APA/ERWIN SCHERIAU

Packendes Meisterschaftsfinale

Titelverteidigung: Sturm Graz ist österreichischer Meister

Heute, 17:16 · Lesedauer 7 min

Sturm Graz feiert nach einem denkwürdigen und hoch spannenden Saisonfinish die Titelverteidigung in der Fußball-Bundesliga. In einem Herzschlagfinale am Samstag schafften die Steirer mit dem 1:1 (1:0) gegen den WAC im eigenen Stadion den notwendigen Punktgewinn zum fünften Meistertitel der Clubgeschichte.

Die 15.919 Fans plus Hunderte, die außerhalb der Merkur Arena auf die Titelfeier warteten, mussten in einer von Umbrüchen und Turbulenzen begleiteten Saison des Meisters noch einmal gehörig leiden.

Zwar schnürte William Böving in der Nachspielzeit der ersten Hälfte ein mögliches Abschiedsgeschenk in Form des 1:0, doch nach Thierno Ballos Ausgleichstreffer (67.) hieß es für die Elf von Jürgen Säumel zittern bis zum Schluss.

Internationaler Herbst für Sturm

Sturm darf mit der fünften Teilnahme an einem Europacup-Hauptbewerb in Folge planen, für den erneuten Champions-League-Start müsste noch eine Runde überstanden werden.

Zumindest die Europa League ist fix.

Der WAC beendete eine historische Saison als Cupsieger auf einem internationalen Ticket sitzend. Das Team von Dietmar Kühbauer steigt als Tabellen-Vierter aufgrund des Cupsiegs in der 3. Qualifikationsrunde zur Europa League ein.

Die Ausgangslage vor dem Spiel versetzte Sturm ins Vorjahr zurück: Wieder Showdown in der letzten Runde, wieder in Graz, wieder kam der Gegner aus Kärnten. Anders als vor einem Jahr gegen Klagenfurt (2:0) würde schon ein Punkt reichen.

Mit dem WAC gastierte ausgerechnet der Angstgegner der bisherigen Saison. In drei Duellen war Sturm kein Sieg gelungen. Die Wolfsberger mussten für die Titelchance siegen und auf einen Umfaller der Wiener Austria gegen Blau-Weiß Linz hoffen.

Grazer Chancen

Vor dem Anpfiff enthüllten die Sturm-Fans eine gigantische Choreo mit der Aufschrift "Die alten Erinnerungen an der Wand, die neuen bereits in der Hand".

Ihre Mannschaft - aufgelaufen im 4-2-3-1 - war bemüht, sogleich zu liefern. Otar Kiteishvili verzog nach einem Corner knapp (4.). Die 9. Minute, Leon Grgic kam im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Harald Lechner ließ weiterspielen. Tochi Chukwuani zielte nach Kurzpass-Kombination im Strafraum daneben (15.).

Dann entschärfte Nikolas Polster eine Großchance. Der WAC-Goalie drehte einen Volleyschuss von Böving nach Grgic-Vorarbeit noch über die Latte (25.) und versuchte, seine Vorderleute danach gestenreich aufzuwecken.

Der Cupsieger wirkte von der Kulisse beeindruckt, streute viele kleine Fehler ein, wurde mit Fortdauer aber mutiger. Minute 41: Kiteishvili verlor im Aufbau den Ball, der im defensiven Mittelfeld aufgebotene Chibuike Nwaiwu zielte aus 35 Metern deutlich vorbei.

Böving lässt Graz-Liebenau beben

Wenige Sekunden vor dem Pausenpfiff rauschte eine Welle der Ekstase durch das Stadion. Tomi Horvat fand Böving frei vor dem Strafraum und der Däne versenkte den Ball mit links im langen Eck.

Unter tosendem Applaus verabschiedete sich der Meister in die Kabinen - "wir werden Meister"-Sprechchöre inklusive.

Die Gäste zeigten nach dem Seitenwechsel aber, dass sie keineswegs Statisten bei einer Sturm-Meisterfeier sein wollten. Immer wieder schnupperten sie am Ausgleich, der in der 67. Minute auch fiel: Ballo, der bereits Momente zuvor mit einem Schuss aus dem Rückraum von Chukwuani geblockt worden war, tauchte erneut dort völlig ungedeckt auf. Kjell Scherpen schaute dem Schuss des Offensivmanns nur hinterher.

Spannend bis zum Schlusspfiff

Die Sturm-Elf zitterte und wackelte, Sturm-Coach Säumel wechselte doppelt und brachte in Malick Yalcouyé den überraschend nur auf der Bank gesessenen "Newcomer der Saison".

Mit Halbchancen hüben wie drüben ging es weiter, ehe sich Sturm scheinbar festlegte: Mit Emanuel Aiwu sollte das Remis über die Zeit gebracht werden. Kühbauer indes brachte seinen "Superjoker" Erik Kojzek in die Partie.

Eine wirkliche Großchance bot sich aber nicht mehr, die Grazer brachten das Ergebnis mit ihrer ganzen Routine über die Zeit.

