APA/dpa/Sven Hoppe

Teure Lebensmittel: Keiner will daran verdient haben

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Lebensmittel sind im vergangenen Jahr dramatisch teurer geworden. Daran verdient haben will niemand - weder die Bauern, noch die Industrie. Und der Handel findet den Vorwurf der Preistreiberei gar "völligen Schwachsinn". Auf Nachfrage zeigt sich: Die Preisgestaltung ist völlig intransparent.

Lebensmittel sind in Österreich zwischen März 2022 und März 2023 um 14,6 Prozent teurer geworden. Das liegt deutlich über der Inflationsrate von 9,8 Prozent im April. Bei preiswerten Lebensmitteln ist der Preisanstieg aber noch dramatischer.

Der Preismonitor der Arbeiterkammer überwacht die Teuerung eines Einkaufs mit 40 "preiswerten Lebens- und Reinigungsmitteln". Während dieser Einkauf in Österreichs Supermärkten und Discountern im März 2022 noch 58,33 Euro gekostet hat, wurden im März 2023 dafür bereits 75,79 Euro fällig - das ist fast ein Drittel mehr. 

Wer verdient?

Aber wer verdient jetzt daran? Die heimischen Landwirte fürchten um ihre Existenz, Industrie und Handel weisen jede Schuld von sich. Eine Gemeinsamkeit haben jedoch Beschwerden von allen Ebenen der Wertschöpfungskette - die Energiepreise. Transparent offenlegen, wie die Kostensteigerungen zustande kommen, will jedoch niemand.

Landwirte sorgen sich um ihre Existenz

Bei den Erzeugerpreisen ist Entspannung in Sicht. Besonders beim Brotgetreide wie Weizen geht es mit den Preisen seit Monaten deutlich bergab. Die österreichische Landwirtschaftskammer (LKÖ) nannte im Gespräch mit PULS 24 von einem Rückgang von ca. 30 Prozent. Dieser Trend könnte sich fortsetzen.

"Die Lebensmittelpreise sind unvermindert hoch, während die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise längst wieder gesunken sind und bei den meisten Produkten auch nur einen geringen Teil des Verbraucherpreises ausmachen. Klar ist somit, dass die Gewinne ganz woanders hängen bleiben", sagte Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger nach dem gescheiterten Lebensmittelgipfel am Montag. 

Landwirten machen vor allem die stark gestiegenen Kosten für Energie und Dünger zu schaffen. Die Produktion von Dünger braucht enorme Mengen an Energie, außerdem war Russland vor Beginn des Ukraine-Kriegs der weltweit größte Exporteur für Düngemittel. Auch deshalb herrsche bei den heimischen Getreidebauern große Verunsicherung, "ob sich die Produktion im nächsten Jahr noch lohnen wird", hieß es dazu von der LKÖ. 

Vorarlberger Bäcker Ölz erzielt mehr Umsatz, ohne mehr zu verkaufen

In der Lebensmittelindustrie zeigt man sich zugeknöpft, wenn es um Zahlen geht. Ein Blick auf den Gebäck- und Toastproduzenten Ölz zeigt: Ohne mehr zu verkaufen, wurde mehr Erlös erzielt. In einer Aussendung des Dornbirner Familienunternehmens heißt es, dass man die Absatzmenge "stabil" halten konnte. Der Umsatzerlös 2022 belief sich auf 240,2 Millionen Euro - ein Plus von 12,8 Prozent. 

"Aufgrund der extremen Preissteigerungen im Rohstoff- und Energiebereich waren Preisanpassungen unumgänglich", hieß es dazu in der Aussendung. Wie viel Gewinn am Ende dabei beim Unternehmen hängen geblieben ist, wollte man auf PULS 24 Nachfrage nicht sagen. Auf die Preise im Handel würde man keinen Einfluss nehmen: "Hier ist eine Einflussnahme unsererseits nicht wettbewerbskonform und zulässig", sagte eine Sprecherin. Zu einer weiteren Stellungnahme gegenüber PULS 24 war das Unternehmen nicht bereit.

In den Supermarkt-Regalen wurden die Produkte von Ölz jedenfalls viel teurer. Wie die Arbeiterkammer erhob, wurde das Toastbrot in Scheiben von Ölz im Billa Onlineshop zwischen April 2022 und April 2023 um 40,2 Prozent teurer. 

Handel wehrt sich gegen Preistreiber-Image: "Wir sind keine Börsenspekulanten"

Beim Handelskonzern Spar wehrt man sich gegen den Vorwurf, Schuld an den massiven Preissteigerungen zu sein: "Der Vorwurf, wir würden uns an der ganzen Situation bereichern, ist völliger Schwachsinn, um es deutlich zu sagen", sagte eine Konzernsprecherin. Man habe versucht, die Preise "so niedrig wie möglich zu halten" und dafür "auf einen Teil unserer Gewinnspanne verzichtet", hieß es. 

Beim anderen Platzhirsch im heimischen Lebensmittelhandel, der Rewe-Gruppe (Billa, Penny, Adeg, Bipa), habe man Gewinneinbußen von mehr als 25 Prozent hingenommen, um nicht alle Preiserhöhungen weiterzugeben. Alleine die gestiegenen Energiekosten hätten den Handelskonzern 70 Millionen Euro mehr gekostet, sagte ein Sprecher gegenüber PULS 24. 

Unklar, wann sinkende Preise im Supermarkt-Regal ankommen

Wann sinkende Preise an die Konsumenten weitergegeben werden, sei jedoch schwer zu beantworten. "Wir sind keine Börsenspekulanten", hieß es von Rewe. Mit "langfristigen Verträgen" solle die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Dadurch könnten sinkende Preise erst verzögert in den Regalen ankommen. 

Bei Spar wolle man günstigere Preise "so schnell wie möglich" an die Kunden weitergeben, sobald man diese von den Herstellern erhalte. Wann genau das sein könnte, darüber wollten beide Handelskonzerne keine Auskunft geben.

Die Preisgestaltung im Lebensmittelhandel bleibt also vorerst weiter intransparent. Solange sich dies nicht ändert, wird der Vorwurf der Bereicherung bzw. der "Gierflation" wohl weiter im Raum bleiben.

Mehr dazu:

ribbon Zusammenfassung
  • Lebensmittel sind im vergangenen Jahr dramatisch teurer geworden.
  • Daran verdient haben will niemand - weder die Bauern, noch die Industrie. Und der Handel findet den Vorwurf der Preistreiberei gar "völligen Schwachsinn".
  • Transparent offenlegen, wie die Kostensteigerungen zustande kommen, will aber niemand.
  • Auch wann sinkende Preise im Supermarkt-Regal ankommen, wollten die Handelskonzerne nicht beantworten.

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