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Edtstadler will über "Auslegung" der Menschenrechte diskutieren

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ÖVP-Klubchef August Wöginger sorgte für Aufsehen: In der Asyl-Debatte wollte er die Menschenrechtskonvention überarbeiten. Zahlreiche ÖVP-Länderchefs sprangen ihm bei. ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler plädiert nun für eine "realitätsnahe Auslegung".

Als ÖVP-Klubchef August Wöginger in einem "Standard"-Interview vergangene Woche sagte, "die Menschenrechtskonvention gehört überarbeitet", sorgte das nicht nur beim grünen Koalitionspartner für Kopfschütteln.

Othmar Karas, Vizepräsident des Europäischen Parlaments (ÖVP), etwa zeigte sich "fassungslos". Die Menschenrechtskonvention sei "eine humanistische Errungenschaft". Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen pfiff die ÖVPler zurück: Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sei aus dem unendlichen Leid des Zweiten Weltkriegs und der Shoah entstanden. Sie sei eine große Errungenschaft der Menschlichkeit, ein Kompass der Humanität und gehöre zum Grundkonsens der Republik.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte nun im "Ö1-Morgenjournal" trotz zahlreicher entsprechender ÖVP-Forderungen: Die europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) stehe im Verfassungsrang. Und "niemand in der ÖVP" habe "jemals am Menschenrechtskatalog rütteln" wollen. 

Überarbeitung steht nicht zur Debatte

Die Ministerin stellt klar: Eine Überarbeitung der Menschenrechtskonvention stehe nicht zur Debatte. Sie will aber über die "Auslegung" diskutieren: "Wobei man schon sagen muss, dass die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention natürlich betrachtet werden muss." Es brauche hier Urteile, die "realitätsnah" seien. Das betreffe nicht nur den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), sondern auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, der die EU-Grundrechtecharta auslegen müsse. 

"Abschottung, Ablehnung und Auslagerung funktioniert nicht"

Edtstadler befindet sich zurzeit in Brüssel, wo am Freitag die Außen- und Europaministerinnen und -minister der EU zusammenkommen. Debattiert wird dort über Energiepreise, mögliche Strafen für Ungarn und Asyl. 

Kritik an EU

Edtstadler kritisiert in der Asyl-Debatte - wie auch schon Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Treffen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán - die EU: Brüssel könne sich hier nicht zurücklehnen und "die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landeshauptleute im Stich lassen".

Asyl: Kritik an Nehammers Orban-Pakt

Es sei "Zeit, das auf den Tisch zu bringen", sagt sie und fordert eine Entlastung der stärker belasteten Staaten. Tatsächlich erfüllen in Österreich nur Wien und das Burgenland die Quote. Österreich lehnt eine EU-weite Verteilung von Geflüchteten strikt ab, genau wie Ungarn.

Im Verfahren gegen Ungarn wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit zählt Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) auf die Einschätzung der EU-Kommission. "Ich vertraue darauf, dass die Kommission hier gewissenhaft vorgehen und auch genau prüfen wird".

Ungarn-Rechtsstaatlichkeit: Vertrauen auf EU-Kommission

Es liege bei der EU-Kommission, "ganz klar zu bewerten, ob diese Reformschritte hinreichen, um die Bedenken auszuräumen", so Edtstadler. Bis 30. November soll die EU-Behörde laut dem Internetportal Politico ihre Einschätzung vorlegen. Die EU-Kommission hatte Mitte September unter anderem wegen weit verbreiteter Korruption in Ungarn vorgeschlagen, Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro einzufrieren. Budapest machte daraufhin umfassende Reformzusagen.

"Die Rechtsstaatlichkeit ist ein Prinzip, das immer wieder beachtet wird", betonte Edtstadler weiter. "Wenn jetzt hier die Bedenken ausgeräumt sind, dann heißt das nicht, dass hier auf immer und ewig alles gut ist, das heißt es auch nicht für andere Mitgliedstaaten."

ribbon Zusammenfassung
  • ÖVP-Klubchef August Wöginger sorgte für Aufsehen: In der Asyl-Debatte wollte er die Menschenrechtskonvention überarbeiten. Zahlreiche ÖVP-Länderchefs sprangen ihm bei.
  • ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler plädiert nun für eine "realitätsnahe Auslegung".

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