium auf PULS 24 Anfrage.
  • Zechner vermutet, dass die Regelung "Flexibilität für den Handel" lassen könnte. So blieben den Konsument:innen weiterhin viele Informationen vorenthalten.

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