Nach Freispruch

Ex-Kanzler Kurz: "Nicht jede Anschuldigung aufblasen"

27. Mai 2025 · Lesedauer 4 min

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat das Urteil gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss aufgehoben. Einen Tag nach seinem Freispruch meldete sich Kurz in einem öffentlichen Statement zu Wort.

"Das alles ist heute in sich zusammengefallen", resümierte Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz bereits am Montag nach seinem Freispruch. Er kündigte an, sich in den kommenden Tagen ausführlicher äußern zu wollen.

Lange ließ eine Stellungnahme jedoch nicht auf sich warten: Schon am Dienstagvormittag trat Kurz erneut vor die Medien.

Kein Rundumschlag von Kurz

Zu Beginn seines Statements betonte er, es sei nicht sein Ziel, mit jemandem abzurechnen – vielmehr wolle er nach den vergangenen vier Jahren einige Gedanken mit den Anwesenden teilen.

"Ich gebe zu, dass die letzten vier Jahre eine belastende Zeit waren", sagte Kurz. Er verwies darauf, dass er im Straflandesgericht "vorgeführt" worden sei – einem Ort, an dem normalerweise "Mörder und Schwerverbrecher" verurteilt würden.

Er habe das Glück gehabt, durch seine unternehmerischen Tätigkeiten keine finanziellen Sorgen zu haben und sich eine gute Verteidigung leisten zu können. Eine solche "privilegierte Situation" sei nicht selbstverständlich: Angestellte oder Beamte würden unter der Belastung eines solchen Verfahrens zerbrechen.

"Haben ein systemisches Problem"

Kurz sprach von einem systemischen Problem in Österreich. Die politische Kultur sei aus dem Gleichgewicht geraten – es gehe nicht mehr um die besten Ideen, sondern um den nächsten Skandal und die nächste Anzeige.

Anstatt politische Debatten zu führen, würde versucht werden, die politischen Gegner mit Strafanzeigen zu schlagen. Das schaffe ein unangenehmes politisches Klima und schade dem Vertrauen der Bevölkerung in die Politik.

Video: Warum die Debatte um Kurz erst jetzt richtig losgeht

"Nicht jede Anschuldigung aufblasen"

Zudem ortete Kurz in manchen Verfahren einen Mangel an Verhältnismäßigkeit. "Nicht jede Anschuldigung sollte zu einem Heißluftballon aufgeblasen werden", sagte er.

So entstehe ein Erwartungsdruck, den sich die Ermittlungsbehörden selbst auferlegen. "Am Ende muss dann etwas herauskommen, um das Verfahren zu rechtfertigen", so der Ex-Kanzler.

"Wir haben erlebt, dass in den letzten Jahren drei der letzten fünf Finanzminister als korrupt dargestellt werden", sagte Kurz. Er nannte auch Norbert Hofer und Mario Kunasek (beide FPÖ) und Christoph Chorherr (früher Grüne) gegen die ohne Ergebnis ermittelt worden war.

Solche Anschuldigen würden das Vertrauen in die Politik erheblich schwächen und den Eindruck erwecken, dass alle Politiker korrupte Gauner seien. "Uns sollte besorgen, welche langfristigen Folgen das auf unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie hat", so der Ex-Kanzler.

Er appellierte an die Verantwortungsträger, eine offene und mutige Debatte zu führen - "ohne Schaum vor dem Mund". 

"Wird in sich zusammenfallen"

Auf Nachfrage äußerte sich der Ex-Kanzler auch zu weiteren Ermittlungen gegen ihn – Stichwort ÖVP-Inseratenaffäre. Kurz zeigte sich überzeugt, dass auch diese Verfahren wie das aktuelle enden würden: "Das wird alles in sich zusammenfallen."

Ein politisches Comeback mit eigener Liste schloss Kurz vorerst aus: "Ich fühle mich, wo ich jetzt bin, sehr wohl."

Video: Kurz vs. Justiz: Ex-Kanzler bleibt unbescholten

Freispruch für Ex-Kanzler Sebastian Kurz

Sebastian Kurz wurde im Februar 2024 erstinstanzlich wegen Falschaussage im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Der ehemalige Bundeskanzler bestritt die Vorwürfe und legte sowohl gegen das Urteil als auch gegen die Strafhöhe Berufung ein.

Am Montag entschied das Oberlandesgericht (OLG) Wien, dass der "objektive Tatbestand der falschen Beweisaussage" nicht erfüllt sei. Kurz habe die entscheidende Frage der NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper – ob er selbst in die Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats eingebunden war – mit "Ja" beantwortet.

Seine Aussage sei daher richtig und vollständig gewesen. "Durch diese Antwort wurden keine erheblichen Tatsachen verschwiegen", hielt das OLG fest.

Der erstinstanzliche Schuldspruch gegen Kurz’ damaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli wurde hingegen bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Zusammenfassung
  • Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat das Urteil gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss aufgehoben.
  • Einen Tag nach seinem Freispruch meldete sich Kurz mit einem öffentlichen Statement zu Wort.