APA/HELMUT FOHRINGER

Schmid trifft auf Kurz: "Ich liebe meinen Kanzler" ist lange her

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Thomas Schmid will in möglichen künftigen Prozessen Kronzeuge werden. Sein Auftritt am Montag kann als Generalprobe dafür betrachtet werden. Er belastet sein ehemaliges Idol Sebastian Kurz schwer - vor Gericht kommt es zum Duell um die Glaubwürdigkeit.

"Ich liebe meinen Kanzler", schrieb Thomas Schmid einst in einem seiner folgenschweren Chats. Am Montag trifft der ehemalige Finanz-Generalsekretär und Ex-ÖBAG-Chef am Wiener Landesgericht auf sein ehemaliges Idol Sebastian Kurz

Das Wiedersehen wird allerdings mehr ein Duell werden - um die Glaubwürdigkeit. Schmid belastet Kurz und dessen ebenfalls angeklagten ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli mit seinen Chats und Aussagen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schwer. 

Informiert oder involviert?

Vorgeworfen wird den beiden Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Sie sollen dort ihre Rolle bei der Besetzung von Aufsichtsrat und Vorstand der ÖBAG kleingeredet haben. Schmid, der Kurz bei seinem Aufstieg - erst ÖVP-intern, später an die Regierungsspitze - geholfen haben soll, wurde selbst ÖBAG-Chef. Kurz behauptete im U-Ausschuss, er sei über diese Vorgänge informiert, aber nicht involviert gewesen

Die WKStA will mithilfe der Aussagen von Thomas Schmid und dessen Chats das Gegenteil beweisen. Wem wird Richter Michael Radasztics mehr Glauben schenken?

Sowohl die WKStA als auch die Verteidiger von Kurz und Bonelli sehen Schmid als den entscheidenden Zeugen an. Beide Parteien wollten ihn eigentlich als ersten Zeugen laden - doch Schmid, der derzeit in Amsterdam wohnt, sagte aus terminlichen Gründen zunächst ab. 

Generalprobe für den Kronzeugen

Am Montag ist es so weit. Besonders spannend wird im Prozess wohl die Befragung von Schmid durch den Richter und die Anwälte der Angeklagten - Otto Dietrich und Werner Suppan. Diese werden versuchen, Schmid als unglaubwürdig darzustellen.

Gegen den ehemaligen Kurz-Vertrauten wird auch in der Causa um angeblich manipulierte und gekaufte Umfragen durch das Finanzministerium zugunsten der ÖVP ermittelt. Sollte es zur Anklage kommen, will Schmid Kronzeuge werden.

Kurz argumentiert, Schmid würde deswegen gegen ihn aussagen. Die WKStA sieht hingegen genau darin seine Glaubwürdigkeit bestätigt: Sollte er lügen, gebe es keine Möglichkeit mehr auf den Kronzeugen-Status. Im Zeugenstand gilt Wahrheitspflicht - selbst belasten muss man sich allerdings nicht.

Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef wird zu seiner Beziehung zu Sebastian Kurz allgemein befragt werden und ob Postenbesetzungen in der Staatsholding ÖBAG, die Österreichs wichtigste Firmenbeteiligungen von OMV über die Post bis zu den Casinos Austria verwaltet, abgesprochen wurden. Schmid sagte gegenüber der WKStA, es habe keine einzige Personalentscheidung der ÖVP gegeben, die nicht von Sebastian Kurz abgesegnet worden war

"Krieg den Hals einmal voll"

Die WKStA sieht diese Aussage unter anderem durch Chats belegt. Als Schmid ÖBAG-Chef wurde, bat er Kurz, ihn "nicht zu einem Vorstand ohne Mandate" zu machen. "Das wäre ja wie Wiener Stadtrat ohne Portfolio. "Kurz schrieb: "Kriegst eh alles, was Du willst" und hängte noch drei Bussi-Emojis an. Darauf antwortete Schmid an Kurz: "Ich bin so glücklich :-))) Ich liebe meinen Kanzler"

Kurz hingegen wollte die Chats in seiner Befragung vor Gericht anders interpretiert wissen: Er habe Schmid eher ermahnen wollen, weil dieser eh schon alles kriege. "Krieg den Hals einmal voll", hätte der Chat heißen sollen.

"Keine Lemminge"

Generell sei Schmid laut Kurz einer gewesen, der vor allem an seinem eigenen Fortkommen interessiert gewesen sei - Kurz habe ihn sogar einbremsen wollen. "Wenn der Thomas Schmid damals mit mir über die Bestellung gesprochen hat, dann kann ich Ihnen versichern, es war für ihn wichtiger als für mich", sagte der ehemalige Kanzler vor Gericht.

Er blieb dabei: Die Aufsichtsräte hätte der damalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger bestellt. Er habe nicht nur "loyale Lemminge" um sich gehabt, auch die Aufsichtsräte seien keine Lemminge.

Im Gegenteil: Schmid habe Kurz' Vorschläge, den Unternehmer Siegfried Wolf oder den ehemaligen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in den ÖBAG-Aufsichtsrat zu ernennen, sogar "torpediert", so Kurz. 

Wegen der widersprüchlich Aussagen wird es beim Prozess am Montag auch um die Hintergründe der ÖBAG-Gründung und der Beziehung zwischen Kurz und Schmid an sich gehen. Sie sollen die Frage klären, ob Kurz denn wirklich nur informiert war und wer denn nun für wen gearbeitet habe: Schmid für Kurz oder Schmid vor allem für sich selbst.

"Du gehörst zur Familie" 

Zur Sprache könnte dabei etwa kommen, ob es schon bei den Koalitionsverhandlungen einen Deal zwischen FPÖ und ÖVP gegeben habe, wer denn ÖBAG-Chef werde. Schmid ging ja schon recht früh davon aus, den Posten zu bekommen. Auch, dass Schmid sich die Ausschreibung zum ÖBAG-Alleinvorstand zurechtgebogen haben soll und am ÖBAG-Gesetz eifrig mitgewirkt habe, könnte thematisiert werden.

Schmid, dem der ehemalige ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel einmal "Du bist Familie" schrieb, soll Kurz jahrelang unterstützt haben - etwa durch Umfragen oder durch Budget-Umverteilungen in seiner Zeit im Finanzministerium. Bekam er den Posten doch deswegen? 

Wer entscheidet das Duell für sich?

Fakt ist - es wäre gar nicht illegal gewesen, hätte sich Kurz in die Postenentscheidungen eingemischt. Das sagte selbst Staatsanwalt Gregor Adamovic beim Prozessauftakt. Eine wahrheitsgemäße Aussage vor dem U-Ausschuss wäre aber in Widerspruch zum versprochenen "neuen Stil" gestanden. Kurz habe politischen Reputationsverlust gefürchtet. 

Nun muss Kurz eine Verurteilung fürchten - je nachdem, wer das Glaubwürdigkeits-Duell für sich entscheidet. 

ribbon Zusammenfassung
  • Thomas Schmid will in möglichen künftigen Prozessen Kronzeuge werden.
  • Sein Auftritt am Montag kann als Generalprobe dafür betrachtet werden.
  • Er belastet sein ehemaliges Idol Sebastian Kurz schwer - vor Gericht kommt es zum Duell um die Glaubwürdigkeit.

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