Welchen Einfluss das Urteil im Fall Floyd auf Österreich hat

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PULS 24 sprach mit der österreichischen Journalistin und Historikerin Vanessa Spanbauer über den Einfluss des Schuldspruchs im Fall George Floyd auf Österreich.

Als der Schuldspruch für Derek Chauvin verkündet wurde, jubelten in Minneapolis die Menschen, die vor dem Gericht gewartet hatten. Stars, Sportler und selbst der US-Präsident drückten ihre Freude aus. In Österreich wachte die breite Masse mit der Nachricht zum Urteil auf. Dem Polizisten, der neun Minuten lang auf George Floyds Hals gekniet war, drohen bis zu 40 Jahre Haft, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass er die Höchststrafe bekommt

Signalwirkung - auch für die Polizei

"Das Urteil im Mordfall George Floyd ist wichtig", ist Journalistin und Historikerin Vanessa Spanbauer sicher. Es habe Signalwirkung und würde bei der Polizei vielleicht ein Umdenken auslösen. Ein Bewusstsein dafür, besser aufpassen zu müssen, weil es die Möglichkeit gebe, dass sie für ihre Taten die Verantwortung tragen müsse, "was ja in der Vergangenheit nie so war. Es war immer klar, dass weggeschaut wird und dass das egal ist."

Der US-Justizminister hat inzwischen aufgrund des Schuldspruches bereits eine Untersuchung gegen die Polizei von Minneapolis eingeleitet.

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Spanbauer glaubt, dass bei "weißen" Österreichern das Video vom Mord an George Floyd, das um die Welt ging, mehr Eindruck hinterließ als jetzt das Urteil. "Für Leute, die da nicht so aufgeklärt waren in diesen Belangen" machte das Video, bei dem der inzwischen verurteilte Polizist Derek Chauvin neun Minuten auf dem Hals eines Opfers kniete "sehr eindeutig, was da passiert ist."

Spanbauer las nach dem Schuldspruch Kommentare unter Artikel in österreichischen Medien. Und selbst bei jenen, wo man sich "eher rassistische Äußerungen erwarten" könne, herrschte die Meinung vor, dass richtig entschieden wurde, dass das Urteil unvermeidlich war. "Das war selbst Leuten klar, die sonst dem Thema nicht so nah sind.

"Kann man sich beschweren über die Polizei?"

Für Schwarze Menschen bedeute das Urteil natürlich mehr, "weil es zeigt, dass in irgendeiner Form etwas gemacht wird. Weil ein Fall nicht vergessen wird - definitiv nicht vergessen." Man müsse das System aber noch weiter hinterfragen: "Wie ist das bei den Fällen ausgegangen, die wir schon hatten? Und kann man sich beschweren über die Polizei?" Es gebe viele Schuldige, die nicht belangt worden sind. "Dass einer aufgrund eines Videos jetzt endlich belangt wurde ist ein Fakt, es zeigt aber auch auf, dass eigentlich sehr viele genau dieses Urteil gebraucht hätten. Es zeigt auch auf, wie viele genauso ein Urteil verdient hätten."

Der Fall George Floyd rief die Bewegung "Black Lives Matter" auf den Plan. Auch in Österreich gingen 2020 bei einer Demo 50.000 Menschen auf die Straße. Die Auswirkungen merke man in Österreich. "Das Thema ist vielen Menschen, die sich davor gar nicht damit beschäftigt haben viel präsenter geworden. Es haben viele Menschen kurz einmal drüber nachgedacht, während sie das davor nicht getan haben. Einige Menschen haben über Privilegien nachgedacht. Es hat sich auch in den schwarzen Communitys was getan. Es hat eine Stärkung gegeben."

"Das Thema geht auch nicht mehr weg"

Das Thema sei präsent und es werde auch nicht mehr weggehen. "Es ist vielleicht nicht immer so, dass 50.000 Menschen auf die Straße gehen." Aber das Thema sei, auch in Zeiten von Corona, nicht weg und wenn man in drei Jahren darüber berichten werde, sei es auch kein Überraschungsthema mehr, "sondern fixer Bestandteil von Museen und anderen Bereichen."

Vanessa Spanbauer ist Journalistin und Historikerin in Wien. Sie schreibt zu den Schwerpunkten Musik, Kultur und gesellschaftskritischen Themen. Seit 2014 beschäftigt sie sich sowohl historisch als auch journalistisch im Besonderen mit dem Thema Schwarze Menschen in Europa und Diversität. Zurzeit arbeitet sie zu Projekten im Auftrag des Technischen Museums Wien und kuratiert eine Ausstellung für das Volkskundemuseum Wien, die im November 2021 eröffnet werden soll.

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Im Juni 2020 diskutierte PULS 24-Infochefin Corinna Milborn die Frage "Wie rassistisch ist Österreich?" mit Journalistin und Chefredakteurin "Fresh" Vanessa Spanbauer, Musikerin, Komponistin und Model Bibiane Zima, Journalistin und Aktivistin Imoan Kinshasa und Rapper T-Ser.

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