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Alpinunfall-Experte: Skifahren "kein Wohlfühlprogramm"

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Der Präsident des Kuratoriums für Alpine Sicherheit, Peter Paal, sieht die Ursachen für die jüngsten tödlichen Unfälle nicht bei den Skigebieten, sondern unter anderem in einer angeblichen "Vollkaskomentalität" und im steigenden "Körpergewicht in der westlichen Welt".

Österreich erlebt in diesem Winter mehr schwere Skiunfälle als in früheren Saisonen, teilweise sogar mit Todesfolge. In Tirol gab es innerhalb weniger Tage vier tödliche Skiunfälle. Nun wird über Ursachen und Konsequenzen diskutiert.

Neben den schwierigen Pistenverhältnissen wegen des warmen Wetters und dem fehlenden Schnee links und rechts der Hänge zielt der Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS), Peter Paal, vor allem auf die Eigenverantwortung der Skifahrer. Es mangle oft an "Ski-Fitness", zudem würden viele in einer Wohlfühlpaket-Blase leben, die ihnen auch medial vermittelt werde.

Paal sprach sich vehement gegen Pistensperren aufgrund der Unfälle aus. Verbote und Wegsperren seien das "Allerletzte", diese hätten im alpinen Raum "nichts verloren", sagte der Kuratoriumspräsident, der im "Zivilberuf" als Anästhesist und Intensivmediziner arbeitet.

Peter Paalargonaut.pro/ÖKAS

Skiunglücke wegen Übergewichts? 

Die Skigebiets- bzw. Liftbetreiber würden keinesfalls unverantwortlich handeln oder könnten gar für die Unfälle in Haftung genommen werden. Noch dazu, wo die Pisten "sehr gut präpariert sind für das, was derzeit geht". Man müsse ganz einfach an die Eigenverantwortung appellieren. Menschen, die unter diesen schwierigen Bedingungen Skifahren gehen wollen, müsse klar sein, dass sie sich kein "Wohlfühlprogramm" einkaufen können und gegen jegliche Gefahr abgesichert sind, ortete Paal da und dort eine gewisse "Vollkaskomentalität".

Zuvor war Paal im "Standard" noch einen Schritt weiter gegangen und hatte sogar das steigende "Körpergewicht in der westlichen Welt" mitverantwortlich für die Skiunfälle in Tirol gemacht.

Kraus-Winkler: Auch Golfen kann gefährlich sein

Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) sieht im Gespräch mit PULS 24 ebenfalls weniger die Pistenverhältnisse als das Verhalten der Menschen für die Unglücke hauptverantwortlich. Kunstschnee gebe es schon seit vielen Jahren und dieser sei "immer ausgefeilter" geworden. Auch die Pistenpräparierung werde immer besser.

Laut der Staatssekretärin brauche es Aufklärung. Es habe schon immer "schwere Unfälle beim Skifahren gegeben . Es hat auch immer gebrochene Beine gegeben." Skifahren sei ein Sport, bei dem man aufgrund der hohen Geschwindigkeit vorsichtiger sein müsse, "als wenn man Joggen geht". Gefährlich werde es nur, wenn man sich "falsch verhält". Auch auf dem Golfplatz könne es bei Fehlverhalten gefährlich werden, sagte Kraus-Winkler. 

Skigebiete nicht haftbar

Dass Pistenbetreiber rechtlich für Skiunfälle ohne außergewöhnliche Umstände belangt werden können, schloss unterdessen der Präsident des Österreichischen Alpenvereins und Jurist, Andreas Ermacora, im ORF Tirol aus. Laut Ermacora müssen die Betreiber nur gegen jene Gefahren Vorkehrungen treffen, mit denen die Wintersportlerinnen und Wintersportler nicht rechnen können, eben sogenannte "atypische Gefahren". Beispiele dafür seien "Abbrüche über steiles Gelände oder Löcher auf der Skipiste". Viele der tödlichen Unfälle seien auf Eigenverschulden zurückzuführen. "Wenn man über den Pistenrand hinausfährt und gegen einen Baum prallt, ist das sehr tragisch, man kann es aber dem Pistenbetreiber nicht anlasten", sagte Ermacora.

Es sei für die Betreiber derzeit schwierig, das richtige Maß zu finden. Hochsicherheitsnetze müssten nur bei ganz markanten Stellen aufgestellt werden. "Mehr als B-Netze aufzustellen ist eigentlich nicht üblich und wird auch von der Rechtsprechung nicht gefordert", sagte der Alpenvereinspräsident. Diese Netze würden aber oft nicht ausreichen, um schwere Unfälle zu verhindern. In Zukunft müssten sich Betreiber die Frage stellen, ob steile und eisige Pisten fallweise gesperrt werden müssen, wenn Verhältnisse wie momentan herrschen.

Serie von Todes-Crashs

In den vergangenen Tagen hatten sich in Tirol mehrmals schwere Skiunfälle ereignet, die in vier Fällen mit dem Tod endeten. Am 28. Dezember waren im Skigebiet Steinplatte in Waidring im Bezirk Kitzbühel zwei 17-jährige Deutsche ums Leben gekommen. Einen Tag später verlor ein 47-jähriger Belgier im Skigebiet St. Anton im Bezirk Landeck die Kontrolle über seine Ski, kam von der Piste ab, prallte gegen einen Baum sowie Felsen und verstarb letztlich noch an der Unfallstelle. Und am Neujahrstag verunglückte eine 28-jährige Niederländerin am Hintertuxer Gletscher tödlich. Zwei weitere Frauen wurden fast zeitgleich an derselben Stelle schwer verletzt.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach vermehrt tödlichen Skiunfällen, vor allem in Tirol, wird über Ursachen und Konsequenzen diskutiert.
  • Es mangle oft an "Ski-Fitness", zudem würden viele in einer Wohlfühlblase leben, meint Peter Paal, der Präsident des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit.

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