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Neue Ermittlungsstelle soll Fälle von Polizeigewalt klären

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Während am Wiener Landesgericht ein mutmaßlicher Polizeiübergriff verhandelt wurde - ein Polizeibeamter soll einen jungen Mann in Wien-Simmering mehrfach mit dem Kopf auf den Asphaltboden geschlagen haben, die Anklage ortet Amtsmissbrauch -, hat am Montag die neue Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt ihren Dienst aufgenommen. Wesentliches Ziel der Neuerung sei es, "das hohe Vertrauen in die Exekutive weiter zu stärken", bekräftigte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Während die Ermittlungen bei Misshandlungsvorwürfen gegen die Polizei bisher von den Landespolizeidirektionen übernommen wurden, gebe es nun eine zentrale Einheit, die diese Fälle überprüft, hielt Karner in einer Aussendung fest. Er versprach sich davon eine "rasche und kompetente" Klärung bei erhobenen Anschuldigungen und betonte, die "Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe" (EBM) sei unabhängig und werde ihrer Arbeit weisungsfrei nachgehen.

Die Schaffung einer unabhängigen Ermittlungsbehörde bei behaupteten oder erwiesenen Polizeiübergriffen war im Regierungsprogramm fixiert und im Vorjahr vom Nationalrat beschlossen worden. "Damit ist nach jahrelangen Bemühungen der Grünen aus einer Idee ein Vorhaben und aus diesem Vorhaben Realität geworden", zeigte sich der Sicherheitssprecher der Grünen, Georg Bürstmayr, erfreut. Die EBM sei wichtig für Opfer von überschießender Polizeigewalt, "aber auch für zu Unrecht beschuldigte Polizistinnen und Polizisten, die rasch wieder in den normalen Dienst zurückkehren möchten", meinte Bürstmayr in einer Aussendung.

Leiten wird die neue Ermittlungs- und Beschwerdestelle Lukas Berghammer, seit 2020 Direktor des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK). Die Unabhängigkeit der EBM sehen ÖVP und Grüne durch einen zivilgesellschaftlich beschickten Beirat unter dem Vorsitz von Meinrad Handstanger gewährleistet, einem ehemaligen Senatspräsidenten am Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Weitere, auf sieben Jahre bestellte Mitglieder sind der Wiener Rechtsanwalt Clemens Lahner, der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, Harald Schlögel, die Innsbrucker Strafrechtsprofessorin Verena Murschetz, der Menschenrechtsaktivist Philipp Sonderegger, Martin Prinz vom Verbrechensopfer-Hilfeverein "Weißer Ring" die Leiterin der Beratungsstellen von ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, Anm.), Dilber Dikme, sowie die auf Menschenrechtsfragen spezialisierte Juristin Teresa Exenberger von Amnesty International Österreich. Der Beirat soll als qualitätssicherndes Beratungsorgan dienen, kann allerdings nicht in Ermittlungen eingreifen.

Die EBM ist laut Innenministerium bereits zu 80 Prozent personell besetzt. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werde sich "im mittleren, zweistelligen Bereich" bewegen, hieß es am Montag. Neben Kriminalpolizistinnen und -polizisten, denen nach der Strafprozessordnung die Ermittlungskompetenz zukommt, werden in der EBM auch Personen mit psychologischer und sozialwissenschaftlicher Expertise arbeiten, um Ermittlungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Neben Beschwerden über Polizeigewalt wird die Stelle auch Zwangsmittelanwendungen mit tödlichem Ausgang sowie Fälle mit lebensgefährdendem Waffengebrauch durch Exekutivbedienstete untersuchen.

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  • Der Beirat soll als qualitätssicherndes Beratungsorgan dienen, kann allerdings nicht in Ermittlungen eingreifen.

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