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Gaza-Krieg

Zwei Jahre nach Hamas-Massaker: Hoffnung auf Frieden

Heute, 06:13 · Lesedauer 7 min

Vor zwei Jahren haben Terroristen aus dem Gazastreifen israelisches Grenzgebiet überfallen und dort das schlimmste Massaker in Israels Geschichte angerichtet. Seitdem greift die israelische Armee Ziele der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen an, immer wieder gibt es Berichte über zivile Opfer.

Die Israelin Galit Dan, deren 13 Jahre alte Tochter am 7. Oktober 2023 ermordet wurde, sagte kürzlich bei einem Protest gegen Israels Regierung in Tel Aviv. "Keine Mutter sollte so etwas erleben müssen – weder in Israel noch im Gazastreifen."

Vom Hamas-Massaker zum Gaza-Krieg

Augenzeugen des Massakers in Israel beschrieben Mord, Vergewaltigungen, Verstümmelungen. Die Terroristen filmten ihre Gräueltaten und zeigten sie live im Internet. Rund 1.200 Menschen wurden damals getötet, mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt. Derzeit sind noch 48 Geiseln in der Gewalt von Islamisten. Aber nur 20 von ihnen sind nach israelischen Informationen noch am Leben. Die Menschen werden unter grausamen Bedingungen festgehalten.

Für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist der Krieg schrecklich. Die humanitäre Lage in dem Küstengebiet ist katastrophal. Weltweit gibt es heftige Kritik am harten Vorgehen des israelischen Militärs. Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag läuft eine von Südafrika angestrengte Völkermord-Klage gegen Israel. Israel streitet ab, einen Völkermord zu begehen.

Trumps Friedensinitiative

Hoffnung darauf, dass Israel und die Hamas den Krieg nach zwei Jahren endlich beenden könnten, weckt ein jüngst von US-Präsident Donald Trump vorgestellter Friedensplan. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu stimmte dem Vorschlag zu. Eine Antwort der Hamas auf den Plan steht noch aus. Beobachter rechnen damit, dass die Terrororganisation Änderungen fordern könnte.

Der Plan sieht die Freilassung aller israelischen Geiseln im Gegenzug für Hunderte palästinensische Häftlinge vor. Zugleich soll sich die israelische Armee schrittweise aus dem Gazastreifen zurückziehen und die Hamas ihre Waffen abgeben. Ziel ist es zudem, mehr humanitäre Hilfe in das Gebiet zu bringen. Nach Kriegsende soll eine Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter internationaler Aufsicht eingesetzt werden.

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Großes Leid im Gazastreifen

Seit Kriegsbeginn sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 66.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden. Das Küstengebiet ist großflächig zerstört. Viele Menschen leiden an Hunger, etliche haben Angehörige verloren und wurden vertrieben.

Der Alltag vor Ort bestehe nur noch aus Warten, sagt Mona Abu Aisha aus dem Norden des Küstengebiets der dpa. "Warten auf Stille, Warten auf Hilfe, Warten auf ein Ende, von dem wir nicht wissen, wann es kommt." Ihr Sohn frage sie ständig, wann er wieder in die Schule könne, ihre Tochter zeichne zerstörte Häuser. Die 34-Jährige selbst schlafe aus Angst vor Bombardements nur noch schlecht. "Jedes kleine Geräusch lässt mich zittern."

Israel international zunehmend isoliert

Wegen der Situation der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat Israels Ansehen weltweit gelitten. Auch viele westliche Partner gingen zuletzt auf Distanz zu Israels Regierung. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte zuletzt, dass nichts den anhaltenden Krieg rechtfertigen könne.

Mehrere wichtige westliche Länder, darunter Großbritannien und Frankreich, erkannten zudem im September einen palästinensischen Staat an. Der symbolische Schritt markiert eine Positionsänderung im Nahostkonflikt. Israels Regierung ist gegen die Gründung eines unabhängigen Staates Palästina, weil sie darin eine Bedrohung der israelischen Existenz sieht.

In der Kunstszene, nicht zuletzt rund um den 2026 in Wien ausgetragenen ESC, bei Sportwettbewerben und in der Wissenschaft gibt es Boykottaufrufe gegen Israel. Die Auswirkungen des Gaza-Kriegs spüren auch Jüdinnen und Juden weltweit – antisemitische Anfeindungen und Übergriffe haben seit Kriegsbeginn drastisch zugenommen.

