Interview
Gaza-Krieg: Frieden ist "einzige Chance für beide Völker"
Am 7. Oktober drangen Hamas Terroristen nach Israel ein. Bei einem beispiellosen Angriff wurden damals rund 1.200 Menschen getötet, mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt.
Derzeit sind noch 48 Geiseln in der Gewalt von Islamisten. Aber nur 20 von ihnen sind nach israelischen Informationen noch am Leben. Israel reagierte mit massiven Luft- und Bodenangriffen, die den Gaza-Krieg auslösten. Die Folge: Eine humanitäre Katastrophe, die bis heute andauert.
Weltweit gibt es heftige Kritik am harten Vorgehen des israelischen Militärs. Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag läuft eine von Südafrika angestrengte Völkermord-Klage gegen Israel. Israel streitet ab, einen Völkermord zu begehen.
Aktuell gibt es trotz anhaltenden Spannungen vorsichtigen Optimismus: Die Gespräche in Ägypten über Trumps Friedensplan zwischen Israel und der Hamas lassen auf eine mögliche Waffenruhe im Gazastreifen hoffen.
Direktgespräche geben Hoffnung für langfristigen Waffenstillstand
Laut Politikwissenschaftler Thomas Schmiedinger, der Uni Wien, sei es die "einzige Chance für beide Völker", wie er im PULS 24-Interview sagt.
"Denn wer auch immer beansprucht, die Region zwischen Fluss und Meer allein zu haben, sagt dabei auch dazu, dass der andere dort keinen Platz hat", so Schmiedinger. Nach Beginn der Gespräche im ägyptischen Sharm el Sheikh zeigte sich US-Präsident Donald Trump am Dienstag zuversichtlich, dass sein Friedensplan bald umgesetzt werden könne. "Wir haben enorme Fortschritte gemacht", sagte der Republikaner in Washington.
Arabische Medien berichteten, die erste Runde der Gespräche sei in der Nacht zu Dienstag in "positiver Atmosphäre" zu Ende gegangen. Am Dienstag sollen die Gespräche, die noch mehrere Tage dauern könnten, fortgesetzt werden.
Direktverhandlungen zwischen Israel und der Hamas seien laut Politikwissenschaftler Schmiedinger "ein gutes Zeichen". Zwar stünden noch viele Steine im Weg, was vor allem die Entwaffnung der Hamas betrifft, aber: "Es gibt zum ersten Mal wirklich Anlass zur Hoffnung, dass die restlichen Geiseln freikommen und dass es zu einem langfristigen Waffenstillstand kommen kann", so Schmiedinger.
Entwaffnung der Hamas ist klare Forderung Israels
Die Hamas erklärte sich vergangene Woche bereit, alle Geiseln zu übergeben. "Die Freilassung der Geiseln, da gibt es eigentlich auch eine Grundsatzeinigung, dass diese Geiseln ausgetauscht werden durch eine hohe Zahl von palästinensischen Administrativgefangenen aufseiten der Israelis", erklärt der Politikwissenschaftler.
Wichtiger sei laut Schmiedinger die Frage, wie viele von den verschleppten Geiseln tatsächlich noch am Leben sind.
Die Entwaffnung der Hamas ist eine klare Forderung von Israel. Wie die militant-islamistische Palästinenserorganisation auf diese Forderung konkret reagiere, sei bisher unklar. Sollte es zu einer Entwaffnung kommen, müsse man dann ihre Waffen einsammeln.
"Was man natürlich nie weiß, ist, ob alle Waffen abgegeben werden", betont Schmiedinger. Es handle sich um einen "asymmetrischen Krieg".
"Das heißt, die Hamas ist relativ leicht bewaffnet. Und selbstverständlich wäre es auch denkbar, dass hier Waffen abgegeben werden und die Hamas sich zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder bewaffnet", erklärt der Politikwissenschaftler.
Die einzige Garantie für eine Friedenslösung sei eine Einigung auf eine Zwei-Staaten-Lösung. "Und dass auch Palästinenser dieses Palästinenser-Staates dann garantieren, dass es keine weiteren bewaffneten Angriffe vonseiten der Hamas gibt", so Schmiedinger.
Das sei jedoch noch "ein sehr weiter Weg."
Wer könnte Gaza verwalten?
Eine zentrale Frage, die mit den Bemühungen um Frieden immer einhergeht, ist die Frage: Was folgt nach der Hamas im Gazastreifen?
"Im Moment wird sozusagen über eine Expertenverwaltung gesprochen unter Einbindung von arabischen Staaten, möglicherweise auch europäischen Staaten", der Politikwissenschaftler.
Realistisch erscheine aber auch eine Übergangsverwaltung unter Beteiligung arabischer Staaten sowie unabhängiger Palästinenser. "Es gibt ja auch durchaus unter den Palästinensern teilweise unabhängige, gebildete Personen, die in der Lage wären, so eine Verwaltung als Übergangsform zu betreiben. Auch unter Einbindung der UN und der UNRWA", meint Schmiedinger.
Es sei etwas Vorstellbares, die Frage sei jedoch, ob die israelische Regierung mit dieser Idee einverstanden wäre.
Video: Friedensplan für Gaza: "Ein sehr, sehr langer, harter Weg"
Zusammenfassung
- Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 jährt sich heuer zum zweiten Mal.
- Parallel zum Gedenktag laufen Friedensgespräche in Ägypten über den Trump-Plan.
- Ob nun wirklich Hoffnung auf Frieden besteht, wie die Gespräche laufen und wer künftig Gaza verwalten könnte, analysiert Politikwissenschaftler Thomas Schmiedinger im PULS 24-Interview.