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Hamburg

Einen Tag vor Tat: Messerangreiferin aus Psychiatrie entlassen

Heute, 13:06 · Lesedauer 3 min

Nach dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof mit 18 Verletzten kommen immer mehr Erkenntnisse zur Vorgeschichte der Verdächtigen ans Licht.

Wie ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums bestätigte, wurde die Frau am Tag vor der Attacke aus einer Psychiatrie im Landkreis Cuxhaven entlassen. Dort war sie zuvor behandelt worden.

Laut Klinik gab es zum Zeitpunkt der Entlassung keinen medizinischen Befund, der eine weitere Unterbringung gerechtfertigt hätte.

Drei Wochen in Klinik behandelt

Die Frau sei Anfang Mai hilflos gefunden worden, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums mit. Sie sei daraufhin eingewiesen und drei Wochen lang in der Klinik behandelt worden.

Über ihre Krankheit macht das Ministerium zum Schutz der Persönlichkeitsrechte und wegen der ärztlichen Schweigepflicht keine weiteren Angaben.

Bevor jemand aus einer Psychiatrie entlassen wird, werden laut Ministerium verschiedene medizinische, rechtliche und soziale Aspekte abgewogen. Im Zentrum steht die Frage, ob der Patient oder die Patientin nach der Entlassung eine Gefahr für sich oder andere darstellen könnte.

Im Fall der Verdächtigen hätten die Ärzte keinen Grund gesehen, die 39-Jährige weiter in der Klinik zu behalten. "Eine freiwillige Weiterbehandlung war nicht angestrebt."

Angreiferin erneut in Psychiatrie eingewiesen

Unterdessen hat die Verdächtige die Tathandlung vor dem Haftrichter inzwischen eingeräumt. Das teilte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg auf Anfrage mit.

Die 39-Jährige war am Freitagabend festgenommen worden, nachdem sie am Bahnsteig wahllos um sich gestochen haben soll. Ein Haftrichter hatte die Unterbringung der Verdächtigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet.

Der Unterbringungsbefehl laute auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen, teilte die Polizei mit.

"Der Unterbringungsbefehl bezieht sich auf die Personen, die unmittelbar mit dem Messer verletzt wurden und dadurch Schnitt- oder Stichverletzungen unterschiedlicher Schwere erlitten haben", erklärte die Polizei in ihrer Mitteilung.

Insgesamt seien 18 Menschen in Krankenhäuser gebracht worden - die übrigen erlitten demnach aber andere Verletzungen, "beispielsweise durch einen Sturz oder Schock".

Mehrere Verletzte wieder aus Krankenhäusern entlassen

Drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren und ein 24 Jahre alter Mann waren lebensgefährlich verletzt worden. Sie befinden sich inzwischen alle in einem stabilisierten Zustand, wie die Polizei bereits am Samstag mitteilte

Zudem wurden sieben Menschen schwer und weitere sieben Menschen leicht verletzt.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sprach davon, dass einige der Verletzten die Krankenhäuser wieder verlassen konnten. Zu dem Gesundheitszustand der Verletzten gab es am Sonntag zunächst keine neuen Informationen.

Kein politisches Motiv

Die Tatverdächtige soll früheren Angaben der Polizei zufolge nicht politisch motiviert gewesen sein. "Vielmehr bestehen inzwischen sehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Tatverdächtigen", hatte die Polizei mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Unterbringung beantragt.

Die Verdächtige hat laut Polizei "nach den bisherigen Erkenntnissen" keinen festen Wohnsitz. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums auf Anfrage mitteilte, soll die Frau offenbar gebürtig aus Niedersachsen kommen.

Zusammenfassung
  • Eine 39-jährige Frau verletzte am Freitagabend am Hamburger Hauptbahnhof mit einem Messer 18 Menschen, darunter vier lebensgefährlich, bevor sie von der Polizei festgenommen wurde.
  • Die Tatverdächtige war erst einen Tag vor der Attacke aus einer Psychiatrie entlassen worden, nachdem Ärzte keine weitere Unterbringung für notwendig hielten, und hat die Tat vor dem Haftrichter eingeräumt.
  • Dank des schnellen Eingreifens von zwei Passanten konnte die Attacke gestoppt werden, während am Hauptbahnhof seit Oktober 2023 ein Messerverbot gilt und die Zahl der Messerangriffe zuletzt von 12 auf 23 Fälle gestiegen ist.