Interview

Völkerrechtsexperte: Von echtem Frieden "sind wir weit entfernt"

Heute, 13:03 · Lesedauer 4 min

Aktuell blickt die ganze Welt nach Ägypten. Denn dort wurde ein Durchbruch bei Friedensverhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas nach zwei Jahren Krieg erzielt. Ein Völkerrechtsexperte erklärt gegenüber PULS 24, warum ein echter Frieden nach wie vor weit entfernt ist und welche politischen Hürden US-Präsident Donald Trumps Friedensplan mit sich bringt.

Kommt jetzt wirklich der Frieden in den Nahen Osten? Die Hoffnung besteht jedenfalls und sie ist größer denn je. Denn: In der Nacht auf Donnerstag hatten Israel und die islamistische Hamas nach tagelangen Verhandlungen der ersten Phase eines Friedensplans von US-Präsident Donald Trump zugestimmt.

Der Menschenrechts- und Völkerrechtsexperte Ralph Janik bleibt hingegen noch skeptisch. "Es gab immer wieder Vorstöße, aber nichts, wo man wirklich langfristigen Frieden hatte", erklärt er im PULS 24-Interview.

Beide Seiten ihre "Zusagen auch erfüllen"

Laut Janik müsse genau unterschieden werden, was man unter Frieden versteht: bloße Abwesenheit militärischer Gewalt oder ein echter Frieden. "Von genuinem Frieden sind wir natürlich weit entfernt, so weit entfernt wie vielleicht seit 1948 nicht mehr. Aber von Frieden im Sinne von der Abwesenheit von Krieg sind wir vielleicht näher entfernt, als wir es an irgendeinem Punkt in den letzten zwei Jahren waren", analysiert der Völkerrechtsexperte im Interview.

Bei Trumps Friedensplan handle es sich juristisch von einem "Zug-um-Zug-Geschäft". "Einerseits das lange von Israel verfolgte, natürlich nachvollziehbare Kriegsziel, die Geisel zu befreien, und andererseits die Erwartung, dass Israel diesen Krieg stoppt, weil Israel hier natürlich der stärkere Gegner ist, der das Heft in der Hand hat", analysiert Janik.

Wichtig sei laut Janik, dass beide Seiten ihre "Zusagen auch erfüllen", um echten Frieden zu erlangen. 

Janik: Arabische Staaten sollten in die Pflicht genommen werden

Ein weiterer bedeutender Punkt in der Thematik ist die zukünftige Verwaltung von Gaza. Ein Teil des US-Plans sieht vor, dass ein internationales Gremium unter Führung von Trump und dem ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair eine Rolle in der Nachkriegsverwaltung des Gazastreifens spielen soll. 

Arabische Länder, die den Plan unterstützen, fordern, dass er zu einem unabhängigen palästinensischen Staat führen müsse. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu lehnt dies jedoch ab. Er sowie Trump und westliche und arabische Staaten haben eine Rolle für die Hamas im Gazastreifen ausgeschlossen.

Die Hamas hat erklärt, sie werde die Regierung im Gazastreifen nur an eine palästinensische Technokraten-Regierung abgeben, die von der Palästinensischen Autonomiebehörde beaufsichtigt und von arabischen und muslimischen Ländern unterstützt werde.

Eine Art internationales Komitee sei laut Janik "völkerrechtlich gar nicht mal so selten." Solch eine Verwaltung könnte durch neutrale Truppen aus verschiedenen Ländern erfolgen.

"Können aber auch beteiligte Länder sein, warum nicht zum Beispiel arabische Staaten, die dann mit ihren Glaubensbrüdern, und die arabischen Staaten sagen ja ganz gerne, wie wichtig ihnen die Palästinenser sind", so der Völkerrechtsexperte.

Janik betont, dass hier arabische Staaten in die Pflicht genommen werden sollten. Diese könnten beispielsweise eigene Soldaten in das Gebiet für die Verwaltung schicken. "Damit dort eben nicht die Hamas an der Macht ist, und baut dieses Gebiet auf, und lasst es auch nicht den US-Amerikanern, die dieses Gebiet wie irgendeinen absurden Immobilienplan wahrnehmen", betont der Völkerrechtsexperte.

Eine offizielle Waffenruhe gilt bisher nicht. Diese tritt nach Angaben des Büros des israelischen Ministerpräsidenten aber erst am Abend nach der Ratifizierung durch das Kabinett in Kraft. 

Zusammenfassung
  • Aktuell blickt die ganze Welt nach Ägypten.
  • Denn dort wurde ein Durchbruch bei Friedensverhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas nach zwei Jahren Krieg erzielt.
  • Ein Völkerrechtsexperte erklärt gegenüber PULS 24, warum ein echter Frieden nach wie vor weit entfernt ist und welche politischen Hürden US-Präsident Donald Trumps Friedensplan mit sich bringt.