Reaktionen zum Spiel

Jürgen Säumel (Sturm-Trainer): "Ich muss mich bei so vielen Leuten bedanken - Mannschaft, Trainerteam, Fans, Präsident, Vorstand, Familie. Ich bin überglücklich, dass wir das geschafft haben. Es war extrem schwierig, trotzdem habe ich an die Mannschaft geglaubt. Ich habe den Spielern in die Augen geschaut und gemerkt, die bringen das drüber. Ich habe immer das Vertrauen des Präsidenten und des Sportdirektors gespürt, vor allem auch von der Mannschaft. Ich war auch gut beraten, dass ich auf meine Führungsspieler höre."

Michael Parensen (Geschäftsführer Sport Sturm Graz): "Es ist ein unheimlich gutes Gefühl. Wir hatten viele Ups und Downs und mussten unendlich viel Energie aufbringen, aber wenn du am Schluss ganz oben stehst, hast du es verdient. Es gab sehr viel Geschlossenheit innerhalb des Vereins, das hat uns letztlich zum Meister getragen."

Christian Jauk (Sturm-Präsident): "Bei uns sind Spieler, der Sportdirektor und der Cheftrainer abgeworben worden, es hat Sperren und Verletzungen gegeben - dass es am Ende doch geklappt hat, macht uns glücklich. 99 Prozent der Zeit habe ich an den Titel geglaubt, es gibt aber auch immer Momente, in denen man zweifelt. Ich war immer überzeugt von dem Weg, den wir gegangen sind. Es waren aber nicht alle so überzeugt davon."

William Böving (Sturm-Torschütze): "Darauf haben wir die ganze Saison gewartet. Wir sind alle müde, aber werden diesen Moment genießen und feiern. Ich bin einfach nur glücklich über mein Tor."

Gregory Wüthrich (Sturm-Verteidiger): "Dass wir zweimal hintereinander den Titel gewonnen haben, ist unglaublich. In der zweiten Hälfte hat man gemerkt, dass wir ein bisschen gehemmt waren, aber das ist jetzt egal. Es ist jetzt der falsche Moment, um über meine Zukunft zu reden."

Jon Gorenc Stankovic (Sturm-Kapitän): "Es war ein richtig intensives Spiel. Ich bin richtig stolz auf diese Mannschaft. Wir hatten in dieser Saison Höhen und Tiefen, sind aber immer wieder aufgestanden. Es war eine unglaubliche Saison und wir wurden heute mit einem Titel belohnt. Ein unglaubliches Gefühl. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Ich bin ohne Worte, alle in Graz haben sich das verdient."

Otar Kiteishvili (Sturm-Mittelfeldspieler): "Ich kann die Emotionen gar nicht beschreiben. Die Saison war so lang und so hart. Das Spiel auch, besonders, nachdem sie das Tor geschossen haben. Jede Sekunde und jede Minute hat sich so lange angefühlt. Wir haben als Team einen fantastischen Job gemacht. Das Team und die Fans verdienen nur das Beste. Wir sind so happy, es war eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen. Das ist wahrscheinlich das beste Gefühl überhaupt, wenn man nach einer harten Saison diesen Sieg feiert und diese Emotionen hat. Für heute Nacht gibt es viele Pläne."

Dietmar Kühbauer (WAC-Trainer): "Den Lauf auf der Autobahn erspare ich mir auf jeden Fall. Die Truppe hat es unglaublich gut gemacht. Wenn ein Tor fehlt, ist es schade. Wenn du im oberen Play-off nur ein Spiel verlierst und damit auch die Meisterschaft, ist es auch schade. Aber ich will meine Spieler keinesfalls schlechtreden, wir haben ein unglaubliches Topjahr gespielt. Ich bin wirklich dermaßen stolz auf sie. Sturm ist ein würdiger Meister und wir gratulieren auf diesem Wege. Meine Burschen sind aber auch Meister."

Nicolas Wimmer (WAC-Verteidiger): "Ich bin unglaublich stolz auf die Mannschaft. Wie wir in der Meistergruppe performt haben, wir haben nur ein Spiel verloren, großes Lob. Wir haben alles reingehauen. Bis zum Schluss war es offen, leider ist uns der Siegestreffer nicht gelungen und somit haben wir leider nicht die Meisterschaft geholt. Ich habe nur in der Halbzeit mitbekommen, dass die Austria führt, dann nichts mehr. Die Mannschaft ist so zusammengewachsen, wir haben Topspieler in unseren Reihen, die einen guten Karriereweg machen werden. Heute überwiegt trotzdem ein bissl die Enttäuschung, aber wir können stolz sein auf die Saison, was wir geleistet haben."

Zusammenfassung
  • Sturm Graz feiert nach einem denkwürdigen und hoch spannenden Saisonfinish die Titelverteidigung in der Fußball-Bundesliga.
  • In einem Herzschlagfinale am Samstag schafften die Steirer mit dem 1:1 (1:0) gegen den WAC im eigenen Stadion den notwendigen Punktgewinn zum fünften Meistertitel der Clubgeschichte.