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Massive Eskalation

Trump-Anordnung: Nationalgardisten in Los Angeles

Heute, 18:50 · Lesedauer 5 min

Auf Anordnung von US-Präsident Donald Trump und gegen den Willen der örtlichen Behörden sind am Sonntag mehrere hundert Nationalgardisten in der US-Westküstenmetropole Los Angeles eingetroffen.

Nach Angaben des US-Militärs wurden 300 Soldaten an drei Einsatzorte im Großraum Los Angeles geschickt, um Bundeseigentum und Personal zu schützen. Zuvor hatte es in der Stadt nach Razzien der Bundesbehörden gegen Migranten gewaltsame Proteste gegeben.

Im Geschäftszentrum von Los Angeles waren Soldaten in Tarnanzügen, mit Helmen und Schnellfeuerwaffen vor einem Gebäudekomplex der Bundesbehörden zu sehen. An die Außenmauern des Gebäudes, in dem sich auch ein Haftzentrum befindet, hatten Unbekannte die Worte "Our City" (Unsere Stadt) gesprüht.

Weitere Demonstrationen geplant

Für Sonntagnachmittag (Ortszeit/23.00 Uhr MESZ) waren in Los Angeles weitere Demonstrationen geplant, es kursierte ein Aufruf zu einer "Massenmobilisierung" vor dem Rathaus. Trump hatte zuvor die Entsendung von 2000 Nationalgardisten angeordnet.

Damit begegne die Regierung in Washington "der Gesetzlosigkeit, deren Ausbreitung zugelassen wurde", erklärte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt.

Der demokratische Gouverneur des Bundesstaats, Gavin Newsom, lehnt die Mobilisierung ab und befürchtet eine Eskalation der Lage. Newsom warf Trump vor, er schicke nicht 2000 Nationalgardisten nach Los Angeles, um "auf Bedarfslücken" zu reagieren, sondern "um eine Krise zu erzeugen".

"Er hofft auf Chaos, damit er mehr Razzien, mehr Angst, mehr Kontrolle rechtfertigen kann", erklärte Newsom im Onlinedienst X und appellierte an die Bewohner der Stadt: "Bleibt ruhig. Wendet nie Gewalt an. Bleibt friedlich."

Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Nationalgarde, die bei Waldbränden, Wirbelstürmen, Überflutungen oder Unruhen im Inneren eingesetzt werden kann. Sie steht dann unter dem Befehl des jeweiligen Gouverneurs.

 Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Insgesamt verfügen die USA über mehr als 325.000 Nationalgardisten.

Hegseth erwägt Einsatz der US-Marines

"Aufständische, die ausländische Flaggen tragen, greifen Einwanderungsbeamte an, während die eine Hälfte der politischen Führung Amerikas entschieden hat, dass Grenzschutz böse ist", kommentierte US-Vizepräsident JD Vance die Demonstrationen auf X.

https://x.com/JDVance/status/1931522410932543627

Trumps Grenzbeauftragter Tom Homan erklärte gegenüber Fox News, die Nationalgarde werde am Samstag (Ortszeit) in Los Angeles eintreffen.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth erwog zudem den Einsatz der US-Marines zur Unterstützung der Polizei gegen die Demonstranten.

 "Das @DeptofDefense mobilisiert SOFORT die Nationalgarde, um die Bundespolizei in Los Angeles zu unterstützen. Sollte die Gewalt anhalten, werden auch aktive Marines in Camp Pendleton mobilisiert - sie sind in höchster Alarmbereitschaft", schrieb er auf X. 

In der offiziellen Bekanntmachung hieß es, die Nationalgarde werde 60 Tage im Einsatz sein oder so lange, wie es der Verteidigungsminister für nötig halte.

US-Senator spricht von "beispiellosem" Schritt

Einer der beiden kalifornischen US-Senatoren, Adam Schiff, nannte den Einsatz der Nationalgarde gegen den Willen des Gouverneurs "beispiellos". Damit solle Chaos gestiftet und eine Eskalation herbeigeführt werden. 

Er forderte ein Ende der Gewalt - es gebe nichts, "was Präsident Trump sich mehr wünschen würde, als gewaltsame Zusammenstöße mit Demonstranten", um den Einsatz des Militärs oder eine Form des Kriegsrechts zu rechtfertigen, warnte Schiff auf X.

Trump verunglimpft kalifornischen Gouverneur

Unmittelbar vor der Erklärung des Weißen Hauses hatte Trump bereits mit einem Einschreiten der Bundesregierung gedroht. Wenn Gouverneur Newsom und Bürgermeisterin Karen Bass ihre Jobs nicht ordentlich machten, werde die Regierung einschreiten und das Problem mit "Unruhen und Plünderern" lösen, schrieb der Präsident auf seiner Plattform Truth Social. 

Anstatt den korrekten Nachnamen des Gouverneurs zu nutzen, bezeichnete Trump ihn in seinem Post als "Newscum" - ein Wortspiel mit dem englischen Begriff "scum", der auf Deutsch "Abschaum" bedeutet.

Proteste seit Freitag - Einsatz von Tränengas

Im Raum Los Angeles war es seit Freitag zu Protesten gegen Einsätze der ICE-Sicherheitskräfte gekommen. Sie wollten Migranten festnehmen - offenbar, um das Ziel des Präsidenten umzusetzen, mehr Menschen abzuschieben. 

Das Weiße Haus sprach von "normalen Abschiebeeinsätzen". Die Sicherheitskräfte traten den Demonstranten in voller Montur mit Schildern und Helmen entgegen, auch Tränengas wurde eingesetzt.

Bürgermeisterin Bass und die örtliche Polizei distanzierten sich von den ICE-Einsätzen und wollen wie gehabt in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht mit der Bundesbehörde zusammenarbeiten, um Abschiebungen zu ermöglichen. 

So verhalten sich viele von Demokraten kontrollierte Städte in den USA - wohingegen die Republikaner die von Trump angekündigten Massenabschiebungen umsetzen wollen.

118 Migranten festgenommen

Nach Darstellung des US-Heimatschutzministeriums griffen am Freitag rund 1.000 Demonstranten ICE-Beamte an. Die örtliche Polizei sei erst nach zwei Stunden eingeschritten, kritisierte das Ministerium. 

Im Laufe der Woche seien in Los Angeles 118 Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel festgenommen worden, darunter Gangmitglieder und Vorbestrafte.

Justizministerin Pam Bondi warnte auf X, wer Sicherheitskräfte behindere oder angreife, müsse mit Strafverfolgung rechnen. Auch FBI-Direktor Kash Patel drohte mit einem Einsatz seiner Agenten.

Zusammenfassung
  • Auf Anordnung von US-Präsident Donald Trump und gegen den Willen der örtlichen Behörden sind am Sonntag mehrere hundert Nationalgardisten in der US-Westküstenmetropole Los Angeles eingetroffen.
  • Nach Angaben des US-Militärs wurden 300 Soldaten an drei Einsatzorte im Großraum Los Angeles geschickt, um Bundeseigentum und Personal zu schützen.
  • Zuvor hatte es in der Stadt nach Razzien der Bundesbehörden gegen Migranten gewaltsame Proteste gegeben.