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Nächste Kriegsphase

Angehörige: "Militärischer Druck Israels tötet Geiseln"

21. Aug. 2025 · Lesedauer 4 min

Ungeachtet internationaler Kritik hat die israelische Armee nach eigenen Angaben die "nächste Phase des Kriegs" im Gazastreifen begonnen. Kritik kommt auch von den Angehörigen der Geiseln, die sich immer noch in der Gewalt der Hamas befinden.

Die Truppen hielten jetzt die Außenbezirke der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens, sagte Armeesprecher Effie Defrin und sprach von "vorbereitenden Maßnahmen" zur geplanten Einnahme der ganzen Stadt. Das Sicherheitskabinett hatte Anfang des Monats die Einnahme der Stadt sowie die Evakuierung der Bevölkerung genehmigt.

Bodenoffensive soll im September beginnen

Laut israelischen Beamten sollen die detaillierten Militärpläne zur vollständigen Einnahme der Stadt, in der sich Schätzungen zufolge derzeit rund eine Million Menschen aufhalten, in den nächsten Tagen vom Sicherheitskabinett abschließend gebilligt werden, berichtete das "Wall Street Journal". Demnach dürfte die Bodenoffensive im September beginnen. Israelischen Medien zufolge soll das Sicherheitskabinett noch heute zusammenkommen.

Die Äußerungen des Armeesprechers vor Journalisten fielen zusammen mit einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, in der er zur beschleunigten Einnahme der größten Stadt im Norden des Küstenstreifens aufrief. Vor Billigung der Pläne für den dortigen Einsatz habe Netanyahu angeordnet, "dass die Zeitpläne - für die Eroberung der letzten Terroristenhochburgen und die Niederlage der Hamas - verkürzt werden".

Hamas: Netanyahu missachtet Vermittlungsbemühungen

Dabei hatte die islamistische Terrororganisation am Montag erklärt, sie habe den Vermittlern eine "positive Antwort" auf einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe vorgelegt. Die Ankündigung der israelischen Armee, mit der Einnahme der Stadt Gaza mit ihren fast eine Million Bewohnern zu beginnen, und Netanyahus Absicht, dies zu billigen, sei eine "Missachtung" der Bemühungen der Vermittler um eine Waffenruhe, erklärte die Hamas.

Medienberichten nach handelt es sich bei dem jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe um eine fast identische Fassung eines zuvor bereits verhandelten Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser sieht eine 60-tägige Feuerpause vor, während der zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freigelassen werden. Insgesamt befinden sich in Gaza noch 50 Geiseln, von denen noch mindestens 20 am Leben sein sollen.

Angehörige: "Militärischer Druck Israels tötet Geiseln"

Die Angehörigen befürchten das Schlimmste. Militärischer Druck rette Geiseln nicht, sondern töte sie, sagte der Vater eines Entführten bei einer Demonstration im Grenzgebiet zum Gazastreifen. Macabit Mayer, die Tante zweier nach Gaza entführter Zwillingsbrüder, warf Ministerpräsident Netanyahu vor, Zehntausende weiterer Reservisten für eine "sinnlose Mission" rekrutiert zu haben, die "unsere Liebsten und sie selbst in Gefahr bringt."

Verteidigungsminister Israel Katz hatte zuvor die Einberufung von rund 60.000 weiteren Reservisten für die Einnahme der Stadt Gaza genehmigt. Zudem soll der Reservedienst von rund 20.000 weiteren Soldaten verlängert werden. Es wurde spekuliert, Israels Ankündigung einer Ausweitung des Kriegs könne aber auch eine Verhandlungstaktik sein, um die Hamas unter Druck zu setzen, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und sich flexibler zu zeigen.

Noch keine Antwort Netanyahus auf Waffenruhe-Vorschlag

Die israelische Zeitung "Haaretz" hielt fest, Netanyahu zögere nach der Hamas-Zustimmung zum jüngsten Vorschlag noch mit einer offiziellen Antwort Israels und habe auch noch keine Sitzung des Sicherheitskabinetts angekündigt. Mit einer offiziellen Reaktion Israels wird bis zum Ende dieser Woche gerechnet.

In einem Gespräch mit dem US-Sondergesandten Witkoff habe der ägyptische Außenminister Badr Abdelatty darauf gedrungen, dass Israel auf den Vorschlag der arabischen Vermittler reagiert, berichtete die "Times of Israel". Die sich gegenwärtig bietende Gelegenheit für ein Abkommen müsse genutzt werden.

Es wird befürchtet, dass die geplante Offensive in der Stadt Gaza die ohnehin katastrophale Lage der Zivilbevölkerung noch verschlimmern wird. Die Zahl unterernährter Kinder im Gazastreifen hat sich nach UN-Angaben seit März verdreifacht. In der Stadt Gaza sei nahezu ein Drittel der Kinder unterernährt.

Video - Israel weitet Gaza-Konflikt aus: Was passiert mit den Geiseln?

Zusammenfassung
  • Ungeachtet internationaler Kritik hat die israelische Armee nach eigenen Angaben die "nächste Phase des Kriegs" im Gazastreifen begonnen.
  • Kritik kommt auch von den Angehörigen der Geiseln, die sich immer noch in der Gewalt der Hamas befinden.