APA/ROLAND SCHLAGER

Meinung zum Gazakonflikt

"Ethisch fragwürdig": Kritik an Gaza-Sager von Heinz Fischer

Heute, 13:29 · Lesedauer 4 min

Altbundespräsident Heinz Fischer hatte in einem Interview die Bundesregierung dazu aufgefordert, Stellung gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen zu beziehen. Jetzt folgen erste Stellungnahmen, Lob und Kritik an den Aussagen Fischers.

 Mit Empörung sehe Fischer, in welcher Weise Ministerpräsident Benjamin Netanjahu "mit seinem sogenannten Kriegskabinett (…) aus rechtsextremen, ihren Zionismus vor sich hertragenden Regierungsmitgliedern den Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens führt", äußerte sich Heinz Fischer in einem APA-Interview.

Man dürfe dort genauso wenig "wegschauen" wie in der Ukraine.

In den sozialen Netzwerken führten Fischers ungewöhnlich klare Worte schnell zu positiven Reaktionen. Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International, dankt Fischer in einem Post via X für seine öffentliche Positionierung.

"Nur weil die österreichische Bundesregierung nicht in der Lage ist, israelische Kriegsverbrechen klar zu verurteilen, heißt das nicht, dass die Bevölkerung das genauso sieht", sagt Hashemi.

https://x.com/ShouraHashemi/status/1920196852030349333

Andere Reaktionen kommen aus der österreichischen Bundesregierung, an die sich Fischer im Interview auch explizit richtet. Er wünschte sich "auch von der österreichischen Regierung, dass sie diese Dinge aufmerksam verfolgt und dann Stellung nimmt."

Die Bundesregierung verweist darauf, bisher im andauernden Konflikt immer klar Haltung gezeigt zu haben. Das betonten Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am Rande des Foyers nach dem Ministerrat.

Massaker vom 7. Oktober verurteilt

Israel habe ein Recht darauf, auf das Massaker der Hamas an der israelischen Bevölkerung vom 7. Oktober 2023 zu reagieren - auch militärisch, betonte Kanzler Stocker. Die Regierung bekenne sich allerdings genauso zu Rechtsstaatlichkeit auf allen Ebenen und zur humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung.

"Beide Seiten müssen an den Verhandlungstisch zurück, es muss zu einem Waffenstillstand und einer vollständigen Freilassung der noch verbliebenen Geiseln kommen", stellte Außenministerin Meinl-Reisinger klar. Österreich werde weiterhin seine guten Beziehungen zu Israel nutzen, um die Einhaltung des Völkerrechts einzufordern.

Vizekanzler Babler wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass Österreich einerseits den Angriff der Hamas klar verurteile, aber auch für eine Zwei-Staaten-Lösung eintrete. Zwangsumsiedlungen und Versorgungsblockaden würden keinen nachhaltigen Frieden bringen.

Aussagen "ethisch höchst fragwürdig"

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) und die israelische Botschaft in Wien weisen Fischers Kritik zurück. Die israelische Botschaft sieht in einem mehrteiligen Posting auf "X" Fischers Haltung als "zutiefst fehlgeleitet – und ethisch höchst fragwürdig". Israel verteidige sich gegen eine völkermörderische Terrororganisation, das sei nicht als Kriegsverbrechen zu bezeichnen.

Im Interview mit der APA berief sich der Altbundespräsident auch auf das Leid, das das jüdische Volk im 20. Jahrhundert erleiden musste. Dieses rechtfertige jedoch nicht, "dass man jetzt so mit Menschen, Frauen, Kindern umgeht, wie das dort der Fall ist", so Fischer.

Empört von Fischers Worten zeigt sich auch Benjamin Nägele, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. "Leider zeigt sich Heinz Fischer nur als Freund toter Juden" kommentiert Nägele Fischers Aussagen.

Er verweist auf Fischers stetiges Holocaust-Gedenken, aber gleichzeitig auf das Massaker vom 7. Oktober 2023, bei dem wehrlose Jüd:innen ermordet, vergewaltigt und entführt wurden.

https://x.com/BenjaminNagele/status/1920128814631252205

Nicht zu der Debatte äußerte sich bisher der amtierende Bundespräsident und Fischers Amtsnachfolger Alexander Van der Bellen. Er tausche sich in außenpolitischen Fragen mit der Bundesregierung direkt aus – "nicht auf öffentlichem Wege", heißt es als Antwort auf eine Medienanfrage aus der Präsidentschaftskanzlei.

Video: Israel will Gazastreifen besetzen

Zusammenfassung
  • Altbundespräsident Heinz Fischer hat die österreichische Bundesregierung dazu aufgefordert, sich gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen zu positionieren.
  • Die Bundesregierung wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht klar genug Haltung zu zeigen.
  • Die Israelische Kultusgemeinde kritisiert die Aussagen des Altbundespräsidenten stark.