Welche Medikamente bei Corona helfen und welche nicht

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Thomas Griesbacher, Facharzt für Pharmakologie, beantwortet im PULS 24 Interview die wichtigsten Fragen zur medikamentösen Behandlung von Covid-19. Eines vorweg: Die Impfung werden sie "ganz sicherlich nicht ersetzen".

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kündigte am Mittwoch freudig an, Medikamente zur Behandlung von Corona bestellt zu haben, die "sehr hoffnungsfroh stimmen". Von Molnupiravir von Merck & Co (MSD) will man insgesamt 80.000 Therapiezyklen zu je 612 Euro beschaffen, von Paxlovid von Pfizer 270.000 Zyklen (hier gibt es noch keinen Preis). 

Von der FPÖ und anderen Impfskeptikern werden derzeit auch eine Reihe anderer Behandlungsmethoden propagiert. Diese Empfehlungen sind hochproblematisch. Welche Medikamente wirklich wirken und welche nicht, darüber klärt Thomas Griesbacher, Facharzt für Pharmakologie und Vorsitzender der Österreichischen Pharmakologische Gesellschaft, im PULS 24 Interview auf. 

Können Medikamente überhaupt gegen Viruserkrankungen helfen?

Ganz allgemein kommt es auf die jeweilige Erkrankung an, sagt Griesbacher. Bei manchen Krankheiten wie HIV oder Hepatitis C gibt es seit Jahren "gut wirksame" Medikamente. Bei anderen Erkrankungen gibt es hingegen kaum etwas Wirksames. Bei Covid-19 gibt es jetzt eine "erste Bewegung" bei Medikamenten, die nicht nur präventiv, also vorbeugend, sondern auch therapeutisch wirken. Sie sollen die Erkrankung verkürzen und die Schwere des Verlaufs reduzieren. 

Wie wirkt Paxlovid?

Dieses Medikament besteht laut dem Arzt aus zwei Wirkstoffen: Einer davon hemmt ein Enzym, wodurch das Virus im Körper an der Vermehrung gehindert wird. Der andere Wirkstoff verhindert, dass der erste Wirkstoff von der Leber abgebaut wird. Dadurch hält der erste Wirkstoff länger. 

Wie wirkt Molnupiravir?

Auch dieses Medikament versucht, die Vermehrung des Virus im Körper zu verhindern. Es wird ein "falscher Baustein" in die DNA des Virus "hineingeschmuggelt", wodurch das Virus nicht mehr kopiert werden kann. Erste Studien deuten darauf hin, dass dieses Medikament bei Hochrisikopatienten die Wahrscheinlichkeit von schweren Verläufen und Todesfällen halbiert, sagt der Pharmakologe.

Ab wann sind die beiden Präparate einsetzbar?

Beide Präparate sind in der EU noch nicht zugelassen. Bei den Bestellungen des Gesundheitsministeriums handelt es sich daher um Vorbestellungen, erklärt Griesbacher. Derzeit laufe ein beschleunigtes Zulassungsverfahren - das heißt, dass die Europäische Gesundheitsagentur nicht auf alle Daten wartet, sondern schon mit ersten Daten die Prüfung startet. Das spare Zeit, die Zulassung dauere "wahrscheinlich nicht mehr allzu lange", so der Mediziner. 

Die Daten, die über beide Medikamente bekannt sind, stammen großteils aus den Zulassungsstudien, die nur teilweise öffentlich sind. Seltene Nebenwirkungen sind derzeit Auwirkungen auf Magen-Darm, Leber und Niere. Sie sollen deshalb nur für Hochrisikopatienten unter genauer Beobachtung angewendet werden.

Ersetzen die Medikamente die Impfung?

Nein. "Die Impfung wird es ganz sicherlich nicht ersetzen", sagt Griesbacher. Er würde die Medikamente auch nicht als "Gamechanger" bezeichnen. Es wird auch in der Zukunft die Kombination aus Impfung und Medikamenten brauchen. Die Impfung wird ihre Rolle als Profilaxe und als Verhinderung der Weitergabe der Krankheit nicht verlieren. Die Häufigkeit der schweren Verläufe sei so hoch, dass es "ein unvertretbares Risiko" sei, auf die Impfung zu verzichten. Die Medikamente sind vor allem für Hochrisikopatienten gedacht.

Je mehr Ungeimpfte es gibt, desto mehr verbreitet sich das Virus und damit werden Mutationen wahrscheinlicher. Es sei nicht garantiert, dass die Medikamente und die Impfung dann gleich gut wirken. Dann müssen sie wieder angepasst werden.

Mehrere FPÖ-Politiker propagieren das Entwurmunsgmittel Ivermectin - wie wirkt es?

In Viruskulturen (nicht an Menschen getestet, Anm.) wurde festgestellt, dass Ivermectin "in sehr hoher Konzentration" die Vermehrung von Viren verhindern kann. Die Dosierung, die dafür notwendig ist, ist für den Menschen aber "absolut toxisch", sagt der Pharmakologe Griesbacher. Auch der Hersteller des Medikaments rät tunlichst davon ab.

Auch der Bitterstoff Chinin wird von der FPÖ empfohlen - wie wirkt er?

Chinin wurde früher auch bei Malaria eingesetzt, erklärt Griesbacher. Heute setze man hier wirksamere, dafür weniger verträgliche Substanzen ein. Chinin sei kürzlich als möglicher Ansatz zur Covid-Behandlung angedacht worden, sei derzeit aber nur in Viruskulturen (nicht am Menschen, Anm.) getestet worden. Für Informationen über die Wirkung beim Menschen müsse man erst Studien abwarten. Fest steht aber, dass Chinin Nebenwirkungen hat und sich auf Magen-Darm, Gehirn und Herz-Kreislauf negativ auswirken kann. Es gibt auch Todesfälle. 

Von Impfskeptikern werden auch hochdosierte Vitamine propagiert  - wie wirken sie? 

Zu Vitamin C gibt es "sehr widersprüchliche Daten", sagt der Arzt. Kleine Studien mit Mängeln zeigen Wirkung bei sehr hohen Dosierungen, die nur intravenös möglich seien. 

Zu Vitamin D ist bekannt, dass ein Mangel zu einem erhöhten Risiko einer Infektion beitragen kann. Andersrum ist ein erhöhter Spiegel schädlich und verursacht ein erhöhtes Sterberisiko. Die Kalziumkonzentration im Blut steigt, was Folgen für Magen-Darm, Herz und Niere haben kann. Der Einsatz von Vitamin D empfiehlt sich also nur, wenn ein Mangel nachgewiesen wurde.

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  • Thomas Griesbacher, Facharzt für Pharmakologie, beantwortet im PULS 24 Interview die wichtigsten Fragen zur medikamentösen Behandlung von Covid-19. Eines vorweg: Die Impfung werden sie "ganz sicherlich nicht ersetzen".