Krieg an weiteren Fronten

Nach Beginn des Gaza-Kriegs haben auch pro-iranische Milizen wie die Hisbollah im Libanon und die Houthi im Jemen in Solidarität mit der Hamas Israel mit Raketen und Drohnen angegriffen. Sie gehören zu Irans "Achse des Widerstands". Die Hisbollah gilt seit einem offenen Krieg mit Israel inzwischen als stark geschwächt. Israel hatte dabei viele Anführer der Miliz getötet. Die israelische Luftwaffe greift auch immer wieder Ziele der Houthi im Jemen an.

Im Juni führte Israel zwölf Tage lang Krieg gegen den Iran und bombardierte zusammen mit den USA zentrale Atomanlagen des Landes. Teheran reagierte mit heftigen Raketenangriffen auf Israel. Einige Beobachter sehen den Terrorüberfall der Hamas vor zwei Jahren als Beginn einer Kettenreaktion, die letztlich Irans "Achse des Widerstands" zu Fall bringen könnte.

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Israels Gesellschaft ist tief gespalten

Der Gaza-Krieg, der längste in der Geschichte des Staates Israel, spaltet die israelische Gesellschaft. Eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung will aktuellen Umfragen zufolge ein Ende der Kämpfe. Immer wieder gibt es Großdemonstrationen für ein Gaza-Abkommen. Viele Israelis sind zermürbt von der Gewalt und haben den Eindruck, dass die politische Führung den Krieg aus eigenen Interessen weiterführt.

Aber längst nicht alle Israelis haben Verständnis für die Massenproteste, die sich häufig auch gegen die Regierung richten. Sie finden, dass die Hamas vollständig zerschlagen und der Krieg deshalb fortgesetzt werden muss.

Auch rechtsextreme Koalitionspartner von Netanyahu sehen das so. Sie pochen zudem auf eine Annexion und Wiederbesiedlung des Küstenstreifens, aus dem sich Israel vor 20 Jahren zurückgezogen hat. Selbst der Tod der noch lebenden 20 Geiseln sei ein Preis, den die Hardliner bereit seien zu zahlen, sagt Ilana Shpaizman, Dozentin am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Bar Ilan bei Tel Aviv. Trumps Friedensplan schließt eine Annexion des Gazastreifens durch Israel allerdings aus – Rechtsextreme in Netanyahus Regierung hoffen daher auf ein Nein der Hamas zu dem Plan.

Israels Innenpolitik

Netanyahu, gegen den seit langem ein Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf seine rechtsextremen Koalitionspartner angewiesen. Möglich ist, dass diese die Regierung verlassen, sollte ein Gaza-Abkommen zustande kommen. Der US-Plan könnte deshalb das Aus für die Regierung und Neuwahlen bedeuten, betont auch Shpaizman.

"Das will Netanyahu nicht, denn seine Koalition ist nicht beliebt und alle Umfragen deuten darauf hin, dass sie verlieren wird." Die Strategie des israelischen Regierungschefs bestehe darin, auf Zeit zu spielen und sich an der Macht zu halten, sagt die Expertin.

Zwei Jahre nach Beginn des Gaza-Kriegs wird Trumps Friedensplan von vielen Ländern als große Chance gesehen. Von der Reaktion der Hamas und dem Willen der israelischen Regierung hängt nun ab, ob er sich am Ende einreiht unter die bereits gescheiterten Anläufe oder den Weg zu einem echten Friedensprozess ebnet.

Israels Innenpolitik

Netanyahu, gegen den seit langem ein Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf seine rechtsextremen Koalitionspartner angewiesen. Möglich ist, dass diese die Regierung verlassen, sollte ein Gaza-Abkommen zustande kommen. Der US-Plan könnte deshalb das Aus für die Regierung und Neuwahlen bedeuten, betont auch Shpaizman.

"Das will Netanyahu nicht, denn seine Koalition ist nicht beliebt und alle Umfragen deuten darauf hin, dass sie verlieren wird." Die Strategie des israelischen Regierungschefs bestehe darin, auf Zeit zu spielen und sich an der Macht zu halten, sagt die Expertin.

Zwei Jahre nach Beginn des Gaza-Kriegs wird Trumps Friedensplan von vielen Ländern als große Chance gesehen. Von der Reaktion der Hamas und dem Willen der israelischen Regierung hängt nun ab, ob er sich am Ende einreiht unter die bereits gescheiterten Anläufe oder den Weg zu einem echten Friedensprozess ebnet.

Zusammenfassung
  • Vor zwei Jahren haben Terroristen aus dem Gazastreifen israelisches Grenzgebiet überfallen und dort das schlimmste Massaker in Israels Geschichte angerichtet.
  • Seitdem greift die israelische Armee Ziele der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen an, immer wieder gibt es Berichte über zivile Opfer.