Moser zu ÖBAG-Chats: Fall Schmid nur anders, weil es "herausgekommen ist"

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Bundeskanzler Sebastian Kurz will sich nach dem Auftauchen von Chats mit ÖBAG-Chef Thomas Schmid Korruptionsvorwürfe "nicht gefallen lassen." Für Politologe Moritz Moser ist die Vorgehensweise üblich, aber weder legal noch gut.

Bundeskanzler Sebastian Kurz stellte sich am Dienstag im Bundesrat einer dringlichen Anfrage der SPÖ. Unter dem Titel "Der Kanzler im Korruptionssumpf" beantwortete Kurz 72 Fragen zu den Postenschacher-Vorwürfen rund um die ÖBAGKurz begann seine Ausführungen mit Angriffen auf die SPÖ: "Ich werde mir das nicht gefallen lassen". 

Personalentscheidungen fänden wöchentlich statt. Das sei weder strafbar noch anrüchig, sondern Aufgabe der politisch gewählten Vertreter. Er verwehre sich "ganz besonders" dagegen, dass jede Personalentscheidung einer "bürgerlichen oder rechten Partei" als Verbrechen dargestellt werde. Kurz hält es für sinnvoll, dass im Aufsichtsrat der ÖBAG "demokratische Verhältnisse abgebildet sind". 

Moser: Kurz' Vergleich "weit hergeholt"

Im Anschluss analysierte der Politologe und Journalist Moritz Moser die Aussagen des Bundeskanzlers. Ja, es sei üblich, dass die Politik Posten besetze, aber das heiße nicht, dass es legal oder im politischen Sinne gut sei, sagte der Experte. Eine Postenbesetzung in einem staatsnahmen Unternehmen mit einer Ministerernennung zu vergleichen, wie das Kurz im Bundesrat getan habe, ist für Moser "weit hergeholt" Denn einer Besetzung in einem wirtschaftlichen Unternehmen gehe eine Ausschreibung voraus. Wenn der Bundeskanzler solche Besetzungen demokratisch legitimieren wolle, dann solle die Regierung das Gesetz ändern und nicht "irgendwelche Ausschreibungen machen", die dann suggerieren würden, dass es einen objektiven Auswahlprozess gegeben habe. 

Anzeige mit wenig Erfolgsaussichten

"Es wird schwer sein, dem Bundeskanzler in diesem Fall strafrechtlich relevantes Handeln zu unterstellen, weil er selber ja nicht die Besetzung vorgenommen hat." Kurz werde derzeit nicht als Beschuldigter geführt. Das Strafrecht sei aber nicht die Grenze dessen, was Politik tun solle und könne. 

Die NEOS kündigten eine Anzeige gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage an. Falls es zu einer Ermittlung oder Anklage käme, so Moser, stünden darauf zwar bis zu maximal drei Jahre Haft, aber sobald man eine Falschaussage tätige, weil man selbst falsche Informationen habe, sei es kein Strafbestand mehr. 

Fall Schmid nur anders, weil es "herausgekommen ist"

Der aktuelle Postenschacher unterscheide sich laut Moser von anderen Fällen hauptsächlich dadurch, "dass es herausgekommen ist". Er vermutet mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", dass es in der Vergangenheit genauso vorgekommen sei. Man wisse es nur nicht. 

Der Politologe wünsche sich, dass die Politik endlich den Mut fassen würde, zuzugeben, dass man Posten politisch besetze und nicht Ausschreibungen vorschiebe. Wenn man Ausschreibungen ernst nehme, müsse man das objektivieren und nicht bei jeder etwas anderes verlangen. 

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Sebastian Kurz stellte sich am Dienstag im Bundesrat einer dringlichen Anfrage der SPÖ. Unter dem Titel "Der Kanzler im Korruptionssumpf" beantwortete Kurz 72 Fragen zu den Postenschacher-Vorwürfen rund um die ÖBAG.
  • Politologe und Journalist Moritz Moser analysierte die Aussagen des Bundeskanzlers. Ja, es sei üblich, dass die Politik Posten besetze, aber das heiße nicht, dass es legal oder im politischen Sinne gut sei. 
  •  Eine Postenbesetzung in einem staatsnahmen Unternehmen mit einer Ministerernennung zu vergleichen, wie das Kurz im Bundesrat getan habe sei "weit hergeholt". Denn einer Besetzung in einem wirtschaftlichen Unternehmen gehe eine Ausschreibung voraus.
  • Wenn der Bundeskanzler solche Besetzungen demokratisch legitimieren wolle, dann solle die Regierung das Gesetz ändern und nicht "irgendwelche Ausschreibungen machen", die dann suggerieren würden, dass es einen objektiven Auswahlprozess gegeben habe. 
  • Der aktuelle Postenschacher unterscheide sich laut Moser von anderen Fällen hauptsächlich dadurch, "dass es herausgekommen ist".
  • Der Politologe wünsche sich, dass die Politik endlich den Mut fassen würde, zuzugeben, dass man Posten politisch besetze und nicht Ausschreibungen vorschiebe. Wenn man Ausschreibungen ernst nehme, müsse man das objektivieren und nicht bei jeder etwas ande