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Virtual Reality im Kanzleramt: Viel Geld, wenig Führung

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Sebastian Kurz plante in seiner Kanzlerschaft offenbar ein eigenes Besucherzentrum im Kanzleramt. Für ein Schüler-Planspiel wurden sogar Virtual-Reality-Brillen angeschafft. Das zuständige Referat sorgt nun auch im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss für Verärgerung.

Im Mai 2019, es regierten noch ÖVP und FPÖ unter Sebastian Kurz, wurde im Bundeskanzleramt das Referat "Besuchermanagement" gegründet, dessen Genese einige Fragen aufwirft und für die Opposition typisch für die Machenschaften unter Sebastian Kurz ist.

Geplant wurde das Referat schon länger - und zwar im Büro des damaligen Regierungssprechers Peter Launsky-Tieffenthal, wie zumindest Mails vom März 2019 nahelegen, über die die "Wiener Zeitung" zuerst berichtete und die auch PULS 24 vorliegen. 

Planung im Büro des Regierungssprechers

Eine Mitarbeiterin des Regierungssprecherbüros, die dafür zuständig gewesen sein soll, wünscht sich darin eine Dame "als Verwaltungspraktikantin bei uns im Büro, konkret bei mir im Besuchermanagement" mit April 2019. Die Mitarbeiterin soll auch für die Arbeitsplatzbeschreibung des Referatsleiters zuständig gewesen sein.

Die Planung im Büro des Regierungssprechers hatte Vorteile - es war außerhalb der Organisationsstruktur angesiedelt, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verdienten mehr, ihre Verträge waren dafür an die Tätigkeit von Launsky-Tieffenthal gebunden.

Das Kanzleramt widersprach am Dienstag den Mails gegenüber der "Wiener Zeitung": Das Referat Besuchermanagement sei "zu keinem Zeitpunkt" dem Büro des Regierungssprechers unterstanden. Bei der Gründung im Mai 2019 war es dann auch in der Präsidialsektion angesiedelt. 

Planspiel für Schüler

Allerdings wurde, wie Unterlagen aus dem U-Ausschuss zeigen, die auch PULS 24 vorliegen, im Büro des Regierungssprechers auch ein Planspiel für Schüler und Schülerinnen im Kanzleramt geplant. Dafür wurde der Säulensaal umgebaut, Firmen wurden mit der Konzeptentwicklung beauftragt und es wurden 32 Virtual-Reality-Brillen ausgeliehen. Allein in der Abteilung für technische Infrastruktur sollen die Kosten im April 2019 bei rund 49.000 Euro gelegen haben. Wie teuer das Planspiel "Meine Republik" insgesamt war, will das Kanzleramt nicht sagen, wie die "Wiener Zeitung" berichtet.

Laut Kanzleramt wurde das Spiel im Büro des Regierungssprechers nur konzipiert, es sollte dann an das Besuchermanagement übergeben werden. Der ehemalige Generalsekretär Dieter Kandlhofer erweckte im U-Ausschuss noch den Eindruck, sich weder an Planspiel noch an Besuchermanagement erinnern zu können.

Mails, die FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker vorlegte, erwecken allerdings ein anderes Bild: Der Ex-Generalsekretär tauschte sich darin mit seinem Kabinettschef Andreas Grad und einer Beamtin über Kosten von Agenturen aus. Als die Kostenobergrenze erreicht wurde, musste Kandlhofer sogar weiteres Geld freigeben.

War Kurz involviert?

Die Mails, die PULS 24 vorliegen, zeigen zudem, dass auch Sebastian Kurz einiges an dem Projekt gelegen sein dürfte. Auch Kurz' Kabinettschef Bernhard Bonelli und zwei weitere Kabinettsmitarbeiter waren involviert. In einer Mail heißt es sogar: "Es geht in der Grobkonzeption darum abzustecken, welche Kosten für die von HBK (Herr Bundeskanzler, Anm.) geäußerten Vorstellungen auf uns zukommen würden". Das erweckt zumindest den Eindruck, dass Kurz in die Planung eingeweiht wenn nicht sogar federführend involviert gewesen sein könnte.

Das Planspiel fand dann auch zumindest ein Mal statt. Was aus dem Besuchermanagement wurde, ist hingegen unklar. Bis Ende 2021 wurde es jedenfalls von Arno M. geleitet, also jenem Kabinettsmitarbeiter, der vor der Nationalratswahl 2019 Festplatten aus dem Kanzleramt schreddern ließ. Auch er hatte einen Sondervertrag und dadurch ungewöhnlich gute Bezahlung.

Seit elf Monaten hat das Besuchermanagement nun jedoch keine Leitung und keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehr. Angesiedelt ist es seit Mai 2019 in der Präsidialsektion. Das Kanzleramt will laut "Wiener Zeitung" eine Neuausrichtung prüfen.

Opposition sieht Parallelstrukturen

Die Oppositionsparteien im U-Ausschuss stellen sich nun die Fragen, wie hoch die Kosten sind, die das Referat Besuchermanagement verursacht hat, was aus dem Equipment wurde und was aus dem Referat wird. Für sie ist klar: Im Büro des Regierungssprechers entstand eine Parallelstruktur, mit der man unter anderem öffentliche Ausschreibungen umgehen wollte. Die Vorgehensweise zeige, wie die Verwaltung benutzt wurde, um ein Ministerium umzufärben. 

ribbon Zusammenfassung
  • Sebastian Kurz plante in seiner Kanzlerschaft offenbar ein eigenes Besucherzentrum im Kanzleramt.
  • Sogar Virtual-Reality-Brillen wurden dafür angeschafft. Das zuständige Referat sorgt nun auch im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss für Verärgerung.

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