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Künftig Verbot von Patenten bei konventionellen Züchtungen

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Die Bundesregierung hat im Ministerrat am Mittwoch eine Novelle des Patentrechts auf den Weg gebracht. Die in der Regierungssitzung fixierte Regierungsvorlage bringt ein Verbot von Patenten bei konventionellen Züchtungen (bei landwirtschaftlicher Nutzung) sowie die Umsetzung des europäischen Einheitspatents ab 1. Juni in 17 EU-Ländern.

Mit der Novelle, die noch einen Beschluss im Nationalrat braucht, sollen strengere gesetzliche Regelungen für Patente auf Leben eingeführt werden. Österreich habe bereits bisher "besonders fortschrittliche Regeln, die Patente auf Leben verhindern und sicherstellen, dass die heimische Landwirtschaft geschützt ist", sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Pressefoyer nach der Regierungssitzung. Mit dieser Novelle gehe man aber "noch einen Schritt weiter".

"Natürliche Pflanzen und Tiere dürfen nicht patentiert werden. Das gilt für alle Formen konventioneller Züchtung", so Gewessler - auch dann, wenn Zufallsmutationen im Labor entstehen. Betroffen vom Verbot ist also auch die sogenannte nicht zielgerichtete Mutagenese.

Dabei handelt es sich laut Gewesslers Büro um ein in der konventionellen Pflanzenzüchtung schon seit langem angewandtes Verfahren: Eine Pflanze wird einem bestimmten Stress ausgesetzt (z.B. intensiver UV-Bestrahlung), wodurch zufällige Mutationen entstehen. Auch diese so entstandenen Mutationen sind künftig klar vom Patent-Verbot umfasst. "Pflanzen und Natur dürfen nicht der Allgemeinheit durch Patente entzogen werden", sagte Gewessler.

Dieses neue Patentverbot gilt nur für die landwirtschaftliche Nutzung. Weiterhin möglich sind etwa Patente, sofern die durch derartige Mutationen entstandenen Organismen etwa für pharmazeutische Produkte verwendet werden, hieß es aus Nachfrage aus Gewesslers Büro. Das Verbot zielt auf den gesamten Prozess der Lebensmittelerzeugung und die notwendigen Vorarbeiten wie die Saatgutproduktion ab. "Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass die Sorten von allen genutzt werden können und gleichzeitig in der pharmazeutischen Forschung die notwendige Patentierbarkeit erhalten bleibt", so das Umweltministerium.

Mit der ebenfalls in der Novelle enthaltenen europäischen Einheitspatent können Patentanmelder künftig in einem Schritt in 17 europäischen Ländern einen Patentschutz für ihre Erfindung erhalten. Mit der nun im Ministerrat beschlossenen Novelle wird laut Informationen aus Gewesslers Büro künftig das einheitliche Patentgericht - mit einer lokalen Kammer in Wien - seine Tätigkeit aufnehmen können.

Die am Mittwoch im Ministerrat abgesegnete Novelle wird nun an den Nationalrat übermittelt. Für den notwendigen Parlamentsbeschluss reicht eine einfache Mehrheit aus.

Die Umweltorganisation Global 2000 begrüßte den Vorstoß der Regierung. "Gerade angesichts der Klimakrise ist es höchst problematisch, dass sich Konzerne mithilfe von Patenten auf Pflanzen exklusive Nutzungsrechte auf Merkmale wie Krankheitsresistenzen oder Hitzebeständigkeit von Pflanzen verschaffen, die für die konventionelle Züchtung von zukunftsfitten Sorten zentral sind", sagte Brigitte Reisenberger, Landwirtschafts- und Gentechniksprecherin der NGO. Bauern bräuchten dringend Zugang zu genetischem Material, um lokal angepasste Pflanzen für die Klimakrise weiterzuentwickeln.

Arche Noah, ein Verein für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt, sieht eine langjährige Forderung umgesetzt. "Der Beschluss ist ein wichtiges Signal an die EU und das Europäische Patentamt: Das Patentrecht darf nicht länger missbraucht werden, um den Saatgutmarkt immer weiter zu monopolisieren. Saatgut ist die Grundlage unserer Ernährung und keine Erfindung eines Konzerns!"

Die Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung, FIAN, sieht einen wichtigen Schritt, um zunehmender Monopolisierung von Saatgut in Händen der Agrarchemiekonzerne entgegenzutreten. Nur vier Agrochemieunternehmen - Bayer-Monsanto, DowDuPont/Corteva, ChemChina-Syngenta und BASF - kontrollieren mehr als die Hälfte des weltweiten Saatgutmarktes und zugleich drei Viertel des weltweiten Pestizidmarktes, wie FIAN in einer Aussendung schrieb. "Der Zugang zu Saatgut ist die Grundlage der Ernährung. Dass Bäuerinnen und Bauern die Kontrolle über ihr Saatgut haben, ist eine zentrale Voraussetzung für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung", sagte Tina Wirnsberger, FIAN-Referentin für kleinbäuerliche Rechte und Klimagerechtigkeit.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Bundesregierung hat im Ministerrat am Mittwoch eine Novelle des Patentrechts auf den Weg gebracht.
  • Die in der Regierungssitzung fixierte Regierungsvorlage bringt ein Verbot von Patenten bei konventionellen Züchtungen sowie die Umsetzung des europäischen Einheitspatents ab 1. Juni in 17 EU-Ländern.
  • Mit der Novelle, die noch einen Beschluss im Nationalrat braucht, sollen strengere gesetzliche Regelungen für Patente auf Leben eingeführt werden.