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Warum Putin auf Erdoğans Sieg hofft

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Erdoğan und Putin sind schon lange Partner. Ein Machtwechsel in der Türkei könnte sich auch auf Russland auswirken.

Nicht nur für die Türkei ist die Präsidentschaftswahl am Sonntag richtungsweisend. Der Ausgang der Stichwahl hat auch für Russland gewichtige Auswirkungen, etwa bei der Auseinandersetzung Moskaus mit der NATO. Beobachter sind sich einig: Der Kreml hofft auf einen Sieg des langjährigen Staatschefs Recep Tayyip Erdoğan. Denn nur er garantiere den Fortbestand der engen russisch-türkischen Beziehungen.

Russland wohl erleichtert über ersten Wahlgang

Entgegen den Prognosen gewann Erdoğan Mitte Mai in der ersten Runde gegen seinen sozialdemokratischen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu. "Da wird Russland erleichtert aufgeatmet haben", sagt ein westlicher Diplomat, der in der Türkei und in Russland tätig war.

Für den Kreml ist Erdoğan eine bekannte Größe, seit 20 Jahren arbeitet er mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin zusammen. Kılıçdaroğlu hingegen beschuldigt Moskau, sich in die Wahl in der Türkei eingemischt zu haben.

Erdoğan: "Besondere Beziehung" zu Russland

Erdoğan rühmte kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender CNN seine "besondere Beziehung" zu Putin. "Russland und die Türkei brauchen einander in allen möglichen Bereichen", sagte er. In einer Welt, in der sowohl Moskau als auch Ankara der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens skeptisch gegenüberstehen, sehen Putin und Erdogan einander als zuverlässige Partner.

"Sie sind sich unglaublich ähnlich in ihrer politischen Mentalität, ihrem Stil und ihrem Verhältnis zur Außenwelt", sagt der unabhängige politische Analyst Arkady Dubnow. "Beide verachten die liberalen Werte des Westens zutiefst."

Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Putin und Erdoğan immer einig sind. In den Konflikten in Syrien, Libyen und Berg-Karabach unterstützten sie verschiedene Lager. Als die Türkei 2015 versehentlich ein russisches Kampfflugzeug nahe der syrischen Grenze abschoss, warf Putin der Türkei vor, Russland in den Rücken zu fallen. Doch als ein halbes Jahr später Teile des Militärs versuchten, Erdoğan zu stürzen, war Putin der erste Staatschef, der seinem türkischen Kollegen Unterstützung anbot.

Trotz unterschiedlicher Positionen fanden sie immer wieder eine gemeinsame Basis. "Es gibt viele Widersprüche in ihren Interessen", sagt Fjodor Lukjanow, ein dem Kreml nahestehender Experte für Außenpolitik. "Aber die persönlichen, langjährigen Beziehungen zwischen den beiden Führern sind sehr hilfreich."

Keine Männerfreundschaft

Der westliche Diplomat beschreibt die Beziehung der beiden Präsidenten als pragmatisch: "Differenzen werden beiseite geschoben und sie arbeiten zusammen, wenn ihre Interessen übereinstimmen. Eine Männerfreundschaft gibt es nicht zwischen Erdoğan und Putin."

Türkei als Vermittlerin?

Als der Kreml vergangenes Jahr Truppen in die Ukraine schickte, versuchte das NATO-Mitglied Türkei zwischen dem Westen und Russland zu vermitteln. Ankara lieferte einerseits Drohnen an Kiew und weigerte sich andererseits, sich den Sanktionen gegen Moskau anzuschließen.

Während der Westen scharfe Sanktionen gegen Russland verhängt hat, hat sich die Türkei zu einem wichtigen Umschlagplatz für russische Exporte entwickelt, der Investitionen anzieht; und russisches Gas kauft die Türkei nun zu Schleuderpreisen. Erdoğan vermittelte zusammen mit der UNO das Schwarzmeer-Getreideabkommen, das Ausfuhren aus ukrainischen Häfen sicherte und so eine Nahrungsmittelkrise abwandte.

Russland werde an den engen Beziehungen zur Türkei festhalten - egal, wer die Wahl gewinne, versicherte der Kreml vor kurzem. Doch ein Sieg des dem Westen wohlgesonnenen Kılıçdaroğlu könnte die Nähe gefährden, etwa wenn sich durch einen Machtwechsel das türkische Verhältnis zur NATO entspannt. Es gehe Putin nicht so sehr um Erdoğan, sagt Lukjanow. "Sondern darum, dass berechenbare Beziehungen zur Türkei jetzt äußerst notwendig sind."

ribbon Zusammenfassung
  • Erdoğan und Putin sind schon lange Partner. Ein Machtwechsel in der Türkei könnte sich auch auf Russland auswirken.
  • Erdoğan rühmte kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender CNN seine "besondere Beziehung" zu Putin. "Russland und die Türkei brauchen einander in allen möglichen Bereichen", sagte er.
  • Als der Kreml vergangenes Jahr Truppen in die Ukraine schickte, versuchte das NATO-Mitglied Türkei zwischen dem Westen und Russland zu vermitteln.

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