APA/GEORG HOCHMUTH

ÖVP: "Kickl hat Sicherheit Österreichs an Russland verraten"

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FPÖ-Chef Herbert Kickl soll am Donnerstag im U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" aussagen. Schon am Montag ging die ÖVP in Person von Andreas Hanger mit schweren Vorwürfen an die Öffentlichkeit. Es geht um mutmaßliche Russland-Connections der FPÖ, Inserate in rechtsextremen Medien und Egisto Ott.

Der von der ÖVP eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" nimmt langsam an Fahrt auf - auch durch die Causa Egisto Ott, der wegen des Vorwurfs der Russland-Spionage in U-Haft sitzt.

Sicherheitsrat tagt

Schon am Dienstag wird wegen der Festnahme des ehemaligen BVT-Beamten Ott der nationale Sicherheitsrat tagen. Bundeskanzler Karl Nehammer folgte einer entsprechenden Forderung der Grünen, die der FPÖ ebenfalls "Verrat" an Österreich vorwerfen. Laut Nehammer müsse verhindert werden, "dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien oder Netzwerke unterwandern oder instrumentalisieren."

Nun wirft die ÖVP der FPÖ vor, zu Kickls Zeit als Innenminister geplant zu haben, Ott im BVT an eine zentrale Stelle zu hieven. 

Kickl soll im U-Ausschuss Antworten liefern

An Mittwoch und Donnerstag erwarten sich die anderen Parteien im U-Ausschuss dazu Antworten von der FPÖ selbst, die entsprechende Vorwürfe bislang zurückwies.

Dort wird am Donnerstag FPÖ-Chef Herbert Kickl selbst aussagen. Dazu soll außerdem Reinhard Teufel, der Kickls Kabinettchef im Innenministerium war, befragt werden, sowie ein Jurist im Innenministerium, der auch stellvertretender Büroleiter des Generalsekretariats war. 

Wie der ÖVP-Angeordnete Andreas Hanger am Montag in einer Pressekonferenz darlegte, soll Kickl in seiner Zeit als Innenminister nämlich "die Sicherheit Österreichs an Russland verraten" haben. Durch die mittlerweile als rechtswidrig erklärte Razzia im damaligen BVT habe er "den österreichischen Geheimdienst zerstört". 

Kickl habe das als Rache am BVT getan, so Hanger - denn dort habe es kritische Dossiers über die "freiheitliche Fake-News-Plattform 'unzensuriert.at'" und über die Teilnahme Kickls an einem rechtsextremen Vernetzungstreffen namens "Verteidiger Europas" im Jahr 2016 in Linz gegeben. Außerdem habe das BVT die Liederbuchaffäre um FPÖ-Niederösterreich-Chef Udo Landbauer aufgedeckt. 

Zentrale Stelle für Egisto Ott?

So weit, so bekannt. Die ÖVP will in den Akten zum U-Ausschuss aber auch Belege dafür gefunden haben, dass Kickl als damaliger Innenminister nach der Razzia beim BVT dem ehemaligen Verfassungsschützer Ott eine zentrale Rolle in der Neuaufstellung des Geheimdienstes zugedacht habe.

Ungewöhnlicherweise habe die FPÖ laut Hanger Pläne gehabt, einen Teil des BVT im Außenministerium anzusiedeln und dort hätte laut einem Organigramm der "mutmaßliche russische Spion" Ott, wie Hanger sagte, die Koordinierungsstelle in einem der Referate leiten sollen. 

Dadurch hätte er Zugang zu allen sicherheitsrelevanten Informationen und streng geheimen Dokumenten bekommen, behauptet Hanger. Ott sei zum damaligen Zeitpunkt außerdem suspendiert gewesen.

ÖVP sieht Jenewein-Chats als Belege an

Laut Hanger existiere ein Chat zwischen dem ehemaligen freiheitlichen Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein, den die ÖVP ebenfalls noch in den U-Ausschuss laden will, und Ott, in dem dieser dem Verfassungsschützer angekündigt habe, bei der Neustrukturierung des Geheimdienstes im März bzw. April 2019 "mit dabei zu sein".

"Wir werden für alle, die mitgeholfen haben, eine gute Lösung finden", zitierte Hanger. Dazu sei es infolge des Platzens der türkis-blauen Koalition im Zuge der Ibiza-Affäre und der anschließenden Neuwahl aber nicht mehr gekommen. Jenewein habe damals als "rechte Hand" Kickls fungiert, so Hanger.

Die Frage, die sich für den schwarzen Fraktionsführer nun stellt, sei, ob Kickl damals von Otts mutmaßlicher Spionagetätigkeit gewusst und das absichtlich gemacht habe. Hanger ortet "Indizien" dafür und führte etwa den Freundschaftsvertrag der FPÖ mit Wladimir Putins Partei "Einiges Russland" sowie pro-russische Argumente in rechtsextremen Medien ins Treffen. Damit werde man Kickl am Donnerstag im U-Ausschuss konfrontieren.

