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Spionage-Paragraph soll verschärft werden

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Justizministerin Alma Zadic (Grüne) kündigt einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Spionage-Paragraphen an. Künftig soll Spionage von ausländischen Nachrichtendiensten hierzulande nicht nur dann strafbar sein, wenn sie sich gegen österreichische Interessen richtet, sondern auch wenn andere Staaten oder internationale Organisationen ausgekundschaftet werden, hieß es aus dem Justizministerium gegenüber der APA. Der Koalitionspartner ÖVP unterstützt das Ansinnen.

Derzeit bestimmt der Paragraph 256 des Strafgesetzbuchs, dass "wer zum Nachteil der Republik Österreich einen geheimen Nachrichtendienst einrichtet oder betreibt oder einen solchen Nachrichtendienst wie immer unterstützt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen ist". Diese Regelung steht schon seit längerem in der Kritik.

In Wien haben zahlreiche internationale Organisationen wie die UNO, die OSZE oder die OPEC ihren Sitz, dazu kommen viele diplomatische Vertretungen. Gleichzeitig gilt Österreich aufgrund der derzeitigen Rechtslage als relativ sicherer "Arbeitsort" ausländischer Nachrichten- und Geheimdienste. Strafbar ist derzeit hierzulande nur, wer etwa ein österreichisches Ministerium ausspioniert, nicht dagegen jemand, der dies bei der UNO tut. Eine Ausnahme gibt es nur für militärische Nachrichtendienste - diese sind generell verboten. Allerdings definiert sich nicht einmal der russische FSB als ein solcher.

"Österreich wird vorgeworfen seit vielen Jahrzehnten gewissermaßen eine Insel der Seligen für Geheim- und Nachrichtendienste aus aller Welt zu sein. Deswegen müssen wir hier strafrechtlich nachschärfen", so Zadic in einer der APA übermittelten Stellungnahme. "Gesetzliche Lücken habe es ausländischen Nachrichtendiensten bislang ermöglicht, straffrei in Österreich zu spionieren. Diese müssen wir schließen. Daher wollen wir den Spionage-Paragraphen ausweiten, damit in Zukunft unsere Strafverfolgungsbehörden auch dann gegen ausländische Spione vorgehen können, wenn diese zwar nicht Österreich selbst im Visier haben, aber hier ansässige internationale Organisationen wie etwa die UNO oder befreundete Staaten."

Der angekündigte Entwurf wird derzeit im Justizministerium erarbeitet und soll dann der ÖVP übermittelt werden. Diese unterstützt das Ansinnen grundsätzlich, wie Innenminister Gerhard Karner gegenüber dem "Ö1"-Morgenjournal erklärte, wünscht sich aber ein Gesamtpaket, das auch die seit langem geforderten Möglichkeiten zur Überwachung von Messenger-Diensten beinhaltet. Von einer Bedingung wollte Karner aber nicht sprechen: "Nicht junktimieren, aber ein Gesamtpaket ist das Ziel". Auch die Oppositionsparteien reagierten positiv auf die angekündigte Verschärfung des Spionage-Paragrafen.

Die Grünen zeigten sich erfreut über die grundsätzliche Zustimmung zu Zadics Vorschlag. Für den ÖVP-Wunsch nach einer Überwachung von Messenger-Diensten gab es aber eine Absage: "Eine Chatkontrolle mit Spyware, wie der Bundestrojaner, hat inhaltlich nichts mit Spionageabwehr zu tun, sondern wohl eher mit dem Gegenteil", erklärte U-Ausschussmitglied und Verteidigungssprecher der Grünen, David Stögmüller, in einer Aussendung. "Diese Überwachungsmaßnahme stützt sich auf dem Ausnutzen von Sicherheitslücken in Computersystemen, die dann mit illegaler Software, meistens von dubiosen Anbietern, infiltriert werden", sagte er - und zeigte sich über die Haltung der ÖVP "verwundert": "Im Dezember hat der VfGH entschieden, dass schon ein staatsanwaltschaftlicher Zugriff auf Handys einer richterlichen Genehmigung bedarf. Diese Entscheidung hat die ÖVP dazumals noch sehr begrüßt. Dass sie jetzt eine Ausweitung der Überwachungsmaßnahmen fordert, verwundert dann doch sehr."

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sprach sich zuvor ebenfalls für eine Verschärfung aus, ortete aber auch eine gewisse "Doppelbödigkeit", wie er in einer Pressekonferenz ausführte. "Denn es nutzt uns gar nichts, wenn wir Tatbestände haben, die wir nicht ermitteln können." Andere europäische Staaten hätten hier deutlich mehr Möglichkeiten, beklagte er. Auf diese Informationen sei man oft angewiesen. "Ich halte das für einen unhaltbaren Zustand", bekrittelte Stocker. Es sei nun die Aufgabe, eine Lösung für eine Ausweitung der Überwachung zu finden, die auch rechtskonform sei.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte zum Vorschlag Zadics: "Be my guest". Ihre Partei habe bereits in der Vergangenheit diesbezüglich Verschärfungen gefordert. "Selbstverständlich" brauche es eine Verschärfung des Strafrechtes. Denn in Österreich sei ausschließlich die Spionage gegen Österreich strafbar. "Es ist aber nicht strafbar, in Österreich gegen andere Länder oder Institutionen zu spionieren. Das ist untragbar", so die NEOS-Chefin, die entsprechende Anträge ihrer Fraktion bei der nächsten Plenarsitzung des Nationalrats ankündigte.

ribbon Zusammenfassung
  • Justizministerin Alma Zadic plant eine Verschärfung des Spionage-Paragraphen, wodurch auch die Auskundschaftung internationaler Organisationen in Österreich strafbar werden soll.
  • Derzeit ist Spionage in Österreich nur strafbar, wenn sie sich gegen die Republik selbst richtet – dies soll sich auf ausländische Staaten und in Wien ansässige Organisationen wie UNO oder OSZE ausweiten.
  • Die Gesetzesnovelle soll gesetzliche Lücken schließen und Österreichs Ruf als sicherer 'Arbeitsort' für ausländische Nachrichtendienste beenden; der Entwurf wird derzeit im Justizministerium erarbeitet.