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Russlands Wahlen ohne Wahl: "Sind Sie für oder gegen Putin?"

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Die Russ:innen wählen vom 15. bis 17. März ihren neuen Präsidenten. Es stehen mehrere Kandidaten zur Wahl, der Gewinner steht aber eigentlich schon fest. Beobachter haben wenig Hoffnung, dass die Wahlen frei und fair ablaufen werden. Ein Überblick.

Vom 15. bis 17. März wählt Russland seinen neuen Präsidenten. Dabei gibt es in dem autoritären Russland eigentlich nur einen Namen, der als sicherer Gewinner dieser Wahl gilt: Wladimir Putin.

Dienstältester Kremlchef seit Stalin

Bei der Wahl handelt es sich also eher um eine Bestätigung Putins als Präsident. Schon seit Ende 1999 lenkt er Russland abwechselnd als Präsident oder Ministerpräsident.

Bereits jetzt ist Putin mit derzeit über 24 Jahren Amtszeit der dienstälteste Kremlchef seit Josef Stalin (26 Jahre). Möglich machten das Gesetzes- und Verfassungsänderungen unter Putins Führung.

Wer und wo wird gewählt?

Wahlberechtigt sind bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen 112,3 Millionen Menschen. Dazu kommen 1,9 Millionen Wahlberechtigte im Ausland. 12.000 davon in Baikonur, einem von Russland gemieteten Weltraumbahnhof in Kasachstan. Üblicherweise geben etwa 70 bis 80 Millionen Menschen ihre Stimme ab.

2018 lag die Wahlbeteiligung bei 67,5 Prozent - dabei berichteten Beobachter von weit verbreiteten Verstößen, darunter das Füllen von Wahlurnen und erzwungenen Stimmabgaben. Bei den Parlamentswahlen 2021 lag die Wahlbeteiligung bei 51,7 Prozent.

Zum ersten Mal in der Geschichte kann bei den Präsidentschaftswahlen dieses Jahr auch online gewählt werden, diese Option wird in 27 russischen Regionen und auf der Krim verfügbar sein. Gewählt wird diesmal auch in den von Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebieten in der Ukraine: Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson.

Zudem ist es das erste Mal, dass die Wahllokale bei einer russischen Präsidentschaftswahl drei Tage statt eines Tages geöffnet haben.

Wer sind die "Gegenkandidaten"?

Putin tritt bei der Wahl gegen drei Kandidaten an, die von Kreml-freundlichen Parteien nominiert wurden: den Kommunisten Nikolai Charitonow, Leonid Sluzki (Vorsitzender der nationalistischen Liberaldemokratischen Partei LDPR) und der Geschäftsmann Wladislaw Dawankow (Partei Neues Volk) an.

Diese Kandidaten unterstützen grundsätzlich die Politik des Kremls. Erfahrungsgemäß ist es zudem sehr unwahrscheinlich, dass sie genug Stimmen bekommen, um Putin tatsächlich herausfordern zu können. Zum Vergleich: 2018 erhielt der Zweitplatzierte 11,8 Prozent der Stimmen, Putin erhielt 76,7 Prozent.

Diese Kandidaten gelten also nicht als wirkliche Konkurrenz für Putin. Der Kriegs-Gegner Boris Nadeschdin und die Journalistin und Politikerin Jekatarina Dunzowa wurden von der Kandidatur ausgeschlossen.

Wirkliche Oppositionskandidaten, die Putin hätten herausfordern können, sind entweder in Haft oder aus dem Land geflohen. Der bekannteste Oppositionspolitiker Russlands, Alexej Nawalny, starb am 16. Februar im Straflager, während er eine 19-jährige Haftstrafe wegen Extremismus verbüßte. Sein Versuch gegen Putin zu kandidieren wurde 2018 abgelehnt.

Wenig Hoffnung auf freie und faire Wahl

Expert:innen haben wenig Hoffnung, dass die Präsidentschaftswahl in Russland frei und fair verlaufen wird.

Unabhängige Wahlbeobachter kritisierten die Ausdehnung der Wahl auf drei Tage, sowie die Online-Abstimmung. Dies seien Taktiken, die die Transparenz weiter behindern würden. Bei den Parlamentswahlen 2021, bei denen bereits online gewählt werden konnte, beklagten Oppositionsgruppen Anzeichen von Manipulation.

"Sind Sie für oder gegen Putin?"

Abbas Galjamow, politischer Analyst und ehemaliger Redenschreiber Putins, beschreibt die Wahl gegenüber "AP News" so: Es sei eine Abstimmung bei der "mehrere Wahlmöglichkeiten durch eine, dichotomische ersetzt werden: Sind Sie für oder gegen Putin?".

Laut Galjamow handle es sich bei der Präsidentschaftswahl um ein "Referendum" über die Kriegsfrage. "Eine Stimme für Putin wird zu einer Stimme für den Krieg". 

Die geschwächte Opposition sehe die Wahl als eine begrenzte Möglichkeit, ihre Unzufriedenheit mit dem Krieg zu demonstrieren.  Genau deshalb will der Kreml wohl auch eine hohe Wahlbeteiligung sicherstellen. Das soll zeigen, dass die russische Bevölkerung in der seit zwei Jahren laufenden Militäroffensive gegen die Ukraine hinter Putin steht.

Geheime Kreml-Dokumente offenbarten zuletzt, wie viel Geld in Putins Präsidentschaftskampf floss und welche Mittel eingesetzt wurden, um die Bevölkerung in die gewünschte Richtung zu manipulieren.

"Vorabmanipulation" 

Aber warum so viel Aufwand, wenn Putins Sieg schon klar steht?

Wie der Historiker und Russland-Experte Mark Galeotti gegenüber dem ZDF, "Spiegel" und "Standard" erklärte, wolle der Kreml durch sogenannte "Vorabmanipulation" die Wahlmanipulation an den eigentlichen Wahltagen minimieren.

Man habe die russische Bevölkerung bereits vor den Wahlen versucht zu manipulieren, um die Kluft zwischen dem tatsächlichen und dem verkündeten Wahlergebnis so gering wie möglich zu halten. Das Gefühl, das politische System sei manipuliert, wolle der Kreml um jeden Preis vermeiden, so Galeotti, wohl auch um Demonstrationen entgegenzuwirken. 

Putin-Megashow: Pressekonferenz mit Wahlkampf

Kremlgegner rufen zu Protest auf

Indes haben Kremlgegner zu genau solchen Demonstrationen aufgerufen. Als Zeichen des Protests sollen die Menschen am Wahltag genau um 12:00 Uhr zur Wahl gehen.

An den erwarteten Schlangen vor den Wahllokalen soll sich ablesen lassen, wie hoch die Unzufriedenheit tatsächlich sei. Diese Aktion wird auch von Julia Nawalnaja unterstützt, der Witwe des toten Regimekritikers Alexej Nawalny.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Russ:innen wählen vom 15. bis 17. März ihren neuen Präsidenten.
  • Es stehen mehrere Kandidaten zur Wahl, der Gewinner steht aber eigentlich schon fest.
  • Beobachter haben wenig Hoffnung, dass die Wahlen frei und fair ablaufen werden.