Welche Rollen spielten Fritsche und Marsalek?

Zudem wirft die ÖVP der FPÖ Postenschacher, Günstlingswirtschaft bis hin zu Kauf von positiver Berichterstattung gegen Inserate - etwa beim "Wochenblick" - vor. Auch dazu wolle man im U-Ausschuss Fragen stellen. Gehen soll es auch um die Beratertätigkeit des ehemaligen deutschen Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche im BVT unter Kickl. 

In diesem Zusammenhang brachte zuletzt vor allem der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty Vorwürfe gegen Kickl vor. Die NEOS wollen Fritsche sogar in den U-Ausschuss laden. CSU-Mann Fritsche soll später Lobbying-Arbeiten für Wirecard übernommen haben und Treffen zwischen der deutschen Bundesregierung und dem Unternehmen in die Wege geleitet haben.

Video: Neue Details in Causa Ott

Zuvor soll Fritsche laut Shetty im BVT Zugang zu Informationen aller Klassifizierungsstufen gehabt haben. Shetty sagte im Gespräch mit PULS 24, man wolle diesbezüglich sogar etwaige strafrechtliche Aspekte prüfen. Jedenfall setze man sich aber auch für einen U-Ausschuss zum Thema Russland-Connections ein. 

Für Wirecard war bekanntlich auch der Österreicher Jan Marsalek tätig, der nun ebenfalls für Russland als Spion tätig sein soll. Es gibt den Verdacht, dass Marsalek hinter den mutmaßlichen Spionage-Tätigkeiten Otts steht.

"Kindsweglegung" bei ÖVP?

Der ÖVP-Abgeordnete Hanger warf bei der Pressekonferenz am Montag in den Raum, dass es "enge Verbindungen der FPÖ zu Marsalek" gebe und dieser zu Kickls Zeit zwei Mal im Innenministerium gewesen sei. Dazu müsse man aber noch "recherchieren und fragen". 

Die NEOS orten hier bei der ÖVP "Kindsweglegung". Zum einen habe die Volkspartei Kickl zum Innenminister gemacht, zum anderen trage die ÖVP die politische Verantwortung, dass ein Netzwerk Marsaleks das Innenministerium überhaupt infiltrieren konnte, so Stephanie Krisper am Montag. 

FPÖ weist Vorwürfe zurück

Auch FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wies am Rande einer Pressekonferenz die Vorwürfe Hangers zurück: Dieser würde beinahe täglich mit "skurrilen Aluhüten" auftreten. Zu den angeblichen Chats von Hans-Jörg Jenewein könne er nichts sagen, da er sie nicht kenne. Jenewein habe aber nicht die Funktion gehabt, "über irgendwelche Ämter und Positionen zu entscheiden". Er wisse auch nicht, wo Hanger das präsentierte Organigramm herhaben wolle, so Hafenecker.

Die "Konstruktion" des BVT gehe auf ÖVP-Innenminister Ernst Strasser zurück. Der "Hauptschuldige" beim BVT sei der ehemalige BVT-Leiter Peter Gridling, der von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) geholt worden sei. Jan Marsalek sei mit ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in Moskau beim Abendessen gesessen, führte Hafenecker aus - daher sei für ihn das "Sicherheitsrisiko" bei der ÖVP zu suchen.

Hafenecker verwies außerdem darauf, dass im Beirat der im Kanzleramt unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eingerichteten (und später wieder aufgelösten) Strategie-Stabsstelle "Think Austria" etwa der in Deutschland unter dem Verdacht der Bilanzfälschung festgenommene frühere Wirecard-Chef Markus Braun saß - ein "Kompagnon" des nach Moskau geflüchtete Ex-Wirecard-Vorstands Jan Marsalek. 

ribbon Zusammenfassung
  • FPÖ-Chef Herbert Kickl soll am Donnerstag im U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" aussagen.
  • Schon am Montag ging die ÖVP in Person von Andreas Hanger mit schweren Vorwürfen an die Öffentlichkeit.
  • Es geht um mutmaßliche Russland-Connections der FPÖ, Inserate in rechtsextremen Medien und Egisto Ott.
  • Die ÖVP will in den Akten zum U-Ausschuss aber auch Belege dafür gefunden haben, dass Kickl als Innenminister nach der Razzia beim BVT dem ehemaligen Verfassungsschützer Ott eine zentrale Rolle in der Neuaufstellung des Geheimdienstes zugedacht habe.
  • FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wies am Rande einer Pressekonferenz die Vorwürfe Hangers zurück: Dieser würde beinahe täglich mit "skurrilen Aluhüten" auftreten.

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